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»Falls Sie ausgewählt werden, wird man von Ihnen höchste Geheimhaltung verlangen. Sie werden niemandem sagen können, was Sie tun, außerdem wird Ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.«

»Für wie lange?«

»Es könnte für mehrere Monate sein. Immer noch interessiert?«

»Sie sagen, dass es wichtig ist?«

»Es ist lebenswichtig.«

»Dann bin ich interessiert.«

Hardesty nickte. »Packen Sie Ihre Sachen und halten Sie sich für den Mittagsshuttle bereit. Sie sollen sich morgen um acht Uhr Ortszeit in Raum 1012 in unserem Denver Hauptquartier melden. Dort erhalten Sie weitere Anweisungen. Noch irgendwelche Fragen?«

»Nein, Sir.«

Hardesty erhob sich und hielt ihr seine Hand hin. »Viel Glück. Wir verlassen uns auf Sie.«

Halver Smith eilte durch den heftigen Wind zum Hauptgebäude dessen, was einmal eine pädagogische Hochschule in New Mexico gewesen war. Überall lag Schnee, außer auf den Gehwegen zwischen den Gebäuden. Im Beton verlegte Leitungen ließen den Schnee auf den Wegen schmelzen. Hinter den roten Ziegelhäusern mit ihren grünen Kupferdächern lag ein scharfzackiger Gebirgszug.

Die ehemalige Hochschule war vor fünf Jahren in Smiths Besitz übergegangen, und als Constance Forbin die Notwendigkeit erläutert hatte, die neue Arbeitsgruppe an einem sicheren Ort unterzubringen, hatte er den Campus angeboten. Eine kleine Armee von Handwerkern war zwei Wochen mit den nötigen Umbauten beschäftigt gewesen. Die Renovierung der Schlafsäle war immer noch im Gange.

Obwohl er seine Anzugheizung auf volle Leistung gestellt hatte, zitterte Smith, als er das Verwaltungsgebäude erreicht hatte. Nachdem er von einer Wache identifiziert worden war, durfte er zum zweiten Stock hinaufsteigen. Die Sekretärin des Projektleiters informierte ihn, dass Direktor Warren jemanden in seinem Büro habe, dass er jedoch in ein paar Minuten zur Verfügung stünde. Smith verbrachte die Zeit damit, sich an einem altmodischen Radiator aufzuwärmen.

Als die Tür zum Büro des Direktors aufging, trat eine hübsche junge Frau heraus. Smith fiel sie deshalb auf, weil ihr Haar so dunkel war, dass es bläulich schimmerte. Sie machte ein Gesicht, das Smith wiedererkannte. Es war der benommene Gesichtsausdruck von jemandem, der soeben die Wahrheit über den Kometen erfahren hatte.

»Frisch angeheuert?«, fragte er.

»Wie bitte?«

»Ich meinte, ob Sie neu hier sind.«

Sie nickte. »Gerade von der Newton Station heruntergekommen.«

»Und Direktor Warren hat Ihnen eben gesagt, worum es geht.«

Sie nickte erneut.

»Meiner Erfahrung nach dauert es eine Woche, bis man seine Fassung wiedergewonnen hat.«

»Ich werde daran denken.«

Smith sah ihr nach. Er beneidete sie keineswegs. Sie hatte die Einweisungen noch vor sich. Die meisten brauchten ein paar steife Drinks, wenn die Einweisung beendet war.

»Hallo, Clarence«, sagte er beim Eintreten in das Büro des Direktors. »Wie ich sehe, haben Sie mal wieder Glückseligkeit verbreitet.«

Clarence Warren war ein vierzig Jahre alter ehemaliger Professor, der sich in seinem neuen Büro richtig zu Hause zu fühlen schien. Wegen seines Übergewichts neigte er zu einem watschelnden Gang.

»Guten Abend, Halver. Ja, ich versuche immer, die neuen Rekruten mit der Lage persönlich vertraut zu machen. Ich finde, ihre Reaktionen sagen etwas über ihre Persönlichkeit aus. Was kann ich für Sie tun?«

»Wie ich höre, sind die ersten Bilder eingetroffen. Ich dachte, ich komme mal vorbei und schau sie mir an.«

»Warum, um Gottes willen? Morbide Neugier?«

»Asteroiden zu bewegen ist mein Job, erinnern Sie sich?«

»Richtig«, antwortete Warren. »Ich vergesse manchmal, dass Sie diesen ganzen Zweig überhaupt erst in Gang gebracht haben. Die kartografischen Aufnahmen müssen irgendwo hier herumliegen.«

Warren griff in seinen Schreibtisch und zog einen Stoß ausführlich erläuterter Fotografien hervor, wie sie bei Astronomen üblich sind. Die Hologramme waren vergrößert worden, damit Einzelheiten und Erhebungen zu erkennen waren. Sie anzusehen war, als schaute man auf eine iniaturausgabe von Luna hinab.

