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Am Rand des tiefen Einschnitts befanden sich mehrere Befestigungshaken. Von zwei von ihnen gingen hellfarbene Sicherheitsleinen aus, die in die Spalte hinunterführten. Er trat an die Kante und neigte seine Anzuglampe zu den Leinen hinunter. Dort, an der Sichtgrenze, verschwanden die icherheitsleinen in etwas, das eine Schneemasse zu sein schien.

»O mein Gott!«

»Was ist los?«, fragte Schmidt.

»Sie sind von einer Lawine verschüttet worden. Die Leinen verschwinden in einem Haufen aus losem Eis.«

»Nur nicht verzagen«, antwortete Schmidt. »Ich komme aus einem Lawinenland auf der Erde. Es kommt vor, dass dort Menschen stundenlang verschüttet sind und dennoch überleben. Bei dieser Schwerkraft dürften sie kaum verletzt worden sein, es sei denn, ein dicker Brocken wäre auf sie gefallen. Sie werden schon in Ordnung sein, wenn wir sie ausgraben können, bevor ihnen die Atemluft ausgeht.«

»Sie vergessen etwas«, sagte Thorpe. »Dieser Schnee hat eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt. Ihre Anzüge sind dafür nicht ausgerüstet. Wenn wir sie nicht bald erreichen, werden sie erfrieren!«

Barbara Martinez lag angeschnallt auf der Andruckliege des Boden-Orbit-Shuttle und starrte durch die Sichtluke in den grenzenlosen Raum. Sie hatte nicht damit gerechnet, so bald schon einen schwarzen Tageshimmel zu Gesicht zu bekommen. Doch kaum einen Monat, nachdem sie die Newton-Station verlassen hatte, befand sie sich wieder im Raum, ohne überhaupt die Gelegenheit gehabt zu haben, von den Fleischtöpfen der Erde zu kosten. Sie spähte an der Tragfläche vorbei zur Erde hinüber und tröstete sich mit dem Wissen, dass ihre Situation nicht von Dauer sein würde.

Das Projekt Donnerschlag, wie die Arbeitsgruppe in New Mexico inzwischen genannt wurde, brauchte jemanden, der die Offiziere einwies, die die Großtransporter zum Kometen fliegen würden. Eine kurze Überprüfung der Liste hatte ergeben, dass Barbara über mehr Raumerfahrung verfügte als jeder andere im Team.

»Sie haben mir nicht einmal Zeit zum Packen gelassen«, murmelte sie, während sie nach den Schiffen suchte, die ihr Ziel waren.

Gwilliam Potters Idee zur Modifizierung der Flugbahn von Donnerschlag war zur offiziellen Politik geworden. Sie war angenommen worden, nachdem sie eine Woche lang von den am Projekt beteiligten Wissenschaftlern diskutiert worden war. Nach ihrer Absegnung hatte Direktor Warren die Idee wegen ihrer Einfachheit bejubelt. Selbst diejenigen, die bezweifelten, dass man ein ausreichend großes Stück des Kerns würde absprengen können, gaben zu, dass der Vorschlag theoretisch fundiert war. Die Potter unterstützten, verwiesen auf das ausgedehnte Netz von Störungen unterhalb des Ground-Zero-Kraters, um ihren Bedenken zu begegnen.

Dass die innere Struktur von Donnerschlag erschüttert worden war, war für jedermann offensichtlich. Risse und Spalten umgaben den Krater bis in eine Entfernung von siebzig Kilometern. Seismische Messungen hatten bestätigt, dass die Risse Folge eines tiefliegenden Störungssystems waren. Wenn es gelang, eine hinlänglich starke Explosionskraft richtig einzusetzen, könnte die Menschheit sehr wohl den Spaltungsprozess beenden, den ein namenloser Asteroid vor einer Million Jahrtausenden begonnen hatte.

Für die Sprengung würden sie Antimateriebomben verwenden, die am Grund tiefer Bohrlöcher platziert waren. Die ›Bomben‹ waren im Grunde einfache Antimateriebehälter, an denen kleine chemische Sprengladungen befestigt wurden. Wenn die Sprengladungen gezündet wurden, würde das Magnetfeld jedes einzelnen Behälters zusammenbrechen und ein ganzes Kilogramm von Antimaterie in das umliegende Eis freisetzen. Die daraus resultierende Energie würde in das Störungssystem abgeleitet werden und hoffentlich unter mehreren Quadratkilometern der Asteroidenoberfläche eine gewaltige Dampfexplosion freisetzen, die ihn wie eine reife Melone aufplatzen lassen und den Ground-Zero-Krater samt Umgebung in den Raum schleudern würde.

