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Das Nichts wich der Dunkelheit, die Glückseligkeit dem Schmerz. Keinem konkreten Schmerz, denn der Jump hat keinerlei schädliche Folgen. Doch im Vergleich zur abgeklungenen Euphorie bedeutet jeder Zustand Schmerz.

Ich lag im Sitz, von Gurten gegen das weiche Polster gepresst. Die Schwerelosigkeit kam mir wie Beschleunigung vor. Bleiplatten gleich lastete meine Kleidung auf meiner Haut. Meine Lider waren rau wie Schmirgelpapier und schnitten mir bei jedem Blinzeln in die Augen.

Macht nichts. Halb so wild - denn es würde noch einen Jump geben ...

Stöhnend öffnete ich die Augen. Im Schiff herrschte völlige Dunkelheit. Nur durch die Frontfenster schienen die Sterne herein. Hier sind sie blendend hell und nadelspitz. Doch heller wird es davon nicht.

Der Jumper knisterte leise und kühlte ab. In meinen Ohren rauschte es, winselte ein feiner Ton. Ansonsten war es totenstill. Dem Schiff war jede Energie entzogen, wie immer nach einem Jump. Mit zitternden Fingern knöpfte ich meine Tasche auf, holte das Leuchtröhrchen heraus und knickte es. Die Flüssigkeit im Innern schäumte auf und erstrahlte in kaltem blauen Licht. Die erloschenen Bildschirme an den Pulten und das Panzerglas glänzten.

»K-knapp«, kommentierte ich das Geschehen für mich selbst. »Na, Petja, was meinst du? War das knapp?«

Immer noch summte es in meinen Ohren. Ich löste die Gurte, hängte sie über den Sitz, klammerte mich an den Armstützen fest und behielt das über dem Pult schwebende Leuchtröhrchen im Auge. Es verging eine Minute, dann eine weitere, bis schließlich am Pult die ersten Lämpchen zart aufleuchteten. Die Akkumulatoren überwanden allmählich den Schock des Jumps. Das System der Havarieventilation, das auf simpelsten Elektroschaltkreisen beruhte, schaltete sich ein. Um zu funktionieren, brauchte es lediglich Spannung. Schließlich meldete sich auch der Rechner zurück, ein paar Zeilen flackerten auf, bis er plötzlich wieder verstummte. In den Speichern gab es keine Informationen. Alle Datenträger, die während des Jumps unter Spannung gestanden hatten, waren komplett gelöscht worden. Eine kleine Unannehmlichkeit für den Piloten - und ein enormes Glück für die Menschheit.

Aus dem Container unter der rechten Armstütze holte ich die erste CD und schob sie ins Laufwerk des Pults. Gut, fangen wir wieder bei null an ... Die Scheibe rotierte, der Rechner verleibte sich gierig das Betriebssystem, die Lebenserhaltungsprogramme und die Testprogramme ein. Na, mach schon, Kumpel, sieh zu, dass du wieder auf Touren kommst! Ich stieß mich vom Pult ab, glitt über den Sitz und schnappte mir im Flug das Leuchtröhrchen. Ich musste das Schiff inspizieren. Dabei hätte ich viel lieber zum Fenster rausgeguckt. Und zwar sofort, solange sich die Beleuchtung noch nicht wieder zugeschaltet hatte, solange der Computer die Hauptsysteme des Schiffs nicht wieder aktiviert und das zarte Surren der Ventilation dem üblichen Dröhnen den Vortritt gelassen hatte.

Nach wie vor hallte dieses Geräusch in meinen Ohren ...

Ich hing vorm Fenster auf der rechten Seite und spähte in den Kosmos. Da war er, Sirius, einer der Heimatsterne der Hyxoiden. Ein grellweißer Stern. Wenn ich den Kopf so weit wie möglich herumdrehte, sah ich einen kleinen, von der Nase des Schiffs fast verdeckten Stern: die Sonne.

Der Rechner fiepte leise, nachdem er die erste Disc eingelesen hatte. Ich stieß mich von der Wand ab, segelte zum Pult, wechselte die CD und starrte auf den Monitor. Alles in Ordnung, die Hauptverbindungen standen bereits wieder, jetzt liefen die Systemtests. Woher kam dann nur dieses seltsame Gefühl, etwas stimme nicht? Was ließ meine inneren Alarmglocken schrillen? Was?

Die Beleuchtung schaltete sich wieder an, die kleine Kabine erstrahlte im Licht. Das Shuttle musste von außen ziemlich komisch aussehen, dieser strahlende Punkt inmitten der endlosen Leere. Wenn ich wollte, könnte ich den Raumanzug anziehen und nach draußen gehen, zum Beispiel unter dem Vorwand, die Fracht zu kontrollieren, und dann ein paar Photos schießen. Aber meine Nerven waren nicht stark genug, um außerhalb der Kabine rumzuschweben, Auge in Auge mit den Sternen und der Leere.

