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Der Himmel, der Wald, der Fluss …

»Ich habe gedacht, auf der Ur-Erde würden die fortschrittlichstem Bewohner des Schattens leben … Diejenigen, die bereits ihr menschliches Äußeres verloren haben. Kelos hat mir von einem Planeten erzählt, auf dem …«

»Sie haben hier ja auch gelebt. Vielleicht tun sie das sogar immer noch. Nur sind wir nicht imstande, sie noch zu bemerken.«

Ich erwiderte kein Wort. Ich beobachtete Mascha und Kelos, die im Garten standen, Wein tranken und sich unterhielten. Der Reptiloid saß zwischen ihnen, drehte den Kopf hin und her, erinnerte weder an ein intelligentes Lebewesen noch an einen Roboter, sondern an ein gutmütiges Haustier.

»Es gibt keinen Ort mehr, an den wir jetzt noch gehen könnten, Pit«, sagte mein Großvater. Er kam zu mir und legte mir den Arm um die Schultern. »Du hast dir alle Mühe gegeben, mein Junge. Du hast alles getan, was nötig war. Aber wir sind in einer Sackgasse gelandet. Der Weg endet hier. Du bist in die größte Spielbank im Universum gekommen. Die Karten sind ausgeteilt, und am Tisch gibt es nur noch zwei freie Plätze. Freiwilliges Sklaventum oder aufgezwungene Freiheit. Mehr nicht.«

Ich schwieg.

»Natürlich kannst du aus dem Spiel aussteigen, Petja. Du kannst bleiben, um im Casino zu arbeiten. Bedenke aber, dass das eine Niederlage bedeutet.«

Ich schwieg.

»Entscheide, Petja! Du hast das Recht, eine Entscheidung zu treffen. Du bist besser als ich, reiner und offener. Es ist an dir, diesen Schritt zu tun. Entscheide! Vielleicht wird die Handelsliga wirklich eine Alternative zum Schatten. Oder wir erfinden etwas anderes. Aber fürs Erste … fürs Erste kommt es nur darauf an zu überleben. Die Erde zu erhalten.«

»Wie kommen wir in den Schatten?«, fragte ich.

Mein Großvater seufzte. »Genau das ist die schwierigste Frage, Petja.«

Drei

Wie schön die Abende hier waren. Unter diesem Himmel, der bereits blutrot glühte und mit einem Spinnennetz aus Wolken überzogen war, unter diesem Himmel, den Sternenfunken sprenkelten. Hier sollte man das Leben in vollen Zügen genießen. Problemlos vermochte ich mir auf diesem Planeten meine Bekannten aus der georgischen Abteilung von Transaero oder unsere russischen Piloten vorzustellen, wie sie Schaschlik grillten, Bier und trockenen Wein tranken, Lieder zur Gitarre sangen und sich Witze erzählten, die nur in diesem kleinen Kreis verständlich waren.

Ein schöner Traum.

Seltsamerweise fügte sich der meist schweigende und durch nichts aus der Ruhe zu bringende Kelos leicht und umstandslos in unsere Gesellschaft ein. Jetzt saßen an dem Tisch im Garten auf der einen Seite mein Großvater, ich, Mascha, Karel und Kelos, uns gegenüber – in demonstrativer Einsamkeit – Krej Saklad, der Mitarbeiter der Liga.

»Ich schulde euch einige Erklärungen«, sagte Krej. Sein Blick wechselte zwischen Kelos und meinem Großvater hin und her, als wolle er klarstellen, wen er für die wichtigsten Ansprechpartner hielt. »Es hätten sich durchaus mehrere Menschen versammeln können, die die Führung verkörpern. Aber das wäre eine reine Formalität. So bin ich zwar allein, aber ich bitte darum, mir zu glauben, dass meine Entscheidungen als Gesamtentscheidungen der Handelsliga gelten.«

»Davon gehen wir aus«, versicherte mein Großvater. »Weiter im Text.«

Er saß mehr als lässig da, eine Hand um Mascha gelegt, in der anderen eine Pfeife, aus der Rauch aufstieg. Wem willst du eigentlich was vormachen, du junger Herr Großpapa? Ich lese doch in deinen Augen, wie nervös du bist!

»Die Handelsliga steht allen intelligenten Rassen wohlwollend gegenüber. Sowohl humanoiden als auch anderen Lebensformen …« Er nickte höflich zu Karel hinüber. »Wir freuen uns über mögliche Kontakte zur Erde, zum Konklave und zu den Geometern. Aber …«

Natürlich. Immer gab es ein Aber, niemals ging es ohne ab.

