Выбрать главу

Dari huschte nun auch ins Esszimmer. Er sah mich verlegen an und schlich zu seiner Mutter. »Guten Morgen«, murmelte er und schmiegte sich gegen Rada.

Ich schwieg.

Ich war nicht in der Lage, etwas zu sagen.

Meine ganze Raffinesse, meine ganze Tarnung – ich hätte sie mir getrost sparen können!

Und die beiden zeigten sich nicht einmal besonders neugierig!

»Wir müssen unter vier Augen miteinander sprechen, Pjotr.« Kelos nickte Rada zu: »Dann wird es leichter für ihn sein.«

»Ja, natürlich.« Rada, die mir so jung vorkam, sah mich mit den Augen einer alten und weisen Frau an. Zerstreut hielt sie ihren Sohn im Arm. »Vertrau Kelos, Pjotr. Wenn du Hilfe brauchst, wird er alles tun, was möglich ist.«

In ihrem Blick lag Schmerz.

»Warum?«, fragte ich, während ich mich erhob.

An ihrer Stelle antwortete Kelos: »Weil ich alte Schulden abzahle.«

Sieben

»So ist der Jump zu unserem Fluch geworden. Und zu unserer Rettung …«

Aus unerfindlichen Gründen hatte ich ihm zunächst vom Jumper erzählt. Am Anfang hatte eine Gruppe armer Wissenschaftler gestanden. Sie wollten eine abstrakte mathematische Formel in die Praxis umsetzen – und das war dabei herausgekommen.

Kelos’ Zimmer lag im zweiten Stock, direkt unterm Dach. Das Dach allerdings fehlte im Moment, war eingezogen, so dass die Sonne hereinschien. Kelos saß am Tisch, drehte einen groben Metallarmreifen in den Händen und hörte mir schweigend zu. Ich sah ihm ebenfalls nicht in die Augen.

»Die Starken Rassen haben uns die Rolle von Fuhrleuten zugewiesen. Wir haben immer geglaubt, das hinge mit unserer einzigartigen Fähigkeit zusammen, den Jump zu ertragen. Aber wie sich herausgestellt hat, bilden wir selbst auch einen Teil des Jumpers.,.«

»Die Koordinaten? Die Stabilität des Sprungs?«

»Ja.«

»Dann ist alles klar. Euer Bewusstsein steht in Wechselwirkung mit dem Schatten.«

»Wie?«

»Ihr habt die ursprüngliche Form bewahrt. Das ist die ganze Erklärung … Im Moment des Übergangs tretet ihr kurz mit den Toren in Kontakt … Erzähl erst mal weiter. Ich erklär dir nachher alles.« Kelos streifte sich den Armreif über und drehte die Hand hin und her, als müsse er entscheiden, ob ihm der Schmuck stünde oder nicht.

Ich schluckte meinen Speichel hinunter und fuhr fort: »Alles lief mehr oder weniger problemlos … soweit das eben möglich ist. Bis dann diese Rasse aufgetaucht ist … die Geometer. Andere Schwache Rassen sind auf sie aufmerksam geworden. Sie haben sich wohl gedacht, dass sich damit das Kräfteverhältnis verändert … und haben uns in dieses Abenteuer hineingezogen. Wir und die Geometer sind physisch nämlich identisch!«

»Verstehe. Dann sind die Geometer also geflohen?« Kelos grinste. »Das ist bemerkenswert. Sie müssen in der Tat einen stark ausgeprägten Selbsterhaltungsinstinkt besitzen. Nimm’s mir nicht übel, aber mir gefallen sie …«

»Mir nicht. Die Geometer dürften etwas genauso stark sein wie das Konklave! Inzwischen wissen die Starken Rassen über ihr Auftauchen Bescheid. Damit können wir nicht mehr zu einem Kompromiss gelangen. Die Erde wird als möglicher Verbündeter der Geometer vernichtet werden.«

»Bist du da sicher?«

»Ja. Das Konklave kennt kein Erbarmen. Es ist eine sehr alte … und sehr grausame Einrichtung.«

»Eine interessante Situation.« Kelos legte sein Spielzeug beiseite. »Was ist das übrigens für ein Wesen, das in deinem Körper lebt?«

»Ein Symbiont … ein Cualcua … das ist eine der Schwachen Rassen …«

Kampftransformation!

»Halt den Mund!«, brüllte ich. »Misch dich hier nicht ein!«

»Sag deinem Freund …« Kelos kniff die Augen zusammen. »Ach nein, er hört mich ja sowieso … Er braucht nicht in Panik zu verfallen! Und er soll keine Schlägerei anfangen.«

Er fuchtelte beiläufig mit der Hand, als wolle er etwas Unsichtbares verscheuchen. Ein weißes Licht hüllte seine Finger ein. Es verströmte Wärme.

