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Es wurde Zeit für Nik Rimer und seinen geliebten Ausbilder, Tacheles zu reden!

Ich hatte die richtige Treppe gewählt, hier fingen die Wohnetagen an. Ohne lange zu überlegen, ließ ich den ersten und den zweiten Stock hinter mir, denn dort gab es zu viele Türen. Das mussten die Zimmer der Schützlinge sein.

Im dritten Stock blieb ich stehen.

Der runde Treppenabsatz war etwas breiter als unten, die Lampen brannten heller. Und es gab insgesamt nur sechs Türen. Hier könnten die Ausbilder durchaus untergebracht sein.

Ich hätte auch noch die oberen Etagen inspiziert. Man handelte besser erst, wenn man sich ein Gesamtbild verschafft hatte. Aber mein Blick war an einem weißen Stück Stoff hängen geblieben, das achtlos neben einer Tür befestigt worden war.

Ein weißes Band.

Ein Band, wie Katti es mir hatte um den Hals binden wollen.

Das Herz hämmerte mir in der Brust, Schweiß bildete sich auf meinen Händen.

Kampftransformation?

Ich antwortete dem Cualcua nicht. Ich ging zur Tür und berührte das Band. Entweder handelte es sich genau um dasselbe oder um ein sehr ähnliches. Ich befreite es von der Nadel und band es mir sorgsam um den Hals. Bedauerlicherweise gab es keinen Spiegel. Ich hätte zu gern gewusst, wie meine dreckigen Füße, das schmutzige Hemd und das weiße Band zusammenpassten.

Dann klopfte ich an.

»Komm rein, Nik«, erklang leise die Stimme des Ausbilders Fed. »Es ist offen.«

Ich berührte die Tür, und sie glitt in die Wand.

»Guten Morgen, Ausbilder Fed«, begrüßte ich ihn beim Eintreten.

Hier, im Weißen Meer, war Feds Zimmer viel größer. Es war trapezförmig, den ganzen Raum um die Tür herum nahmen einfache Gerätschaften ein. Federn, Gegengewichte und Griffe. Man brauchte keine besonderen Kenntnisse, um zu wissen, dass es sich hier um Sportgeräte handelte. Man hatte sie auseinandergenommen, zur Tür geschleppt, aber noch keine Zeit gefunden, sie aus dem Zimmer zu expedieren. Vermutlich hatte der bisherige Bewohner die körperliche Fitness recht hochgehalten.

»Komm rein, Nik. Setz dich.«

Der Ausbilder Fed sah mich nicht einmal an. Er saß da, mit dem Rücken zu mir, und starrte auf einen Bildschirm, der die Halle zeigte, in der der kleine Wachtposten friedlich schlief.

Die Sessel standen weit weg, und auf das gemachte Bett wollte ich mich nicht setzen. Deshalb nahm ich mit dem Sattel eines Sportgeräts vorlieb, das verdammt an ein Fahrrad erinnerte. Also, ein begnadeter Erfinder würde aus mir in dieser Welt nicht werden, das Fahrrad hatten die Geometer schon selbst erfunden.

»Was soll diese Wache an der Tür, Fed?«, fragte ich. »Kinder sollten nachts schlafen.«

»Kinder müssen zu Verantwortung erzogen werden. Und in erster Linie zu Verantwortung für andere. Dieser Junge ist leider noch weit vom Ideal entfernt.«

Der Ausbilder Fed drehte sich in seinem Sessel um. Er betrachtete mich mit aufmerksamem Blick. Natürlich hatte er mich längst gesehen, auf dem Bildschirm, und in seinen Augen lag keinerlei Neugier.

»Du bist übel zugerichtet, Nik«, sagte er. »Darf ich dich nach wie vor Nik nennen?«

»Warum nicht?«

»Aus dem einfachen Grund, weil du nicht Nik Rimer bist«, antwortete der Ausbilder seufzend. »Du bist nicht mein Schützling.«

Man kann nicht auf ehrliche Weise einen Falschspieler schlagen. Man kann nicht heimlich in eine Zivilisation von Spionen eindringen.

»Wie kommst du darauf, Ausbilder?«

»Deine Reaktion, Junge. Du benimmst dich fast wie Nik ... unter Berücksichtigung der Amnesie, natürlich. Ich bin nicht gleich auf die Idee gekommen, die Archive nach der Operation Schatten zu durchforsten. Erst nachdem ... als ich wieder zu mir gekommen bin. Nik hätte mich nicht geschlagen, Junge. Er hätte frech werden können, weinen, abhauen oder nicht mehr mit mir sprechen können. Mehr nicht. Für die Bewohner des Schattens wäre diese Reaktion jedoch völlig normal gewesen. Ein symbolischer Schlag, als Zeichen der Verachtung.«

»Nicht nur für die Bewohner des Schattens ...«

Waren die Geometer also vor einer weiteren humanoiden Rasse geflohen? Vor Menschen, die fähig waren, so zu handeln wie ich?

