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»Du meinst, bevor du die Republik in deinen Plan, sie zu zerstören, einweihen würdest, ist es nicht so?«

Er nickte. »Da ist etwas Wahres daran. Ich hatte gehofft, wir könnten die Fakten erhärten, bevor es zu dem unvermeidlichen interplanetarischen Zerwürfnis kommt. Das ist jetzt natürlich nicht mehr möglich.«

»Du willst damit doch wohl nicht sagen, dass Malvan und ich nicht hätten weitergeben sollen, was wir wussten!«

»Nein, das will ich überhaupt nicht sagen. Eure Regierung hat ein Recht darauf, Bescheid zu wissen. Ich hoffe bloß, dass wir nicht grundlos schlafende Hunde geweckt haben. Was ist, wenn sich mein Plan als nicht durchführbar erweist?«

»Das wird er nicht«, erwiderte Amber. »Ich habe die vergangenen drei Tage damit zugebracht, deine Zahlen zu überprüfen. Du hast hundertprozentig Recht. Wenn Donnerschlag dazu gebracht werden kann, mit Avalon zu kollidieren, vermindert sich sein Gesamtimpuls um 2,5 Tausendstel Prozent. Dadurch wird das Eintreffen des Kerns um 173 Sekunden hinausgeschoben, mehr als genug Zeit für Luna, sich in die Flugbahn des Kometen zu bewegen. Meine Berechnungen haben ergeben, dass der Aufprall nahe dem Korolew-Krater stattfinden wird, etwa sechshundert Kilometer östlich des Farside-Observatoriums.«

»Das hast du also die ganze Zeit über gemacht? Meine Rechnerei überprüft?«

»Ja, und außerdem versucht, eine andere Lösung zu finden. Damit bin ich kläglich gescheitert, Thomas. Alles, was ich versuche, erfordert mehr Energie, mehr Zeit oder mehr Mittel, als uns zur Verfügung stehen. Es ist komisch. In Diskussionen mit Kollegen habe ich oft von den unveränderlichen, allgemeingültigen Gesetzen der Physik gesprochen. Ich glaube, ich habe erst jetzt wirklich verstanden, was das bedeutet.«

»Dann stimmst du also darin mit mir überein, dass es notwendig ist, Donnerschlag auf Luna zu lenken, um die Erde zu retten?« Im Halbdunkel konnte Thorpe erkennen, dass Amber die dicken, runden Tränen im Gesicht standen, wie sie sich in der Schwerelosigkeit bildeten.

Sie sah ihn mit traurigen Augen an, die keine weiteren Tränen mehr produzieren konnten. »Ich stimme dir zu, Thomas. Ich stimme dir vom intellektuellen, professionellen, nüchtern analysierenden Standpunkt aus zu. Warum sträubt sich dann alles in mir gegen diesen Gedanken? Warum muss meine Welt sterben, damit deine gerettet wird?«

»Mach dir einmal klar, was du da gesagt hast, mein Liebes.«

Sie seufzte. »Ich weiß. Es läuft auf was anderes hinaus. Die Erde ist die Heimat der Menschheit. Sie muss gerettet werden, was immer es auch kostet. Die Zerstörung einer kleinen Nebenwelt wie Luna ist ein geringer Preis dafür. Das sind die Fakten, Thomas, nur ändert das nichts an meinen Gefühlen

»Mir ist auch nicht besonders wohl dabei. Ich kann bloß nicht erkennen, dass wir eine Wahl hätten. Zeig mir die Alternative, und ich will verdammt sein, wenn ich sie nicht ergreife!«

Sie beugte sich vor und küsste ihn flüchtig auf die Lippen. »Mein armer Schatz. Du fühlst dich schuldig, nicht wahr?«

»Würde das nicht jeder tun?«

»Ich glaub schon«, sagte sie. »Ich glaube, wir beide brauchen Zeit, um das alles zu verdauen. Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich mich eine Weile wieder in meine eigene Kabine zurückziehen.«

»Wenn du das unbedingt willst.«

»Ich will es nicht, aber es wäre besser für uns beide.«

»Und unsere Hochzeit?«

»Das ist im Moment wohl kaum wichtig, oder?«

»Für mich ist es wichtig.«

»Es wäre nicht fair, zu heiraten, solange ich in dieser Stimmung bin. Lass mir Zeit, mein Gleichgewicht wiederzufinden. Bitte.«

»Ich glaube, mir bleibt da gar keine andere Wahl, oder?« Er schnallte sich vom Sitz los und stieß sich nach der Luke ab. Dann wandte er sich nach ihr um. Trotz ihrer Erschöpfung und des in der Kabine herrschenden Halbdunkels war sie immer noch die hübscheste Frau, die er je gesehen hatte. »Ich werde dir Zeit lassen. Die ganze Zeit, bis wir die Erde erreicht haben, wenn es sein muss. Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da.«

»Danke«, sagte sie einfach.

