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Mein Vogel war einer der ältesten, noch mit einer Keramikverschalung. Es war eine bereits vor fünfzig Jahren entwickelte Spiral, zwanzig Tonnen schwer und mit recht kleinem Frachtraum. Selbst wenn das Schiff inzwischen modernisiert worden war, hatte es sich äußerlich kaum verändert. Den »Latschen« - da konnte man einfach nichts machen, bei der Form würde die Spiral im Volksmund immer so heißen - schickte man inzwischen mit einer alten, wenn auch ebenfalls überholten Proton ins All. Keine sehr angenehme Vorstellung. Aber wie heißt es doch? »Bei den Fremden startet man gern, auf der Erde landet man lieber.«

Am Durchlass zum Flugfeld zeigte ich meine Papiere ein letztes Mal vor, danach steckte ich sie in die Tasche. Geschafft. Höchste Zeit, dass ich wieder nach Hause kam ...

Ich ging um die anderen Schiffe herum zur Startrampe. Die Spiral war bereits in Position gebracht worden, das Personal wuselte aber immer noch um meinen Vogel herum. Ich legte einen Zahn zu. Ein paar Außerirdische unter die Lupe zu nehmen, das fand ich immer interessant.

Es handelte sich um eine gemischte Mannschaft. Zwei gigantische, an die drei Meter große Hyxoide. So eine Art graue Gottesanbeterinnen. Angeblich sind sie trotz ihres robusten Äußeren extrem zerbrechlich. Ich selbst hatte einmal beobachtet, wie ein Hyxoid ausgerutscht und gefallen war und sich eine seiner Stützpfoten gebrochen hatte. Insofern wunderte ich mich nicht, dass sie den gebotenen Abstand zum Schiff hielten. Dieses hatten drei seltsame Wesen bewegt, Gestalten, die wie Schildkröten aussahen, allerdings ohne Panzer, sondern mit faltiger Haut. Ab und an schlängelte sich aus diesen Falten ein langer, dünner Fühler heraus und schob das Schiff sanft ein, zwei Meter weiter.

Einer der Hyxoiden kam mir entgegen. Sein Maul - das Wort »Mund« wollte mir einfach nicht über die Lippen! -öffnete sich weit. »Pilot?«, krächzte der Hyxoid.

Ich nickte und kämpfte gegen den Wunsch an, ihm meine Papiere zu zeigen. Typisch Russe - denn die Hyxoiden interessierten sich überhaupt nicht für Papiere.

Der Hyxoid wich etwas zurück. Ich wartete, bis die »Schildkröten« von der Spiral weggekrochen waren, bevor ich auf die Luke zutrat. Zum Glück hatten die »Schildkröten« auch eine Einstiegsleiter herangeschafft. Ich hantierte an dem eingelassenen Griff und öffnete die Luke. Aus den Augenwinkeln schielte ich zu den mich beobachtenden Hyxoiden hinüber und kletterte ins Schiff.

Je weniger du mit Außerirdischen sprichst, desto weniger Schaden kannst du anrichten. Ansonsten platzt du womöglich mit einer Bemerkung heraus, die völlig harmlos klingt - mit der du aber eine diplomatische Krise auslöst. Wenn du den Hyxoiden in dieser Jahreszeit zum Beispiel Gesundheit und ein langes Leben wünschen würdest, hieße das, sie kolossal zu verhöhnen.

Im Schiff war alles bestens. Und vor allem war es kühl. Eben doch eine erstklassige Wärmedämmung! Es roch nach Leder und Plastik. Und ganz leicht nach Elektrizität. Nicht nach Ozon, sondern nach einem spezifischen Geruch, der von den vielen Elektrogeräten herrührte. Außerdem hing noch ein zarter Hauch von Gewürzen in der Luft, die ich vor zwei Monaten geladen hatte und von denen einige Packungen bei der Landung geplatzt waren und ihren Inhalt im Frachtraum verteilt hatten.

Die Schleuse war winzig. Ein kleines Steuerpult für die Türen, ein Schrank mit dem Raumanzug, den ich seit einem halben Jahr nicht mehr angehabt hatte. Eine Tür führte zum Cockpit, eine in den Frachtraum. Ich aktivierte die Hermetisierung, und während in der Wand die Servomotoren summend die Luke zuzogen und das Schiff hermetisch abschlössen, überprüfte ich die Fracht.