»Alle bisherigen Versuche, eine ausschließlich auf militärischer Stärke basierende Alternative zum Schatten zu entwickeln, sind ruhmlos gescheitert. Darum ist das nicht unser Weg. Wir schaffen eine friedliche Alternative, die auf Handel und Kultur basiert. Früher oder später« – er sah meinen Großvater an – »wird sie sich in der ganzen Galaxis durchsetzen. Der Verstand ist entstanden, damit wir Entscheidungen treffen, die unseren klar erkannten Bedürfnissen entsprechen, und nicht, damit wir der animalischen Seite einer Persönlichkeit nachgeben …«

Mein Großvater gähnte demonstrativ.

»Deshalb …« Krej hob leicht die Stimme. »… interveniert die Handelsliga nicht auf militärische Weise, es sei denn, ihre Interessen werden angegriffen …«

»Ihr gebt uns keine Schiffe«, fasste mein Großvater zusammen. »Nicht wahr? Habe ich das richtig verstanden?«

»Absolut.« Krej blieb auch jetzt die Freundlichkeit selbst. »Ihr seid keine Welt des Schattens. Bislang jedenfalls nicht.«

»Sie werden auch keine Welt des Schattens werden, wenn wir ihnen jetzt nicht helfen«, bemerkte Kelos leise. »Ihr Planet wird ausgelöscht. Für immer. Zusammen mit Milliarden von intelligenten Lebewesen.«

Krej wäre beinahe zusammengezuckt. Trotzdem erwiderte er mit unerschütterlicher Überzeugung: »Eine beträchtliche Zahl intelligenter Lebewesen ist bereits unwiderruflich gestorben. Zumindest unserer Ansicht nach unwiderruflich. Das ist leider eine bittere Wahrheit der Geschichte.«

»Aber diesmal besteht die Chance, das Blatt zu wenden«, entgegnete Kelos. »Zwei oder drei schwerbewaffnete Schiffe der Liga, die in der Nähe der Erde auftauchen, und jede Absicht, diesen Planeten zu vernichten, wäre im Keim erstickt. Warum wollt …«

»Ganz einfach, weil wir dann zu einem neuen Imperium würden. Zu einer zweiten Kristallenen Allianz!«

Sie maßen einander über den Tisch hinweg mit Blicken.

»Dann lässt du sie lieber sterben?«, fragte Kelos.

»Wir sind keine Götter. Und wir trachten auch nicht danach, es zu werden!«

»Dann bitten wir eben darum, die Erde in den Schatten aufzunehmen!«, beendete mein Großvater kurzerhand das Geplänkel der beiden. »Wäre dann die legale Grundlage für euch gegeben, uns zu helfen? Würden sich dann Abenteurer finden?«

»Sicher. Aber ihr gehört eben noch nicht zum Schatten. Das ist ja das Problem …«

Krej sah mich an.

»Pjotr Chrumow, wenn ich es richtig verstanden habe, schwebt die Erde deinetwegen in Gefahr?«

Was sollte ich darauf antworten? In gewisser Weise hatte er ja recht. Das Konklave war durch die Tatsache in Panik geraten, dass die Menschen bereits Kontakt zu den Geometern aufgenommen hatten. Und die Menschen – das war ich. Das arme kleine Konklave, das die armen kleinen Geometer fürchtete … und dabei den Blick vom Kern der Galaxis abwandte. Warum hatte das Konklave eigentlich noch nie eine Expedition hierher geschickt? Wussten sie, was hier auf sie wartete? Ahnten sie es?

»Stimmt, meinetwegen ist alles so gekommen. Und jetzt bitte ich euch um Hilfe.«

»Wir haben niemals irgendwen in den Schatten aufgenommen«, antwortete Krej freundlich. »Man nimmt zwar allgemein an, die Liga würde sowohl mit dem Schatten zusammenarbeiten wie auch versuchen, ihn zu verdrängen … Dass die Liga in neuen Welten Tore einrichten würde und sich bereithielte, ihre Tunnel anzulegen … Das ist nicht wahr. Vor langer, langer Zeit sind lebende Menschen in klobigen Schiffen von Planet zu Planet geflogen und haben die Tore errichtet. Diese Zeiten sind zusammen mit jenen Menschen und jenen Schiffen vergangen. Heute ist alles anders. Und das schon seit Jahrhunderten. Wenn Wesen aus einer neuen Welt auf einen Planeten des Schattens kommen, treffen sie eine Entscheidung. Die Tore … ich habe keine Ahnung, wie sie heutzutage beschaffen sind! Sie stellen einen eigenen Verstand dar. Sie sind mehr als Leben. Sie sind ein Gott, in einem ganz primitiven Verständnis. Wir sehen die äußere Form der Tore …« Er drehte den Kopf und deutete zielsicher in Richtung Waldrand.