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»Erde an Wolchw«, erklang es in den Kopfhörern. »Hier ist Wassiljew, Chef der Schicht. Wir hören Sie gut. Die Telemetriedaten werden übertragen. Sascha, sind Sie nervös?«

»Nein.«

»Ihr Puls liegt bei über hundert.«

»Dann lasst mich doch erst mal in aller Ruhe durchatmen!« Danilow lachte gezwungen. »Bis zum Start bleibt uns noch knapp eine Stunde, und ihr treibt uns die ganze Zeit an!«

»In Ordnung, Sascha. Ich übergebe jetzt an Major Hiller.«

»Wolchw, wir beginnen jetzt mit der Kontrolle vor dem Start!«, teilte mein Bekannter munter mit.

»Hallo, Maxim«, erwiderte Danilow. »Mach das mit Chrumow. Es wird ihm gut tun, sich ans Schiff zu gewöhnen.«

»Hallo«, sagte ich.

»Wie fühlst du dich?«, wollte Hiller wissen. »Deine Telemetriedaten werden übertragen. Sieht alles aus, als würdest du zu Hause vorm Fernseher sitzen.«

»Unser Bett ist die Pferdedecke des Streitrosses«, entgegnete ich. »Fangen wir mit der Arbeit an, Maxim. Der Allgemeintest der Computersysteme ...«

Ich hatte lange nicht mehr in einer Buran gesessen. Ein halbes Jahr bestimmt nicht, und damals auch nur im Rahmen eines obligatorischen zweiwöchigen Kurses. Damals hatte ich eine Umschulung auf Schiffe mittlerer und großer Tonnage absolviert ...

»Der Test ist abgeschlossen, Petja.«

»jetzt der Jump-Test ...«

Wir brauchten insgesamt rund vierzig Minuten. Die Triebwerke stotterten zunächst, aber beim zweiten Versuch löste das Kontrollzentrum das Problem. So ist es immer: Eine Kleinigkeit stimmt nicht, du machst dir ein paar Minuten lang Sorgen, während die Erde Reserveverbindungen aktiviert. Am Ende kriegst du die Starterlaubnis doch.

»Alles in Ordnung«, informierte mich Maxim schließlich. »Wir beginnen mit dem zehnminütigen Countdown.«

»Nur zu.«

Ich blickte nach unten. Chrumow schien seine Ruhe zurückgefunden zu haben. Mascha fing dagegen jetzt an, in ihrem Sitz herumzuzappeln. Der Zähler wirkte wie eine Statue.

Wenn nur im letzten Moment nichts schiefging! Wenn nur der Start nicht verschoben wurde!

»Noch drei Minuten bis zum Start«, erklärte Hiller. »Wir ziehen den Fahrstuhl weg.«

Das Schiff bebte leicht, dann war das Fahrstuhlgerüst weg.

»Ich übernehme jetzt wieder«, verkündete Danilow. »Vielen Dank, Pjotr.«

Genau drei Minuten später erzitterte die Wolchw. Ein Heulen erklang - und zwar nicht von unten, sondern von überall her.

»Ihr hebt ab«, vernahm ich Hillers Stimme.

Ich bemerkte den Start nur anhand der auf dem Monitor blinkenden Zeilen. Die Stahlbolzen, mit denen die Trägerrakete am Starttisch befestigt wird, hatten dem Schub nicht standgehalten und sich gelöst. Wir flogen.

Große Schiffe starten weicher als eine Proton, das hatte ich schon ganz vergessen ...

»Zehn Sekunden, Flug normal«, teilte uns die Erde mit.

Die Beschleunigung machte sich gleichmäßig, aber deutlich bemerkbar. Ich schielte nach unten. Die Passagiere schienen den Start einigermaßen gut zu verkraften. Aber wenn irgendwelche extravaganten, altersschwachen Millionäre aus den USA sich einen kleinen Trip in den Kosmos spendieren oder sogar mal über fremde Sterne spazieren konnten, warum sollte Andrej Valentinowitsch dann zusammenklappen?

»Einschwenken in Umlaufrichtung ...«, informierte uns Hiller. Das spürten wir natürlich selbst. Das Schiff legte sich auf die Seite, ging auf Sollkurs.

»Wir führen die Kursangleichung durch«, erwiderte Danilow. Von uns hing beim Start eigentlich rein gar nichts ab. Die Erde entschied, die Erde steuerte das System. Es war jedoch angenehmer, sich wie ein Pilot vorzukommen - nicht wie Frachtgut.

