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»Du hast alles aus eigener Kraft erreicht, Petja. Ich habe mich nicht um die Karriere meines Enkels gekümmert. Ich wollte nur, dass du ein Profi wirst. Dass du an deine eigenen Kräfte glaubst.«

Eine halbe Stunde später ging ich zur Pforte, um Danilow in Empfang zu nehmen. Ich blickte zu den vereinzelten Lichtern in den Nachbarhäusern hinüber. Ich glaube, bei meinem jungen Freund brannte auch noch Licht. Vermutlich konnte sich Aljoschka gar nicht mehr von seinem Spiel mit der sagenhaften Fraktalgraphik losreißen. Wegen der Steine hatte er sich noch nicht bei mir gemeldet ... Bestimmt hatte er sich nicht getraut.

Endlich hörte ich das weiche Brummen eines Motors. Danilow litt entweder nicht an übertriebenem Patriotismus oder hegte einfach eine Vorliebe für gute Autos, denn er fuhr einen nagelneuen schwarzen Mercedes. Ich öffnete das Tor, er bog aufs Gelände ein und stellte den Motor ab.

»Was ist passiert, Pjotr?«, fragte der beste Pilot der Transaero mich beim Aussteigen. Er trug die Uniform eines Obersten der Kosmosstreitkräfte, die Brust derart schwer mit Medaillen behangen, als sei er unterwegs zu einem Empfang beim Präsidenten. Sogar zwei Heldensterne glitzerten da ... Wahrscheinlich hatte Danilow mögliche Probleme mit Posten und Patrouillen schon im Keim ersticken wollen.

»Wir haben einen Alien im Haus, Alexander Olegowitsch«, informierte ich ihn, während wir uns mit Handschlag begrüßten.

»Teufel auch!«, entfuhr es Danilow. »Was für einen?«

»Einen Zähler.«

»Nicht zu fassen. Habt ihr ihn unschädlich gemacht?«

Wir gingen gemeinsam zum Haus. Tyrann sprang auf uns zu und fing an, mit dem Schwanz zu wedeln. Brach sich da etwa ein genetisch bedingter Respekt vor Orden und Medaillen Bahn?

»Der Zähler hat uns einen Vorschlag zu machen. Einen geschäftlichen.«

»Verstehe.« Der Oberst schlug mir auf die Schulter. »Damit sind die Hoffnungen deines Großvaters wohl endlich in Erfüllung gegangen, oder?«

»Ja ...«, gab ich verdattert zu. »Alexander Olegowitsch, er will ...«

»Lass diesen pietätvollen Ton, ja?«, brummte Danilow. »Schließlich kenne ich dich, seit du zwei Jahre alt bist.«

»Wirklich?«, wunderte ich mich.

»Nenn mich Sascha ... oder Onkel Sascha.« Danilow grinste. »Also, was will der Alte?«

»Die Buran.«

Danilow mahlte mit den Kiefern. »Natürlich. Ich hätt’s mir denken können ...«

Erleichterung durchströmte mich. Danilow würde meinem Großvater nicht helfen. Das Schiff würde nicht entführt werden.

»Glaubst du, der Alte würde den Start verkraften?«, fragte der Oberst, als wir das Haus betraten. Etwas in mir drin ging kaputt. Also, wenn ich so anständig war, wie mein Großvater behauptete, dann mussten alle um mich herum verrückt sein.

»Das würde er ... Sascha.«

»Immerhin etwas.«

In der Diele herrschte nach wie vor Halbdunkel. Während Danilow sich die Schuhe auszog, überlegte ich, in welches Zimmer ich ihn jetzt bringen sollte. In dem Moment schlurften Hausschuhe über die Treppe, und mein Großvater erschien.

»Hallo, Sascha«, sagte er beim Herunterkommen.

»Ich grüße Sie, Andrej Valentinowitsch.« Danilow nahm Haltung an, wie ein Rekrut vor einem General. »Da bin ich.«

»Weck Karel, Pjotr.«

Ich öffnete die Tür zu meinem Zimmer - und blickte direkt in die funkelnden Augen des Zählers. »Komm mit«, forderte ich ihn müde auf.

»Was ist passiert?« Der Reptiloid sprang vom Sessel.

»Die Kavallerie ist eingetroffen.«

Hinter mir luchste Danilow ins Zimmer. Sobald er den Reptiloid sah, stieß er einen Pfiff aus.

»Es ist mir eine Freude, den berühmten Weltraumbezwinger kennenzulernen!«, ratterte der Zähler los.