»Mag sein, Junge. Der Kern ist groß ...«

Sie waren aus dem Zentrum der Galaxis gekommen! Das hätte ich mir eigentlich gleich denken müssen! Ein Himmel, flammend vor Sternen!

»Wie soll ich dich nennen?«

»Pjotr.«

»Pjor?«, fragte der Ausbilder irritiert zurück.

»Pjotr«, artikulierte ich die Laute so klar wie möglich. In ihrer Sprache war das »t« ganz weich, fast nicht hörbar. Daher war es schwer, etwas aus dem Russischen in der Sprache Der Heimat wiederzugeben.

»Pjoter ...«, brachte Fed heraus und erinnerte mich damit an Elsa von der Lufthansa. Herr im Himmel! Das war weniger als zwei Wochen her! Der Weltraumbahnhof auf Hyxi, das Glas Bier in der Bar ... »Sag mir, Pjoter, lebt Nik Rimer noch?«

»Er ist tot.«

»Hast du ihn umgebracht?«

»Nein. Ich glaube, er war ein guter Mensch, Fed. Ich hätte ihn nicht umbringen können.«

»Und einen schlechten - den schon?«

»Ja«, gab ich ehrlich zu. »Jetzt könnte ich das.«

Der Ausbilder senkte den Blick. Er starrte auf den Boden, wo zwei nicht ausgepackte Taschen standen. In einer von ihnen befanden sich bestimmt die Photos, die an der Wand in seinem alten Zimmer gehangen hatten.

»Du bist ihm wirklich ähnlich ...«, flüsterte Fed. »Aber selbst Nik hätte gegen die Wendigen keine Chancen gehabt ... und wäre nicht halbnackt bis zum Internat gekommen.«

Unbestimmter Schmerz überkam mich. Alles war so hoffnungslos. Gewiss, man konnte den Helden spielen, sich mit Aliens prügeln und den Mistkerlen unter den Menschen die Fresse polieren. Aber eine ganze Welt konnte man nicht täuschen.

»Was erwartet mich jetzt, Fed?«

»Das Sanatorium natürlich nicht. Das Sanatorium ist für Menschen gedacht, sogar wenn diese schlecht sind.«

»Was dann?«

»Wir müssen wissen, wer du bist«, informierte mich Fed sachlich. »Wie du zu uns vordringen konntest. Wie du zu Nik werden konntest.«

Ich fing an zu lachen. »Es ist viel leichter, eine ganze Zivilisation zu verstehen als nur einen einzigen Menschen. Und ich habe nicht einmal das geschafft. Ihr seid wie ein Zerrspiegel. Alles sitzt an der richtigen Stelle - und trotzdem sieht man ausschließlich negative Eigenschaften.«

»Das kommt dir nur so vor, Peter.« Der Ausbilder legte beiläufig die Hand auf den Aktivator des Terminals. »Wirst du dich deiner Festnahme widersetzen, Peter?«

»Ich weiß es nicht.«

»Versuch es lieber gar nicht erst.«

Er hielt mich mit festem, beinahe körperlich spürbarem Blick gepackt.

»Du weißt, was ich jetzt tue?«

»Du rufst eine Einheit von Regressoren.«

Der Ausbilder brach in Gelächter aus. Dann wurde er wieder ernst. »Wetterkontrolle«, sagte er bewusst laut. »Zwei Stunden Schneefall über dem Territorium des Internats. Die Anordnung erteilt der Ausbilder Fed. Das Ziel besteht in einer Unterrichtsstunde zum schlechten Wetter.«

Ich brachte keinen Ton heraus.

»Du weißt, warum ich deine Spuren verbergen will?«

»Um die Kinder nicht zu beunruhigen.«

»Ganz genau, Pjoter. Manchmal benimmst du dich fast wie ein richtiger Mensch ... Natürlich sind die Abdrücke der nackten Füße im Schnee eine gute Sache. Sie stacheln die Phantasie der älteren Kinder an und geben den kleineren Nahrung für ihre Schauermärchen. Aber nicht, wenn in der Nähe ein Sanatorium für Schwerkranke liegt. Irgendwann werde ich selbst einmal durch den Schnee rennen. Wenn das Sanatorium weit, weit weggezogen ist ... und die Spuren niemanden mehr auf falsche Gedanken bringen. Die Kinder sollen sich ruhig wieder an die Legenden von den Eismenschen erinnern, die Nase in ihre Geschichtsbücher stecken und sich auf diese Weise stählen ...«