Das erste Foto zeigte den Kern in vollem Sonnenlicht. Die vorherrschende Farbe war das Graubraun von Luna, abgesehen von den Stellen, wo frische Krater durch die äonenlangen Ablagerungen von kosmischem Staub gebrochen waren. Das bemerkenswerteste Gebilde war ein riesiger Krater, der sich über beinahe ein Viertel des Umfangs des Eisasteroiden erstreckte. Der Krater war von einer Reihe von konzentrischen Ringwällen umgeben und wies im Zentrum eine Erhöhung auf, die während der Jahrhunderte in sich zusammengefallen war; nur ein kleiner Hügel war übriggeblieben.

Vom Krater strahlten mehrere dunkle Ringe aus, die zweifellos physikalische Verwerfungen waren – gewaltige Risse, die von der Kollision herrührten, bei der sich der Krater gebildet hatte.

Der Krater im Zentrum war nicht der einzige dieser Art. Wie bei den meisten atmosphärelosen Himmelskörpern des Sonnensystems war die Oberfläche von miteinander überlappenden Kratern bis an die Grenze der Bildauflösung zernarbt. Auch rätselhafte dunkle, längliche Muster waren zu sehen, den vom Zentralkrater ausgehenden Rissen ähnlich, aber doch anders als sie. Als er das Foto aus der Nähe betrachtete, entdeckte Smith so etwas wie Schatten.

»Die sehen wie Gebirgszüge aus«, sagte er, indem er Warren auf die Gebilde hinwies.

»Das«, antwortete der Projektleiter, »sind Felsformationen. Wie wir erwartet haben, ist der ganze Kern eine Mischung aus Eis und Gestein im Verhältnis fünfundsiebzig zu fünfundzwanzig. Irgendein Mechanismus hat an zwei Stellen zur Ausbildung von Felsgraten geführt. Wie Sie schon sagten, eine Art Gebirge.«

Smith starrte weiter auf das Objekt, das in letzter Zeit eine solche Bedeutung in seinem Leben angenommen hatte. Andere Aufnahmen zeigten weitere Aspekte, einschließlich der dem großen Aufschlagkrater gegenüberliegenden Seite. Weitere Rissmuster bewiesen, dass die Kollision, die den Eisasteroiden in der Oort-Wolke aus seiner Bahn geworfen hatte, ihn beinahe auseinandergerissen hatte. Das ganze Innere schien nur aus Verwerfungen zu bestehen.

»Kann ich hiervon einen Satz haben, Clarence?«

»Wenn Sie dafür unterschreiben«, antwortete der Direktor. »Schon eine Idee, wie wir eine so große Masse aus dem Weg schaffen sollen?«

»Noch nicht«, sagte Smith. »Vielleicht fällt mir etwas ein, wenn ich die Fotos eine Weile studiert habe.«

»Irgendeinen Vorschlag, wo wir sie landen lassen sollen?«

»Aber klar«, sagte er. »Der Krater ist der logische Ort dafür.«

»Weshalb?«

»Ganz leicht. Er ist der Schlüssel zu der Struktur des Kerns. Wenn wir das Schloß öffnen wollen, dann müssen wir genau an dieser Stelle ansetzen.«

22

BERICHT NR. 165B

PHYSIKALISCHE PARAMETER DES KERNS

DES KOMETEN HASTINGS

… der Kern hat einen Äquatorialdurchmesser von 496 km und einen Poldurchmesser von 475 km, die Rotationsdauer beträgt 16 Stunden, 49 Minuten und 7 Sekunden. Seine Masse wurde auf 6,0212 x 1016 Tonnen berechnet. Die Oberflähengravitation beträgt zwischen 0,662 % g am Pol und 0,605 % g am Äquator.

Die hervorstechendste geologische Struktur ist das große Aufschlagbecken, genannt Ground-Zero-Krater (GZK). (Siehe Bericht Nr. 122D, ›Topografische Eigennamen auf dem Kern des Kometen Hastings‹.) Die innere Ringwand von GZK misst 125 km im Durchmesser und erhebt sich 0,7 km über das Niveau des Kraterbodens. Diese iedergefrorene Ebene ist typisch für die Kraterbildung auf überwiegend aus Eis bestehenden Himmelskörpern. Wie im Falle der Eismonde des Jupiter und des Saturn, weist der Boden von GZK eine scheinbare Ringstruktur auf, welche die verschiedenen Erstarrungsperioden im Oberflächeneis kennzeichnet. Hinter der Wand von GZK befinden sich wahrscheinlich eine Reihe von konzentrischen, an Risse erinnernde Verwerfungen, die auf den bei niedrigem Sonnenstand aufgenommenen Fotos als scharfrandige Schatten erscheinen. Spektrografische Analysen der aus diesen Brüchen austretenden Gase deuten darauf hin, dass im Kerninneren tatsächlich ein Erwärmungsprozess vonstatten geht. (Siehe Bericht Nr. 97A, ›Interne Erwärmung des Kerns aufgrund von Gezeitenspannungen während des Vorbeiflugs an Jupiter‹.)