Kortrison ist sehr leicht. Die Platten entsprachen von der Größe haargenau den Bildern, die ich auf dem Herflug geladen hatte, und waren in durchsichtiges Material eingepackt und an den Wänden verzurrt. Auf jeder war akkurat die Masse und das Gewichtszentrum ausgewiesen. Mit Hilfe der Standardtabelle kontrollierte ich, ob das Schiff ausbalanciert war.

Tadellos, da gab’s nichts zu beanstanden. Die pedantischen Hyxoiden, die Individualität nur in der Kunst schätzten, hatten sicherlich zum Beladen einen Zähler hinzugezogen.

Ich verriegelte den Frachtraum, pumpte die Luft ab und begab mich ins Cockpit. Auf dem hufeisenförmigen Pult glommen gelbe Stand-by-Lampen. Nachdem ich den Zentralrechner hochgefahren hatte, schaltete ich auf Empfang und leitete die Systemtests ein. Ich setzte mich und legte die Gurte an.

Rechts von mir hätte sich eigentlich der Sitz für den zweiten Piloten befinden müssen. Stattdessen stand da der Jumper, ein einen Meter hoher Zylinder aus Aluminium. Ich klopfte gegen seine kühle Seitenfläche.

Natürlich ist es dumm, zweihundert Kilogramm Leitungen und Mikrochips wie ein Lebewesen zu behandeln. Da könnte ich ja noch eher meinen Computer begrüßen. Aber jeder hat halt seine eigenen Macken.

»Kontrollzentrum an Flug 36-18, Transaero«, drang eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Bist du startklar?«

»Flug 36-18 an Kontrollzentrum, ich bin fast startklar.«

»Die Startrampe gibt dir einen Countdown von zehn Minuten. Plus drei Minuten, um eine Entscheidung zu treffen.«

»Verstanden. Warte auf Bestätigung.«

Ich beobachtete, wie der Rechner den Test der eigenen Verbindungen, Programme, des Reservecomputers und der Systeme des Schiffs beendete. Nach zwei Minuten und vierzig Sekunden schaltete ich wieder auf Empfang. »Flug 36-18 an Kontrollzentrum Hyxi«, meldete ich mich. »Ich bin startklar.«

»Einen guten Start, Pilot.«

Was hatte Gagarin damals gesagt? Los geht’s!

Auf dem Monitor blinkte einsam die Silhouette eines Schiffs, die meine Lage im Raum markierte. Das Shuttle verlor das Gleichgewicht, schaukelte und reckte die Nase in den weißen Himmel.

Ich startete.

Ohne die geringste Beschleunigung. Noch immer spürte ich nur die »0,8 g«, die auf Hyxi herrschten. Die isolierte Gravitationsschwankung mit meinem Vogel mitten drin stieß vor in den Kosmos.

Das erinnerte überhaupt nicht an einen Start. Eher war es, als würde der Planet unter mir weggerissen, als kröche er unter dem Schiff weg, verlöre seine Fläche und verwandle sich in eine Kugel.

»Flug 36-18«, erklang die Stimme des Operators. »Du fliegst bereits.«

»Das merke ich.«

»Einen langen Jump!«

»Vielen Dank, Hyxi.«

Ein zarter Schleier hüllte das Shuttle ein. Also gab es doch Wolken auf Hyxi, nur dass man sie vom Boden aus nicht sah. Dann folgte wieder der klare Himmel, jetzt bereits hellblau, eine Parodie auf den Himmel unserer Erde. Die vordere Spitze des Schiffs bebte und neigte sich zur Seite. Ich wurde entgegen der Drehung des Planeten davongetragen, hinaus in den Orbit. Die Startrampe konnte das Schiff so lange kontrollieren, wie es sich noch in Sichtweite befand. Das genügte völlig, um auf Kreisbahngeschwindigkeit zu beschleunigen.

»Flug 36-18, die Kontrolle des Raumhafens hat die Information für deinen Korridor durchgegeben ...« Der Mann stockte.

»Was ist, Hyxi?«

»Da fliegt ein Raumkreuzer der Alari auf deiner Gleitbahn.«

»Spinnt ihr?«, brüllte ich, während ich auf das Radar linste.

»Das geht nicht auf unser Konto, Transaero. Das musst du uns glauben.« Der Mann stand ebenfalls am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Nur konnte er seine Gefühle besser beherrschen. Was verständlich war - schließlich befand er sich unten, am Boden von Hyxi.