Kaum schwenkte das Schiff in die Horizontale und beschleunigte dort weiter, setzte das Gerüttel ein. Damit war die schwierigste Phase des Starts eingeleitet. Das Schiff musste sich mit der Trägerrakete durch die dichten Schichten der Atmosphäre »bohren«. Das Heulen der Triebwerke veränderte sich, der Schub war auf 67 % heruntergefahren. Zwanzig Sekunden später kehrten wir zur Normalleistung zurück, auf 104% der Triebwerkskraft.

Das war so üblich -104 %, nicht 100 % ...

Nach zwei Minuten lösten sich die Booster. Gedanklich wünschte ich ihnen eine glückliche Landung. Nicht immer kamen sie wohlbehalten auf, selbst im Meer nicht.

Bei Starts von Baikonur aus gingen die Booster bei der Landung in der Steppe meistens zu Bruch. Die Konstruktion war einfach zu fragil bei diesen Flüssigtanks. Die Amis hatten es da besser, mit ihren Feststoffboostern.

Es blieben noch fünf Minuten bis zur Abtrennung der Hauptstufe der Energija und dem eigenständigen Flug. Noch konnte man uns auf die Erde zurückholen, uns kehrtmachen lassen und in Swobodny landen oder in den Staaten oder uns in eine niedrige Umlaufbahn zwingen und nach Baikonur schleifen ...

»Wolchw.« Irrte ich mich - oder klang Hillers Stimme anders? »Wolchw, hier Kontrollzentrum, antwortet ...«

»Zentrum, hier Wolchw«, erwiderte Danilow. »Der Flug ist normal.«

»Wolchw, schildern Sie die Situation an Bord.«

»Zentrum, an Bord ist alles in Ordnung.«

»Oberst Danilow ... wie viele Personen sind an Bord?«

War das der Anfang vom Ende?

War der Chef des Postens am Fuhrpark zu sich gekommen? Oder hatte der Untergebene Danilows den seltsamen Befehl gemeldet, einen alten Mann und eine junge Frau zu einem Schiff zu bringen, das gerade startklar gemacht wurde?

Wie gut, dass das nicht schon vor fünf Minuten passiert war.

Aber wie ärgerlich, dass es nicht zehn Minuten später passiert war.

»Zentrum, ich habe Sie nicht verstanden«, sagte Danilow.

»Sascha ...« Hiller wechselte unvermittelt vom offiziellen Ton in den persönlichen. »Wir haben Informationen vorliegen, dass sich an Bord des Schiffs eventuell zwei Zivilpersonen befinden.«

»Maxim«, antwortete Danilow in derselben Tonlage, »zu unserer Crew gehören zwei Mann. Der Flug ist normal. Es sind keine Außenstehenden an Bord.«

Er hob sich leicht in seinem Sitz hoch und machte mit der Hand eine energische Bewegung nach unten. Er gab jemandem ein Zeichen ...

»Oberst Danilow, General Kisseljow spricht jetzt mit Ihnen ...«

Ein leichtes Knistern. »Danilow, was geht da vor?«, vernahm ich die Stimme des Generals.

Ich behielt das Pult fest im Auge. Noch funktionierten die Triebwerke genau richtig, um in die Umlaufbahn einzutreten. Dennoch konnte die Erde den Flug schon in der nächsten Sekunde stoppen.

»Genosse General, es ist alles in Ordnung.«

»Danilow, uns liegen Informationen vor, dass Chrumow und Maria Klimenko zur Startrampe gebracht worden sind.«

Damit erfuhr ich nun also auch Maschas Familiennamen ...

»Genosse General, der Flug erfolgt nach Dienstplan. Chrumow und Klimenko befinden sich am vorgesehenen Ort«, erwiderte Danilow.

Wie er es fertigbrachte, eine offene Lüge zu vermeiden!

»Danilow, Himmeldonnerwetter noch mal!«, schrie Kisseljow. »Sie sind aber nicht in Halle 3! Sie sind überhaupt nirgends!«

Es blieben noch dreieinhalb Minuten an dynamischen Operationen ...

Ich schaute nach unten. Mascha und Chrumow kümmerten sich überhaupt nicht um uns, ihnen raubte die dreifache Beschleunigung sämtliche Kräfte. Der Zähler saß bereits nicht mehr in seinem Sitz, sondern lag auf dem Pult des Wissenschaftskosmonauten, seine Pfoten glitten über das Armaturenbrett ...

»Genosse General, das muss ein Fehler sein«, behauptete Danilow mit fester Stimme. »Ich gebe Ihnen mein Wort als Offizier, dass alles nach Plan läuft.«

Ganz kurz meinte ich, Kisseljow würde ihm glauben ...

»Wolchw, wir brechen den Flug ab!«, entschied der General dann. »In zehn Sekunden erfolgt die Abtrennung der Trägerrakete und eine Notlandung auf der Luftwaffenbasis Vandenberg.«