»Ich habe für die Kristallene Allianz gekämpft«, rief Kelos meinem Symbionten in Erinnerung. »Wenn du glaubst, Cualcua, wir hätten noch nie Metamorphen des monopersonalen Typs getroffen …«

Auf seiner Handfläche rollte jetzt ein blendender kleiner Plasmaball hin und her.

»In mir steckt noch zu viel von einem alten Kämpfer, als dass du mich hinterrücks überfallen könntest … und dabei mit dem Leben davonkommen würdest.«

Die Feuerkugel riss sich von seiner Hand und stieg hoch in die Luft. Irgendwo über dem Haus platzte sie mit einem trockenen Knistern.

Wer betäubter und erschrockener war, hätte ich nicht zu sagen vermocht. Wahrscheinlich doch ich. Der überwiegende Teil des Cualcua befand sich nun einmal weit, weit weg von hier.

»Die Situation ist mir jetzt klar, Pjotr.« Kelos schien den Cualcua vergessen zu haben. »Eine traurige Situation. Habt ihr nicht versucht, euch mit den Geometern zusammenzutun? Wenn sie in der Lage wären, euch gegenüber dem Konklave zu helfen …«

»Nein!«

»Warum nicht?«

»Kelos, ihre Welt ist etwas Ungeheuerliches.«

»Sie ist immer noch besser als der Tod. Ich weiß ein wenig über ihre Zivilisation. Auf unserem Planeten lebt ein ehemaliger Regressor der Geometer. Ja, Pjotr, du hast ganz richtig gehört. Ich erinnere mich nicht an den Namen … ich habe das für keine wesentliche Information gehalten … Inka, genau! So hieß er! Inka.«

Der Name kam mir bekannt vor … Er stieg aus der Tiefe meines Gedächtnisses an die Oberfläche.

»Du hast noch nicht begriffen, warum sie geflohen sind? Glaubst du etwa, sie hätten sich mit irgendeiner Allianz, Union oder Föderation angelegt, hätten eins zwischen die Hörner gekriegt und in Panik den Kern verlassen? Pah! Dazu wäre es nur gekommen, wenn ihre Ideologie sich wirklich allgemein durchgesetzt hätte … Aber darauf haben sie es ja gar nicht angelegt, Pjotr. Sie sind allesamt Kinder, denen man irgendwann einmal Wärme vorenthalten hat. Einsame Wesen, die gewöhnt sind zu glauben, sie hätten Freunde. Unglückliche, sich ihrer selbst nicht sichere Individuen, die nur zu gern wiederholen: ›In der Einheit liegt die Kraft, wir sind alle eine große Familie.‹«

Kelos seufzte.

»Gut, ich will es dir erklären … kurz und der Reihe nach. Diese Informationen wirst du in den meisten Informationsnetzen nicht finden, sie sind normalerweise nicht allgemein zugänglich. Unsere Zivilisation ist sehr alt, Pjotr. Vielleicht ist es sogar tatsächlich die älteste in der Galaxis …«

»So wirkt sie aber gar nicht …«, flüsterte ich.

»Natürlich nicht. Was hast du denn erwartet vorzufinden? Planeten, die mit einer Kruste aus Stahlhöhlen überzogen sind? An jeder Ecke Weltraumhäfen? Ätherische Geschöpfe, die über die Harmonie der Sphären sinnieren? All das hatten wir schon. Wir haben es sogar noch … Und genauso hat alles angefangen, Pjotr. Die Ur-Erde hat Schiffe ausgeschickt, diese haben Kolonien geschaffen. Der humanoiden Rasse haben sich andere angeschlossen … du brauchst da nur an euer Konklave zu denken … Kriege wurden geführt. Man hat die Natur unterworfen. Es hat Aufstände gegeben. Unionen und Imperien. Also die ganze normale Spirale der Entwicklung. Zunächst haben Staaten um die Vorherrschaft gekämpft, später Planeten. Zunächst haben Städte gebrannt, später Sterne. Die goldenen Jahrhunderte zogen sich dahin, bis Perioden des Niedergangs einsetzten. Das klassische Schema, und alle wussten, dass man die Natur des Menschen nicht überwinden kann und es immer so bleiben wird, bis wir das Universum selbst ins Nichts verwandelt haben … Gibt es bei euch Unterhaltungsliteratur, die Dinge beschreibt, die noch nicht geschehen sind?«