Выбрать главу

»Du kommst hier nicht weg«, verkündete der Alari zwischen zwei Krämpfen. »Lass mich los und geh an deinen Platz zurück. Ich habe dir ein Gefäß gebracht.«

Unwillkürlich musste ich lachen. Danach stand mir nun wirklich nicht der Sinn, mein Nicht-Freund.

»Antworte!«

»Nein ...«

Die unerschütterliche Stimme des Alari passte nicht zu den Krämpfen seines Körpers. Verzweifelt dachte ich nach. Noch einmal würde sich mir eine solche Gelegenheit nicht bieten, das stand fest. Dieser Alari würde mir nichts sagen. Folglich musste ich mich auf gut Glück durchschlagen ...

Plötzlich vernahm ich einen Schmatzlaut. Der Auswuchs am Hals des Alari zuckte, teilte sich in zwei Hälften, floss unter der Schnur durch und fiel zu Boden. Sein Inneres zeigte eine rosa-weiße Farbe, wie ausgeblutetes Fleisch. Die Stücke erzitterten und streckten sich zueinander hin.

Was war das nun schon wieder für eine biologische Ausgeburt! Ein Dolmetscher, ein Translator! Oder noch schlimmer: ein Symbiont!

Ich schnappte mir das Metallgefäß, schlug mehrmals auf die Brocken aus Protoplasma ein und verschmierte sie über dem Boden. Das Wesen stellte seine Fähigkeit, sich zu teilen, durchaus unter Beweis, doch jede Lebensform hat ihre Grenzen. Aber bitte sehr, du kannst ja mal versuchen, dich aus dem Matsch am Boden wieder zusammenzusetzen!

Das rosa Gel wabbelte, veränderte nach und nach seine Farbe, verschmolz beinahe mit dem Boden, versuchte aber nicht länger, sich neu zu formen.

Ich wandte mich dem Alari zu - gerade noch rechtzeitig. Er nutzte den Umstand, dass ich die Schnur nur noch mit einer Hand hielt und der Druck deshalb nachgelassen hatte, und schlug mit seiner Vorderpfote auf mich ein. Die scharfen Krallen rissen mir die Jacke auf, Schmerz versengte meine Schulter. Mich fröstelte bei dem Gedanken, was mit meinem Arm passiert wäre, wenn er nackt gewesen wäre.

Ich fasste die Schnur wieder mit beiden Händen und zog sie fest zusammen. Der Alari stieß Laute aus, es klang wie ein Rascheln. Wir hatten keine Möglichkeit mehr, uns miteinander zu verständigen.

Folglich hatte der Alari auch keine Möglichkeit mehr, mein Freund zu werden.

Ich zog die Schnur mit aller Kraft zusammen. »Zieh an der Schnur ...«, flüsterte ich.

So werden Probleme gelöst.

Der Körper des Alari erschlaffte.

Ich zog die Schnur ab, nahm sie in die linke Hand und stieß den Körper mit dem Fuß weg. Das Wesen wirkte tot oder sterbend, genau wie sein widerlicher Symbiont. Mitleid mit dem Alari empfand ich keins, Hass übrigens ebenso wenig. Diejenigen, die an keinem Friedensprozess teilnehmen wollen, sterben halt manchmal. Aber vielleicht würde er ja auch wieder zu sich kommen, mein glückloser geschwänzelter Gefängniswächter.

Ich nahm den Nachttopf in die rechte Hand. Das Metall, aus dem er gefertigt war, wog kaum etwas, war aber dennoch solide. Besser als nichts.

Mit der Schnur in der einen und dem Topf in der anderen Hand brach ich aus meinem Gefängnis aus.

Der Tunnel zog sich zehn Schritt in die Länge. Es wäre bequemer gewesen, ihn auf allen vieren zu durchkriechen, aber das hätte mich meine Kampfbereitschaft gekostet. Deshalb musste ich gekrümmt rennen.

Irgendwann teilte sich der Tunnel. Ich bog nach links, einfach weil der Tunnel hier kürzer war und sich bald verbreiterte.

Der Raum, in den ich gelangte, war etwas größer als meine Zelle, diente aber genau dem gegenteiligen Zweck: Hier war die Wache untergebracht. Eine Wand nahm ein riesiger Bildschirm ein, auf dem grelle, in die Augen schneidende Farben flackerten. Wahrscheinlich unterschied sich mein Sehvermögen von dem der Alari, so dass ich auf diesem Bildschirm weder meine Zelle noch die Leiche des erwürgten Aufpassers zu erkennen vermochte. Neben einem hermetisch abgeschlossenen Fass standen zwei weitere Nachttöpfe auf dem Boden, dazu ein Behältnis mit dem Zeug, das sie mir zu essen gaben.