»Wir nähern uns Goliath an Ihrer Fensterseite, Miss Martinez«, gab der Shuttlepilot über InterKom bekannt.

»Danke, Captain«, antwortete Barbara. Sie drückte sich hinunter, um ihre Wange gegen die kühle Sichtluke zu pressen. Und dort, in geringer Höhe über dem Planeten, erblickte sie eine Dreieckskonstellation aus blinkenden Lichtern, den Leuchtfeuern der Schiffe, die Menschen und Material zum Kometen transportieren würden.

Goliath, Gargantua und Godzilla waren zu der Zeit, als Luna City noch keinen Massebeschleuniger besaß, für die Beförderung von Schüttgut zwischen Luna und den Raumstationen gebaut worden. Seitdem der Massebeschleuniger sie überflüssig gemacht hatte, hatte man sie zusammen mit ihren fünf Schwesterschiffen im Raum eingelagert, wo sie dreißig Jahre lang geblieben waren, bis das Unternehmen Donnerschlag sie übernommen hatte. Während der letzten beiden Monate waren fünfhundert erfahrene Arbeiter rund um die Uhr damit beschäftigt gewesen, sie für die bevorstehende Mission umzubauen. Die alten chemischen Triebwerke waren herausgerissen und die neuesten antimateriebetriebenen Konverter installiert worden. Innerhalb der schützenden Magnetfelder arbeiteten die Antimateriekammern bei nahezu einer Million Grad Hitze. Wo die Admiral Farragut sechs Monate gebraucht hatte, um Jupiter zu erreichen, konnten Goliath und seine Schwestern die gleiche Strecke in nur zwölf Wochen zurücklegen.

Der Tragflächenshuttle zündete seine Steuerdüsen, als es sich Goliath weiter genähert hatte. Der Schwertransporter war eine riesige Kugel von hundertfünfzig Metern Durchmesser. Das meiste davon beanspruchten, wie Barbara wusste, Tanks für Treibstoff und Verbrauchsgüter. Ein Großteil der schweren Ladung sollte außerhalb, an tragfähigen Stellen überall am Rumpf festgeschweißt, mitgeführt werden. Beim Näherkommen entdeckte Barbara an der Hülle von Goliath alles Mögliche, von mittelgroßen Kettenfahrzeugen bis zu großen Laser-Bohrvorrichtungen. Diese Anordnung gab dem Schiff ein schlampiges Aussehen und warf möglicherweise die Schwerpunktsberechnungen des Kapitäns über den Haufen, würde jedoch das Entladen auf dem Kometen erleichtern.

Zwei kurze Stöße der Manövrierdüsen, und der Shuttle hatte seine Geschwindigkeit der des Transporters angepasst. Fünf Minuten später schlängelte sich ein flexibler Transferschlauch auf die Mittschiffsschleuse des Shuttles zu. Barbara sammelte ihre Notizen ein und machte sich auf den Weg nach hinten. Ein Besatzungsmitglied half ihr durch die Schleuse und in den Schlauch. Als sie das größere Schiff betrat, fand sie einen Vierstreifenoffizier wartend vor.

»Willkommen an Bord der Goliath, Miss Martinez. Schön, dass Sie kommen konnten. Ich bin Captain Palanquin.«

»Guten Morgen, Captain. Schon alles vollzählig?«

Palanquin nickte. »In der Messe. Wenn Sie mir bitte folgen wollen, dann können wir mit der Einsatzbesprechung gleich anfangen.«

Barbara folgte dem Kapitän durch einen der peripheren Hauptkorridore. Überall waren Werftarbeiter, die in Barbaras Augen in einem vollkommenen Chaos arbeiteten. Das Schiff machte einen unfertigen Eindruck. Auf den Luken und den Decks waren Schweißnähte zu sehen, und Farbgeruch hing in der Luft. In die Abteilung des Schiffes, durch die sie geführt wurde, wurden gerade die Kabinen für die Bedienungsmannschaften der Schwergeräte eingebaut. Die Kojen waren zu vieren übereinandergestapelt.

»Wie viele Leute werden Sie zum Kometen mitnehmen, Captain?«, fragte sie, sich plötzlich der Größe ihrer Aufgabe bewusst werdend.

»Ungefähr tausend«, sagte er. »Goliath wird das Wohnschiff sein, während Gargantua und Godzilla für den Transport der Schwerausrüstung und der Vorräte eingesetzt werden.«