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»Gehen wir«, drängte Tag mich.

Wir steuerten ein paar freie Spinde an. Katti und Tag begannen sofort, sich auszuziehen, ich zögerte kurz.

Das ist normal, flüsterte ich mir schließlich zu und fing ebenfalls an, mich zu entkleiden. Um mich herum gab es ein solches Übermaß an nackten Körpern, dass mein Verstand voller Panik jenes Gefühl, das Katti als Schamhaftigkeit bezeichnet hatte, verleugnete.

»In die Hurrikan-Halle oder in die Meer-Halle?«, wollte Tag von Katti wissen.

Katti hatte sich bereits ausgezogen und ihren Schrank zugemacht - ich bemerkte, dass es in der Tür kein Schloss gab - und ließ sich die Frage nun durch den Kopf gehen.

»Erst ins Meer. Niki muss sich wieder daran gewöhnen.«

Ohne Widerspruch folgte ich ihnen. Weder einen Hurrikan noch das Meer hätte ich mit einem Dampfbad assoziiert.

Zusammen mit einem Dutzend anderer nackter Besucher gingen wir durch einen schmalen Gang. Sowohl der Steinfußboden als auch die Steinwände verströmten Wärme, ab und an klafften in den Wänden schmale Schlitze, aus denen uns heiße Luft entgegenschlug. Das Licht war hier bereits künstlich, gespendet von matten Lampen an der hohen Decke. Niemand sagte ein Wort, alle waren ernst, als bereiteten sie sich auf ein wichtiges Ritual vor, und das Patschen der nackten Füße auf dem Boden verschmolz zu einem seltsamen Rhythmus, einer urwüchsigen Begleitmusik für die kommende Handlung. Der Boden unter den Füßen war zwar immer noch heiß, wurde jetzt aber feucht. Irgendwo musste Wasser hinuntertröpfeln, das dann ungehindert vorwärts floss, da der Boden anscheinend ganz leicht, fürs Auge nicht fassbar abfiel.

Obwohl mich die Teilnahme an dieser Prozession in Bann schlug, fand ich Gelegenheit, mich verstohlen umzusehen. Männer und Frauen waren zu annähernd gleichen Teilen vertreten, die meisten jung, etwa in unserem Alter. Sehr viele schöne Frauen. Die Menge teilte sich klar in einzelne Gruppen von Leuten, die zusammen gekommen waren, aber selbst innerhalb einer solchen Kleingruppe berührte niemand einen anderen. Als ein Mann stolperte, fiel er ebenso ungeschickt wie schmerzhaft aufs Knie, obwohl ich hätte schwören können, dass er sich zu halten vermocht hätte, wenn er nach dem Oberarm seines neben ihm gehenden Freunds gegriffen hätte.

Heiße Luft wehte. Es roch nach Salz und Jod, als ob vor uns wirklich das Meer läge. Ein glühendes, fast kochendes Meer. Das Wasser unter unseren Füßen nahm zu, und ich setzte meine Schritte vorsichtiger.

Der Gang endete abrupt, öffnete sich in einen Raum, der mich an das Schiff der Alari erinnerte. Auch er wirkte wie die Nachbildung einer Höhle und wies eine Steinverkleidung auf. Allerdings fiel durch die Fenster Licht. Der Boden war mit grobkörnigem weißen Sand bestreut, hier und da schimmerten Muscheln und sogar kleine Bruchstücke von Korallen. Der Sand war zu unzähligen kleinen Hügeln aufgeschüttet, zu Dünen, auf deren Spitze Menschen saßen, standen und lagen. Von irgendwoher blies heißer Wind, die Hitze war inzwischen jedoch so stark, dass er Erleichterung mit sich brachte. In Gedanken schätzte ich die Temperatur auf das Doppelte der Temperatur eines gesunden Körpers.

»Niki!«

Ich folgte Katti und Tag auf eine kleine Sanddüne und ließ mich dort im Schneidersitz nieder. Wir saßen da, die Gesichter einander zugekehrt, eine von unzähligen Gruppen. Heiße Windstöße strichen über unsere Körper.

»Wie gefällt’s dir?«, erkundigte sich Katti.

Ich versuchte, sie nicht anzusehen. Hundertprozentig half diese therapeutische Maßnahme nämlich doch nicht. Mich irritierte allein schon die eigene Nacktheit - von ihrer ganz abgesehen.

»Es ist interessant«, antwortete ich ausweichend.

»Genieß es«, riet Katti. »Entspann-dich-sei-wachsam und genieß es ...«

Mit geschlossenen Augen folgte ich dem Befehl.