Mir war sowieso schon ziemlich mulmig zumute. Woran lag das bloß?

Ich drehte den Kopf, schaute auf die Bildschirme der sich wieder einschaltenden Pulte sowie auf die Havariemelder und versuchte durch das Fiepen in meinen Ohren hindurch wenigstens ein einziges Alarmsignal wahrzunehmen.

Verdammt!

Es rauschte gar nicht in meinen Ohren! Das Geräusch kam aus dem kleinen Schrank mit den Werkzeugen und den Lebensmitteln.

Na, super!

Ich knöpfte das Holster auf und holte die Pistole heraus. Ich entriegelte die Sperrvorrichtung, und der Kondensator aus der Patrone schoss ins Bodenstück. Die »Laserpeitschen« der russischen Fluggesellschaften verfügten über einen gewaltigen Vorteiclass="underline" man konnte sie auch in der Kabine eines Raumschiffs abfeuern. Der Strahl war zu schwach, um das Gehäuse zu verbrennen. Diese Waffe war insofern mit der Spiral verwandt, als sie ebenfalls noch für das Mondprogramm entwickelt worden war.

Nur dass wir immer noch nicht auf dem Mond gelandet waren.

Stattdessen waren wir zu den Sternen geflogen. Zu diesen unwirtlichen Funken am Himmel, die uns nicht gehörten.

Und nie gehören würden.

Auf keinen Fall durfte ich jetzt Zweifel aufkommen lassen. Wenn ich auch nur eine Minute über mein Tun nachdenken würde, verließe mich der Mut, den Schrank zu öffnen. Ein durchgedrehter Hyxoid ... Nein, ein Hyxoid würde nicht in diesen kleinen Schrank passen ... Aber wer auch immer da drin stecken mochte - von mir aus sogar eine alarische Maus ohne Panzeranzug -, so oder so würde dieses Wesen den Verstand verloren haben - und bliebe damit ein gefährlicher Feind.

Ich stieß mich mit den Beinen vom Pult ab und schwebte zum Schrank. Nachdem ich die Waffe entsichert hatte -die Pistole schimmerte jetzt im grünen Licht -, riss ich die Tür auf.

Im unteren Fach zitterte zwischen den durch Gurte festgeklemmten Beuteln mit meiner Kleidung eine leise wimmernde, geschuppte graue Kugel.

Ein Zähler!

Ich flog ein kleines Stück vom Schrank weg, behielt die winselnde Kugel dabei aber fest im Blick.

Na prima ...

Was hast du denn hier verloren, Reptiloid? Sicher, für dich war es kein Problem, die Codeschlösser zu knacken. Was sind schon eine Million Kombinationsmöglichkeiten für ein Wesen, das weitaus schneller rechnet als jeder Computer der Erde und das in der Lage ist, sich direkt an die elektrischen Schaltkreise anzuschließen? Aber warum um alles in der Welt hast du dich dem Wahnsinn in die Arme geworfen?

Denn nur für uns, für die Menschen, bedeutet der Jump eine süße Ewigkeit.

Aber kein einziger Außerirdischer ist in der Lage, den Sprung durch das Innere des Raums zu verkraften, ohne dabei den Verstand zu verlieren. Das wurde bereits vor zwanzig Jahren festgestellt, als eine Patrouille der Hyxoiden ein amerikanisches Schiff beim Sirius festhielt und damit den lang ersehnten Kontakt herstellte.

Genau das hatte die Menschheit gerettet.

Wir besetzten jene seltsame Nische, die in der galaktischen Hierarchie der Rassen noch frei war. Wir stellten die Teeklipper des Weltalls ... Für Aliens dauerte der Weg von Stern zu Stern Monate. Für uns Stunden oder Minuten. Natürlich reißt sich niemand um die Rolle des Fuhrmanns ...

Immerhin garantiert sie unsere Freiheit.

Der Reptiloid stöhnte immer noch und zitterte in seiner Embryonalstellung. Was er wohl gerade durchmachte? Ich hatte keinen blassen Schimmer. Was wussten wir schon über die Psyche der Nicht-Menschen - ganz zu schweigen vom Wahnsinn der Nicht-Menschen? Mich beruhigte allerdings, dass die Zähler zu den schwächsten und hilflosesten Wesen im Kosmos gehören.

Ich streckte die Hand aus und berührte die weichen, fast samtartigen Schuppen. Der Reptiloid zuckte unter meiner Hand zusammen, machte sich flach und streckte die kleinen Pfote aus.