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Eine Feuerkugel zuckte über den Himmel, in der die Maschine der Grünen, die ich vor Kurzem noch nicht einmal gekannt hatte, zu Staub zerfiel. Doch auch mich traf ein weiterer Schlag, meine Delta vibrierte und begann abzusacken.

»Da hast du!«

Die Vielfalt der Waffen in der Delta war bemerkenswert. Ich spürte, wie aus den Flügeln Raketen losjagten – die ich als einen Teil von mir selbst wahrnahm, als einen zielstrebigen, gierigen, bissigen Teil. Eine Explosion. Die erste Rakete hatte ich voreilig abgeschossen, die Maschine der Grünen zitterte nur. Die zweite erwischte den Feind jedoch am Schwanz. Anscheinend geriet der Grüne in Panik. Aus dem Bauch der Maschine ergoss sich Matsch: Der Pilot warf seine Fracht ab. Die Maschine stieg weiter auf – und geriet unter den Beschuss von Schnee, wurde vom Dolch der reinen weißen Flamme aufgespießt. Eine fette schwarze Wolke war alles, was von ihr blieb.

»Denen haben wir’s gegeben, Pjotr! Und einer geht auf dein Konto! Wie fühlst du dich?«

»Ich halte durch!«

Das war allerdings leichter gesagt als getan. Die Delta führte sich auf wie ein schwer verletztes Tier. Und ihr ganzer Schmerz, die Anstrengung, mit der sie sich in der Luft hielt, teilte sich auch mir mit.

»Schnee! Pjotr! Seid ihr jetzt fertig?« Galis’ Stimme klang eiskalt.

»Es ist alles in Ordnung, Hauptmann«, antwortete Schnee rasch. »Die Grünen hatten die Grenze überflogen. Aber die Grenzverletzer sind vernichtet.«

»Der Satellit liefert mir ein etwas anderes Bild.«

»Sie sollten sich den Kampf längst mal aus einer Delta ansehen, Hauptmann«, konterte Schnee.

Es folgte eine Pause.

»Schlauberger. Kannst du aus deiner Delta denn sehen, was unter euch ist?«

Ich spähte ebenfalls nach unten. Das war nicht ganz einfach, das Blickfeld war eng und klein.

Es wimmelte nur so von fremden Maschinen. Wo kamen die denn auf einmal alle her? Aus dem Wasser? Zwei Dutzend in die Luft hochschießender Pfeile, die nicht durch Fracht beschwert waren, sondern rasch und zielsicher auf uns zukamen.

»Die haben auf uns gewartet«, presste Schnee heraus.

»Natürlich«, bestätigte Galis. »Schließlich haben bei einigen Piloten die Navigationssysteme einfach schon zu oft versagt! Macht, dass ihr da wegkommt! Und zwar fix!«

»Hauptmann, wir brauchen Hilfe!«

»Die könnt ihr euch abschminken! Ihr seid hundert Kilometer tief in fremdes Gebiet vorgedrungen! Kehrt sofort um! Ich werde euch erst kurz vor der Stadt Hilfe schicken.«

»Galis.« Schnee klang überraschend kleinlaut. Diesmal verlangte er nichts – sondern bat. »Pjotr schafft das nicht. Seine Maschine hat’s erwischt, mir ist absolut schleierhaft, wie er überhaupt noch fliegen kann.«

»Wir sind hier im Krieg. Und ihr habt gegen die bestehenden Regeln verstoßen …«

»Der Krieg kennt keine Regeln«, mischte ich mich ein.

»Willst du, dass unsere Kinder bei lebendigem Leibe verbrennen?«, fragte Galis. »Macht, dass ihr da wegkommt! Kämpft euch frei und kehrt zurück!«

»Hauptmann …«

»Nein. Ihr kriegt keine schweren Waffen.«

Mit aller Kraft versuchte ich, die Delta hochzuziehen. Oder wenigstens, einen Zahn zuzulegen. Aber die Maschine hatte bereits keine Kraft mehr. Und von unten stieg in einem dichten Netz der Feind auf …

»Hau ab, Schnee!«, bat ich. »Du siehst ja selbst … Ich geb dir Deckung.«

Wie dumm! Wie unglaublich dumm von mir! Sich auf den Weg zu machen, um eine mächtige Hyperzivilisation um Hilfe zu bitten, weil sie allein in der Lage ist, eine andere Hyper-Zivilisation aufzuhalten. Sich dann in einen belanglosen lokalen Konflikt zu verstricken. Und beim ersten Einsatz abzukratzen, bei dem Versuch, die einen Schwachköpfe gegen den anderen zu verteidigen.

