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»Du Blödian, du bist echt bescheuert ...«, murmelte ich.

Der Zähler vibrierte leicht und rollte herum. Er ähnelte einer großen Wassereidechse ... nein, eher einem Gürteltier. Ein warmblütiges, angeblich eierlegendes Wesen ... Viel wussten wir nicht über unsere himmlischen Nachbarn.

»Verrat mir mal, was ich jetzt mit dir machen soll«, sagte ich. Hinter mir fiepte der Rechner und verlangte nach einer neuen CD. Er würde sich gedulden müssen. Mit den lebenswichtigen Informationen hatte ich ihn bereits gefüttert.

Endlich reckte der Reptiloid seinen kurzen Hals und hob den kleinen, dreieckigen Kopf, den er bisher auf dem Bauch gebettet hatte. Er blinzelte und hob die graue Nickhaut.

Die Augen des Zählers waren von zartem Blau und geschlitzt.

»Dir kann das völlig egal sein«, brachte ich heraus, wobei ich versuchte, woanders hinzusehen. »Aber mir droht ein Prozess. Wegen Entführung eines Aliens. Wer wird mir denn glauben, dass du selbst ins Schiff gekrochen bist?«

Der schmale Mund des Reptiloiden öffnete sich und entblößte gleichmäßige Kauplatten.

»Ni-ni-ni ...«, zischelte der Zähler.

Ein Krampf packte mich. Ich zuckte und schlingerte, bremste erst an der Decke ab, hing über dem Schrank und richtete die Pistole auf den Reptiloiden.

»Nicht töten ...« Das Wesen, das hätte wahnsinnig sein müssen, klammerte sich mit den Pfoten an dem Beutel mit meiner Paradeuniform fest. Knisternd zerriss das Polyäthylen. »Mensch, nicht mich töten, es ist für uns bei-de wich-tig.«

Was kosteten den Reptiloiden diese Worte, bei seiner winzigen Lunge und den nicht entwickelten Stimmbändern? Sie kommunizierten normalerweise ausschließlich mit Elektroimpulsen, diese Zähler. Diese lebenden Computer des Alls. Auch sie waren Diener, genau wie wir.

Nur dienten sie schon länger.

»Ich bit-te dich, Mensch ...«

Für ihn stellten diese Worte einen Schrei dar. Einen gequälten Aufschrei, ausgestoßen in einem ihm völlig fremden Kommunikationssystem. Verfügte er über ein Gehör, um meine Antwort zu verstehen?

Und was konnte ich ihm überhaupt antworten?

Was uns James McNamara, der Captain der Explorer beim Einführungsvortrag für die Astrokurse erzählt hatte? Jener Mann, der den ersten Kontakt hergestellt hatte ...? Wie er uns etwas erzählt hatte, das alle bereits wussten? Nämlich dass die Hyxoiden nach dem Jump den Verstand verlieren und die Alari ins Koma fallen ... Dann hatte er jedoch noch etwas hinzugefügt, das er niemals in der Öffentlichkeit gesagt hätte: »Wir haben befürchtet, diese Reaktionen würden den Tod der Menschheit bedeuten. Vielmehr hat sich jedoch herausgestellt, dass genau darin ihre Rettung lag. An dem Tag, an dem die Außerirdischen es gelernt haben, den Jump zu ertragen, verliert die Erde ihre Unabhängigkeit.«

Nun war es da, dieses Ende der Unabhängigkeit. Vor mir kauerte ein Zähler - der nach dem Jump nicht verrückt geworden war.

»Ich bin ein Freund ...«, zischelte der Reptiloid. »Ich bin ein Freund. Ich bin ein Freund ...«

Zwei

Das Komplizierteste im Raum ist nicht der Flug. Das Komplizierteste ist die Orientierung. Selbst im erdnahen Orbit ist das eine sehr verantwortungsvolle Prozedur. Was sollte man da erst vom interstellaren Raum sagen?

Mein Vogel orientierte sich an sechs Sternen. Zunächst stellte ich den Sensor grob auf Sirius ein, und der Rechner glich sein Spektrum penibel mit den Normweiten ab und stimmte schließlich dahingehend mit mir überein, dass es sich hier um Sirius handelte. Anschließend richtete ich die Fähre mit ein paar Stößen der Steuerungstriebwerke auf Fomalhaut aus. Von jetzt an würde der Computer allein zurechtkommen. Sechs Orientierungspunkte. Und Berechnungen - Millionen, Milliarden von Operationen, um jene Kette von Sprüngen zu ermitteln, die meine Spiral ins Sonnensystem bringen würden, und zwar zur Erde.