Immerhin konnte ich mich hier zu voller Größe aufrichten.

Mitten im Zimmer stand ein »Bett«, das dem glich, an das ich geschnallt gewesen war. Auf ihm lag reglos ein Alari, der dem Getöteten glich wie ein Ei dem anderen. Wie unvorsichtig sie waren! Und wie vorteilhaft das für mich war!

Mich lautlos auf nackten Füßen vorwärtsbewegend, trat ich an den Alari heran und presste ihm die Schnur quer über den Hals. Er zuckte nur einmal, denn ich hatte kein Risiko eingehen wollen. Als das Wesen verstummte, fiel von ihm ‚ebenfalls ein Klumpen Protoplasma ab, und ich wiederholte die Prozedur von vorhin.

Unvermeidliche Verluste. Bei der Waldrodung fallen immer kleine Holzpartikel an. Wenn ich es nicht schaffte zu fliehen, würden die Verluste nur noch dramatischer ausfallen. Dann müsste es heißen: Bei einem Waldbrand ...

Ich durchsuchte das ganze Zimmer, fand jedoch nichts, was mir helfen konnte. Einen zweiten Nachttopf brauchte ich nicht, und dieses Zeug essen, das direkt neben dem Behälter für die Exkremente stand, das wollte ich nicht.

Also zurück. In den Tunnel rechter Hand.

Hier musste ich ziemlich lange gehen. Das fremde Schiff erwies sich in der Tat als riesig. Das heißt, falls man mich nicht angelogen hatte und ich mich wirklich im All befand, auf einem Schiff ...

Mit jedem Moment begriff ich besser, dass meine Flucht der reine Wahnsinn war: Ständig würde ich auf verschlossene Luken stoßen - die ich nicht würde öffnen können. Es würde von Alari wimmeln - und mit allen auf einmal könnte selbst ich es nicht aufnehmen.

Inzwischen gab es jedoch keinen Weg zurück.

Als ich die nächste Luke in der Wand entdeckte, vermochte ich schon keinen klaren Gedanken mehr zu fassen. Sollte ich weitergehen oder die verschlossene Luke aufbrechen? Spielte das überhaupt eine Rolle? In einem Labyrinth existiert kein sicherer Weg, da bieten sich einem nur Möglichkeiten.

Eventuell bekam ich die Luke ja auch gar nicht auf. Zumindest diese Möglichkeit würde ich gleich ausschließen.

Ich legte die Hand auf die Luke. Ich zog sie zu mir, nach links, nach rechts, nach oben und nach unten. Nichts rührte sich.

Daraufhin klopfte ich einfach an.

Ebenfalls nichts.

Ich stand vor der Luke, die womöglich in die Freiheit führte. Wütend knallte ich mit dem Topf gegen sie. Ein bulleriger Ton entstand. Dann ging ich weiter durch den Tunnel.

Bis ich hörte, wie hinter mir die Luke geöffnet wurde.

Nein, wenn ich jetzt über die Alari herfallen würde, käme ich nicht ungeschoren davon. Insofern wäre es reinste Zeitverschwendung.

Aber dann ragte in der geöffneten Luke gar kein Alari auf, sondern der Mann, der mir die Jacke geschenkt hatte.

Wir konnten einander nicht verstehen.

In dem Raum, in den mich der Mann gebracht hatte, standen mehrere Betten und Stühle - voller Vergnügen erinnerte ich mich daran, dass zum Sitzen spezielle Möbelstücke entwickelt worden waren. Der Raum selbst war größer als meine Zelle, auf dem Boden lagen verschiedene Sachen ... Diese Menschen waren keine Gefangenen, sondern Gäste, wenn auch nicht gerade sonderlich geschätzte. Alles hier wirkte richtig, normal.

Aber sie konnten mich nicht verstehen.

Sie sprachen alle mit mir, der Mann, die Frau und der Alte. Anscheinend in unterschiedlichen Sprachen. Sie wollten mich unbedingt verstehen ... genau wie ich sie. Doch die unbekannten Laute lösten keinerlei Echo in meinem Gehirn aus. Leider.

Waren wir einander also auch fremd? Obwohl wir uns so ähnlich sahen?

Der Alte fasste mich beim Arm und zeigte auf die Schnur. Ich spannte die Schnur und machte eine Bewegung, als zöge ich sie jemandem um den Hals.

Sie verstanden und redeten aufgeregt miteinander. Ich wartete. Selbst wenn wir aus unterschiedlichen Welten waren - wir ähnelten uns einfach zu sehr, um Nicht-Freunde zu sein. Der Mann hatte mir sogar seine Jacke gegeben, die Frau hatte mein Gesicht mit dem größtmöglichen zärtlichen Mitleid berührt, das sie sich in Anwesenheit des Alari herausnehmen durfte.