Eigentlich war es angenehm.

Mein Körper hatte sich zwar zunächst gesträubt, als er in diesen gigantischen Backofen gesteckt wurde, nach und nach wirkte die Hitze jedoch angenehmer. Ich schwitzte, aber die heiße Luft trocknete den Schweiß im Nu. Der Sand strömte langsam unter den Windböen dahin, sammelte sich um meine Beine, verbrannte meine Haut.

Wie gut das tat ...

»Niki!«

Ich öffnete die Augen. Katti und Tag hatten sich bereits erhoben.

»Gehen wir«, forderte mich Tag auf. »Wir sollten uns jetzt einer anderen Temperatur aussetzen.«

Wir umrundeten die Sandhügel, auf denen die nackten Körper schwitzten und dörrten, und gingen zum gegenüberliegenden Ende des Raums. Dort gab es ein kleines Wasserbecken, einen kleinen See, zu dem sich das über die Wand strömende Wasser gesammelt hatte; von dort aus strömte das Wasser durch einen in die Wand eingelassenen Tunnel weiter.

»Ohoho«, kreischte Tag und lief los. Mit einem Kopfsprung tauchte er in den See. Wir folgten ihm. Das Wasser brannte, so eisig war es, fast als sei es nicht über erhitzte Wände geflossen. Ich tauchte wieder auf und saugte gierig die Luft ein. Tag hielt bereits auf den Tunnel zu, wobei er sich gänzlich von der Strömung treiben ließ.

»Ihm nach ...« Katti tauchte neben mir aus dem Wasser auf. Unsere Körper berührten sich beinahe. »Niki!«

»Ich schwimme«, sagte ich.

Der Strom brachte mich durch den Tunnel. Die Wände, die im ersten Stück aus Stein bestanden, wurden plötzlich durchsichtig. Jetzt schwammen wir in einer der Glasröhren, die über den Pfaden hinwegführten. Unter uns gingen Leute ... anscheinend sah uns niemand, die Transparenz musste also einseitig sein.

»Wechselbäder wirken sich positiv auf den Organismus aus!«, klang die Stimme der hinter mir schwimmenden Katti zu mir herüber.

Konnte sie nicht einfach mal »klasse« sagen?

Die Strömung ließ nach, wir wurden in einen weiteren Raum gespült. Ich tauchte das letzte Stück des Tunnels und fand mich anschließend in einem neuen Becken wieder.

Oho!

Das Wasser war hier ebenfalls kalt. Aber der Wind ...

War das die Hurrikan-Halle? Bestimmt!

Der Fußboden war aus Stein, vereinzelt waren allerdings Holzstücke eingelegt. Das erwies sich als ausgesprochen umsichtig, denn meine Fußsohlen verbrannten bereits beim ersten Schritt. Windböen zwangen uns zu blinzeln und uns zu ducken.

Sand gab es hier natürlich keinen. Er wäre innerhalb von einer Minute an die Wände gefegt worden. Statt der Sanddünen erhoben sich hier Steinklötze mit hölzerner Sitzfläche. Wir erklommen eiligst den nächsten freien Stein und kauerten uns oben zusammen.

»Hier darf man nicht lange bleiben!«, schrie mir Tag zu. »Drei Minuten, maximal fünf!«

»Gut zu wissen!«, brüllte ich, um das Tosen des Winds zu übertönen. Ich hatte den Eindruck, das Wasser aus meinem Körper werde buchstäblich herausgesaugt. Die drei gesprochenen Worte hatten mir den Mund völlig ausgetrocknet, und ich musste schlucken, um neuen Speichel zu produzieren.

»Ein Dichter hat den vollständigen Zyklus der Prozeduren im Dampfbad einmal mit der Menschheitsentwicklung verglichen!«, sagte Katti. »Der Sieg über die feindlichen Naturgewalten, die Eiseskälte und die Flammen, die entschlossene Bewegung und schließlich der Zustrom neuer Kräfte und die Liebe zum Universum!«

»Ein nicht gerade angenehmer Entwicklungsprozess«, flüsterte ich, eher an mich selbst gerichtet.

»Was?«, fragte Katti.

»Ich glaube, wenn man den Wind vermindert und die Temperatur senkt, würde die Natur nicht ganz so feindlich erscheinen!«, rief ich.

Fünf

Ich weiß nicht, warum mein Körper sich derart leicht anfühlte. Vielleicht rührte das vom segensreichen Einfluss der Dampfbadprozeduren her, vielleicht von der Freude darüber, dass sie vorüber waren.

Die zweite Version kam mir weit überzeugender vor.