Wenn meine Fähre nach dem Sprung irgendwo in der Nähe des Mars herauskommen würde, gäbe es für mich wahrscheinlich noch Rettung. Brächte mich der lump in die Nähe des Pluto, würde ich einen Wiederholungssprung versuchen müssen, dergleichen passiert relativ häufig. Aber manchmal versiegt die Energie oder der Sauerstoff, bevor das Schiff wieder in die Erdatmosphäre eintritt. Mitunter fallen die Piloten nach einer Sprungserie auch in eine Hyperraumeuphorie. Und leiten endlose Sprünge ins Nichts ein, einen Jump um des Jumps willen, bis ihre Energie völlig verbraucht ist ...

Ich drehte mich im Sitz um und betrachtete den Reptiloiden. Der Zähler hockte auf dem Zylinder des Jumpers, eine unheimliche Gestalt, fast so was wie ein kleiner, lebendiger Wasserspeier.

»Wie soll ich dich nennen?«, fragte ich.

Ich glaube, er dachte erst darüber nach, dies jedoch verdammt schnell, denn die Antwort hatte er quasi sofort parat.

»Nenn mich Karel.«

»Das ist ein Menschenname.«

»Stimmt. So hieß der erste ...« Eine Pause, der Reptiloid atmete tief ein, um den Satz zu Ende bringen zu können. »... Vertreter eurer Rasse ... zu dem wir Beziehungen aufgebaut haben.«

»Und du glaubst, das reicht als Grundlage, um diesen Namen anzunehmen?«

»Ja. Oder etwa nicht?«

»Was spielt das schon für eine Rolle?« Ich zuckte mit den Achseln.

Die warmblütige, eierlegende Echse namens Karel sah mich mit durchscheinenden, hellblauen Augen an. Und zwar erwartungsvoll.

»Ich bin Pjotr.«

»Ist dieser Name deinen religiösen Überzeugungen geschuldet?«

»Was? Nein, das ist einfach ein Name.«

»Gut.«

Das Shuttle bebte erneut, als es sich drehte. Eine behäbige und ungelenke Kursänderung. Das redete man nicht schön, das Steuerungssystem hatte nun mal sein halbes Jahrhundert auf dem Buckel. Gewiss, es war kontinuierlich entwickelt und verbessert worden - doch egal, wie sehr man sich anstrengt, aus einem Shiguli macht niemand einen Mercedes.

»Brauchst du Hilfe?«, wollte der Reptiloid wissen, wobei seine Worte nur ansatzweise eine fragende Intonation färbte.

»Welcher Art?«

»Bei den Berechnungen.«

»Danke, ich komme schon klar.«

»Ich würde mich aber gern nützlich machen.«

Na, herrlich! Da hatte ich mir ja einen schönen Co-Piloten aufgehalst!

»Ich brauche dich nicht. Was zum Teufel hast du überhaupt auf meinem Schiff verloren?«

Der Zähler zog den dreieckigen Kopf ein, als sei er verlegen.

»Pjotr, ich bringe wichtige Informationen.«

»Wichtig - für wen?«

»Für die Menschen.«

Ich nickte. Präziser ging’s ja nicht. »Und von wem stammen die Informationen?«

»Von den Zählern.«

»Du hältst mich doch nicht etwa für einen Einfaltspinsel? Ihr seid schließlich kein völlig unbeschriebenes Blatt für uns.«

»Was soll das heißen?«, zischelte der Reptiloid.

»Eure Stimme ist im galaktischen Konklave nicht ausschlaggebend. Verschiedene Planeten haben kollektiv die Vormundschaft über euren übernommen, das Sagen haben bei euch vor allem Hyxi und Daenlo. Was solltet ihr der Menschheit da schon bieten können?«

»Stärke und Macht.«

Die zarte Stimme des Reptiloiden klang gleichmütig und monoton. Anscheinend bereitete es ihm Schwierigkeiten, Gefühle hineinzulegen.

»Du lügst doch, Zähler.«

»Karel.«

»Von mir aus. Du lügst, Karel. Die Menschheit braucht keine Hilfe.«

»Euer Planet genießt im Konklave auch nur Beobachterstatus. Ihr seid verpflichtet, Hyxi und Daenlo zu konsultieren. Die starken Rassen glauben, diese Lösung sei bequemer, als die Erde unter ihr Protektorat zu stellen, und profitabler, als sie zu vernichten. Ihr habt das Recht, Kolonien zu gründen, aber nur, nachdem alle Rassen mit ausschlaggebender Stimme auf den zur Debatte stehenden Planeten verzichtet haben. In den letzten zwanzig Jahren ist nicht ein von Menschen entdeckter Planet der Erde zugesprochen worden.«