»Schnee, hau ab …«

»Wie mich das alles ankotzt!«, seufzte er. Leise, sogar gelangweilt. »Du kannst mich mal am Arsch lecken, Galis! Das wollte ich dir schon längst mal sagen! Zerfleischt euch doch gegenseitig, solange ihr wollt! Ihr seid auch nicht besser als diese Grünen!«

»Bist du jetzt fertig?«

»Gleich werde ich fertig sein«, erwiderte Schnee mit alberner Fröhlichkeit. »He, Pjotr, leb wohl! Du bist ein anständiger Kerl … wir sehen uns in einer anderen Welt wieder …«

»Das verbiete ich dir!«, schrie Galis. »Schnee, du kennst die Regeln …«

»Geh doch zum …«

Der Wunsch war kurz, aber umfassend. Im nächsten Moment tauchte Schnees Delta unter meiner beschädigten Maschine hinweg, wackelte mit den Flügeln, hielt inne …

Die Welt erschauderte.

Ein leiser Engel erbarmte sich …

Die Geräusche erstarben, die Farben verblassten.

Unter Schnees Delta strömte ein gespenstisches Licht hervor, das den jauchigen Sumpf und die aufsteigenden Grünen überzog. Die gierigen Silhouetten der gegnerischen Maschinen wurden trüb, schrumpften in sich zusammen und verwandelten sich in diffuse Schatten.

»Wie gefällt euch die Flachheit?«, fragte Schnee überdeutlich.

Was es damit auf sich hatte, wusste ich nicht. In keinem der Lehrfilme über das Konklave war uns etwas gezeigt worden, das dieser Waffe auch nur ansatzweise gleichkam.

Mit einem Mal schwebten nur noch flache zweidimensionale Silhouetten in der Luft, die sogleich schmolzen. Der Sumpf sackte im Nu ab, klares Wasser brodelte an den Stellen hoch, an denen gerade eben noch Würmer gekrochen waren und sich Schlamm erstreckt hatte. Unter uns breitete sich ein riesiger, bis zum Horizont reichender Kreis sauberen Wassers aus.

Was hatte Schnee getan? Hatte er aus der uns umgebenden Welt eine Dimension herausgerissen?

»Ich habe dich gewarnt«, sagte Galis.

Schnees Delta seufzte schwer – und ging in einer Feuerkugel auf.

»Hauptmann! Hauptmann Galis!«, schrie ich. »Schnees Maschine … Hauptmann …«

»Ich habe die Maschine zerstört. Pjotr, komm sofort zum Stützpunkt zurück. Solltest du den Befehl verweigern, wäre ich gezwungen, auch dich zu vernichten.«

Ich keuchte. Der gepeinigte Stahlkörper jammerte.

»Du kannst mich mal am …« Daraufhin machte ich Galis mit der russischen Variante dieser Tätigkeit bekannt. Ich riss die Delta nach unten, auf die abstürzenden Teile zu.

Nein.

Nichts.

Diesmal hatte es Schnee vom Planeten der Regenbogen-Brücken nicht ans Ufer geschafft.

Galis schwieg. Mir war klar, dass ich Schnees Schicksal schon im nächsten Moment teilen konnte – und trotzdem sauste ich immer weiter aufs Wasser zu. Auf das saubere, kristallklare Wasser, in dem strudelnd zweidimensionale Schatten zu Boden sanken.

Es ruckte einmal – und die Delta gab mich frei. Das Cockpit öffnete sich, ich kletterte aus dem Sitz, hielt in der Bewegung inne und sog die kalte Meeresluft ein. Die Verkleidung der Maschine war außen heiß und völlig aufgekratzt, als sei sie abgeschmirgelt worden. Es roch nach Salz. Es roch nach einer sauberen, sterilen und gemütlichen Welt.

»Du Schwein!«, schrie ich. »Galis, du Schwein! Dein Planet ist ein Scheißhaus! Von mir aus könnt ihr in Scheiße untergehen!«

Durch die Dunkelheit segelten die Fetzen von Schnees Delta, fielen in die Tiefe. Von den Grünen war keine Spur zu sehen.

»Er war der einzige Normale hier, denn er ist nicht von eurer beschissenen Welt!«

Es gab niemanden, der mein Toben hätte hören können. Oder der meine Tränen hätte sehen können. Meine Delta hing direkt über dem Wasser und zitterte kraftlos.

»Ihr Dreckskerle!«, flüsterte ich.

Aber warum? Warum konnte ich nicht tun, was Schnee getan hatte? Diese ganze Welt verbrennen, mit der Flachheit überziehen, sie zerstören?

Und warum gab es keinen Ort, an den ich zurückkehren konnte – außer dem Stützpunkt?