Thorpe blickte zu dem blauweißen Planeten auf, der die Heimat von acht Milliarden unschuldiger Menschen war. Hinter ihr stand die silbergraue Kugel, auf deren Oberfläche weitere zehn Millionen Unschuldiger lebten.

»Ich wünschte, ich hätte nie von diesem gottverdammten Kometen gehört!«, brach es aus ihm heraus. Er schlug die Luke hinter sich zu.

Roland Jennings, dem Generalkonsul der Republik Luna in San Francisco, fiel es zu, die Antwort der Republik auf das zu überbringen, was die ›Avalon-Option‹ genannt wurde. Jennings Berater, Austin Branniger, begleitete ihn nach Den Haag zu dem Treffen mit Constance Forbin. Die beiden Männer wurden fünf Tage, nachdem Luna vom Plan erfahren hatte, Donnerschlag auf den Mond umzulenken, gegen Mitternacht in das Büro der Chefkoordinatorin gebeten.

»Konsul Jennings, Bürger Branniger«, sagte die Koordinatorin zur Begrüßung. »Es ist mir eine Ehre, zwei so bemerkenswerte Repräsentanten der Republik bei mir zu empfangen, selbst zu dieser späten Stunde. Bitte nehmen Sie Platz.«

»Wir möchten Ihnen für die Liebenswürdigkeit danken, dass Sie uns empfangen. Sie wissen natürlich, warum wir hier sind.« Trotz seines selbstbewussten Auftretens war Jennings so nervös wie ein Dritter Untersekretär für Protokollfragen bei seinem ersten Staatsempfang. Er war sich des gewaltigen Einsatzes bewusst, der auf dem Spiel stand.

»Ihr Premierminister hat in seiner Botschaft den Stand der Diskussion bereits kurz umrissen.«

»Ist es wahr? Planen Sie wirklich, den Kometen auf Farside zu lenken?«

Constance breitete ihre Hände in einer umfassenden Geste der Hilflosigkeit aus. »Was erwarten Sie denn von mir, Bürger Konsul? Sollte ich lügen und Ihnen erzählen, dass wir nicht jede denkbare Methode in Betracht ziehen, um diese Welt zu retten?«

»Ich möchte, dass Sie mir eine einfache, ehrliche Antwort geben.«

»Also gut. Ja, wir verfolgen die Avalon-Option. Wir haben eine Arbeitsgruppe auf Newton eingerichtet, wo sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren kann. Bislang haben sie noch keine Mängel im Plan entdeckt.«

»Haben Sie irgendwelche konkreten Schritte unternommen, um die Option tatsächlich voranzutreiben?«, fragte Austin Branniger.

»Bis jetzt noch nicht.«

»Was ist an den Gerüchten daran, dass Sie zwei der Großtransporter nach Avalon geschickt haben?«

»Bislang nichts weiter als Gerüchte, Bürger Jennings. Wir werden keine Schiffe verlegen, solange wir nicht sicher sind, dass diese Option die einzig durchführbare ist. Wir werden Ihre Regierung selbstverständlich informieren, falls wir zu diesem Schluss gelangen sollten.«

»Sollen wir dann zum Wohle der Erde sterben?«

»Für wie barbarisch halten Sie uns eigentlich? Wir werden Luna vor dem Eintreffen des Kometen natürlich evakuieren. Das ist einer der Punkte, mit denen sich die Arbeitsgruppe befasst.«

»Und wenn wir uns nicht evakuieren lassen wollen?«

»Hat Luna einen besseren Vorschlag, wie wir Donnerschlag aufhalten können?«

»Unsere Wissenschaftler arbeiten daran«, erwiderte Jennings.

»Sie arbeiten bereits seit sechs Monaten daran«, erinnerte ihn Constance. »Wir brauchen sofort eine Idee! Mit acht Kilo Antimaterie kommt man nicht besonders weit, wissen Sie.«

»Luna ist bereit, Ihnen weitere vier Kilogramm anzubieten.«

»So?«, fragte Constance Forbin, während sich ihre Augenbrauen vor Überraschung hoben. »Ich glaube, wir haben Ihre Regierung erst letzten Monat gebeten, für den allgemeinen Pool Antimaterie beizusteuern. Sie hatte keine übrig. Sind Ihre Produktionsanlagen so leistungsfähig, dass sie vier Kilo in nur einem Monat produzieren können?«