Natürlich war auch Mascha wach geworden. Als es tagte, hatten wir uns alle miteinander bekannt gemacht. Die Fakten - meiner Ansicht nach eher die reinsten Hirngespinste - waren dargelegt. Der Zähler hatte erneut das inzwischen altbekannte Lied vom unausweichlichen Untergang der Menschheit angestimmt, falls nicht ...

Ich saß neben Danilow. Als hoffte ich, wenigstens er, der kampferprobte Offizier und erfahrene Kosmonaut, fände Argumente gegen den zur Diskussion stehenden Plan.

Zumindest teilweise erfüllten sich diese Hoffnungen.

»Warum darf die Regierung nicht von der Situation unterrichtet werden?«, bohrte Danilow.

»Sollte die Regierung unsere Aktion sanktionieren, würde der Zorn der Starken Rassen die ganze Erde treffen ...«, setzte mein Großvater an.

»Die Regierung könnte ihr Einverständnis in unterschiedlichen Formen erklären«, fiel Danilow ihm ins Wort. »Mündlich beispielsweise. Oder doppeldeutig.«

»Außerdem fehlt uns dafür die Zeit. Die Bürokratie würden wir niemals überwinden.«

»Das stimmt.«

»Welchen Rang hast du jetzt beim FSB?«, fragte mein Großvater.

»Denselben wie im Kosmos«, antwortete Danilow stirnrunzelnd. »Oberst.«

Na so was! Danilow gab offen zu, für den Geheimdienst zu arbeiten!

»Sascha, du bist ein kluger Mann. Wir haben reelle Chancen auf Erfolg ... Weshalb sollte uns der Zähler belügen?«

»Um ein Schiff zu kapern.«

»Die Baupläne für einen Jumper sind allen Aliens zugänglich. An der Technologie können sie also kein Interesse haben.«

»Vielleicht will er uns ans Messer liefern.«

»In dem Fall liefert Karel seine eigene Rasse ebenfalls ans Messer.«

Der Zähler saß mit teilnahmslosem Blick da, als tangiere ihn das Gespräch überhaupt nicht.

»Was sagst du dazu?«, wandte sich Danilow an den Reptiloiden. »Spielst du ein doppeltes Spiel?«

»Würde meine abschlägige Antwort wirklich etwas beweisen?«

»Warum weigerst du dich dann, alle Fakten auf den Tisch zu legen?«

»Ich fürchte Verrat.«

»Was soll man dazu noch sagen?!« Danilow breitete die Arme aus. »Petja, was hältst du von dieser Argumentation? Wir sollen anscheinend auf sein Ehrenwort vertrauen ...«

»Es gibt da einen Unterschied«, musste ich einräumen. »Wir riskieren nur unser Leben. Aber der Zähler riskiert das Schicksal der ganzen Galaxis.«

Darauf erwiderte Danilow erst mal kein Wort. »Das ist ja sehr trostreich ...«, knurrte er nach einer Weile. »Nur unser Leben. Diese Kleinigkeit ...«

Der Zähler schwieg.

»Gut.« Danilow schielte zu meinem Großvater rüber, der ihm zunickte. »Mir wurde ein Flug für übermorgen angeboten. Nach Dschel-17.«

»Wir handeln mit Dschel?«, hakte mein Großvater nach.

»Gelegentlich. Sie wollen zehn Tonnen Kunstwerke kaufen.«

»Aber sie sind doch blind!«, rief ich aus, mich meiner Flüge nach Hyxi erinnernd.

»Wir liefern Skulpturen. Dschel kauft uns Büsten von Personen ab. Russland hat den Amerikanern diesen Auftrag vor der Nase weggeschnappt. Schließlich haben wir ja eine schier unglaubliche Menge von Büsten, die ... heute nicht mehr ganz aktuell sind. Marmor, Gips und Bronze. Es ist ein Eilauftrag, die Strecke unbekannt. Mir wurde der Flug angeboten. Boshenko, das ist mein Co-Pilot, hat Urlaub. Sie wollten ihn schon zurückbeordern, aber da habe ich dich als Piloten vorgeschlagen, Petja.«

Also hatte Alexander mir das Angebot nicht zufällig gemacht.

»Mein Navigator ist Rinat Turussow. Ein guter Mann ... ich würde ihn ungern da reinziehen.«

»Ich kann jeden Jump berechnen«, warf der Zähler sofort ein.

»Das bezweifle ich nicht«, sagte ich. »Aber wie lassen wir Rinat auf der Erde? Und wie kriegen wir dich und meinen Großvater an Bord des Schiffs?«

»Nicht nur Karel und Andrej Valentinowitsch.« Jetzt mischte sich auch Mascha, die bislang geschwiegen hatte, ins Gespräch. »Sondern auch mich.«