Выбрать главу

Klapp-klapp! Klapp-klapp! Klapp-klapp ...

Jael runzelte verwirrt die Stirn, drehte sich zu dem abgeschlagenen Kopf des Untoten um – und sog scharf die Luft ein, als sie sah, dass die Kiefer des Schädels wieder aufeinander schlugen, als wäre noch immer Leben in dem abgetrennten Kopf.

Und dann begann sich auch der kopflose Torso des Toten auf einmal wieder zu regen; erst zuckten seine dürren, spinnenbeingleichen Finger mit den schartigen gelben Nägeln über die Erde. Dann stützte sich der Untote auf dem Boden ab, rappelte sich schwankend, mit zittrigen Beinen auf und tastete sich kopflos und mit ausgestreckten Armen auf sie zu, während die Kiefer des Schädels ein paar Schritte weiter immer wieder aufeinander schlugen.

Klapp-klapp! Klapp-klapp! Klapp-klapp ...

Zara blinzelte unmerklich. Dann glitt die Schwerklinge beinahe wie von selbst in die Höhe. Doch gerade, als sie erneut zuschlagen und den Rumpf des Untoten mit einem waagerechten Hieb in zwei Hälften spalten wollte, nahm sie in den Augenwinkeln eine Bewegung wahr.

Plötzlich tauchte ein deformierter, halb verwester Schädel aus dem grün wabernden Nebel auf, die Haut fleckig und schwarz, die Augäpfel wie Gelee aus den Höhlen quellend, und wie bei dem ersten Untoten richtete sich der Blick der verfaulten Augen sogleich auf die Gefährten und war voller Gier. Sein Mund schnappte auf und zu, wobei sich die verschrumpelten Stränge der Kaumuskeln wie Würmer unter der stockfleckigen Haut bewegten.

Auch die Erde anderer Grabstätten geriet in Bewegung. Kleine Hügel wuchsen auf den verschneiten Grabflächen wie Vulkane, die kurz vor dem Ausbruch standen. Bei einem Grab stießen zwei skelettierte Hände gleichzeitig an die Oberfläche, gefolgt von einem beinahe vollkommen blanken Totenschädel, der nur noch von den kläglichen Überresten verfaulten Gewebes auf dem Hals gehalten wurde, und Falk machte: „O-oh...“

Drüben beim Friedhofstor begann Wigalf zu lachen, ein hohes, gehässiges Gackern, das seine ganze Bosheit beinhaltete. Er lachte, lachte sie aus, weil sie ihm so blauäugig hierher gefolgt waren.

Ehe Zara ihrer Wut nachgeben und sich auf ihn stürzen konnte, spürte sie die Klauen des Kopflosen an ihrem Arm, hart und kalt wie der Tod selbst, und dann hörte der abgetrennte Kopf des Untoten mit einem Mal mit dem Kieferklappern auf und stieß einen hohlen, gurgelnden, irgendwie wütenden Laut aus, und die anderen Untoten folgten seinem Ruf!

Begleitet vom vielstimmigen Seufzen und Stöhnen verwester Stimmbänder und abgefaulter Zungen entstiegen zwei Dutzend Tote ihren Gräbern, vermoderte Gestalten in unterschiedlichen Stadien der Verwesung. Während einige aussahen, als hätten sie noch keinen Monat in der Erde gelegen, gab es andere, an deren Skeletten bloß noch zerfetzte fleckige Reste von Fleisch und Haut hingen; teuflische knöcherne Fratzen mit abgefaulten Nasen und abgefressenen Ohren; leere und weniger leere Augenhöhlen unter scharf hervorspringenden Stirnknochen; ledrige Arme mit zu Klauen gekrümmten Fingern, unter deren schartigen langen, gelben Nägeln noch Reste der Friedhofserde klebten, durch die sie sich an die Oberfläche gegraben hatten; seelenlose Kreaturen, einzig und allein vom Wunsch nach dem Fleisch der Lebenden erfüllt...

Der Grauen erregende Anblick der ihren Gräbern entsteigenden Toten lenkte Zara einen Moment lang ab. Dann griff der Kopflose blind und dennoch mit erschreckender Genauigkeit nach ihrer Kehle, und als wären die knochigen, kalten Skelettfinger an ihrem Hals nötig, um sie zum Handeln zu bringen, schüttelte Zara ihre Lethargie ab, zog ihr zweites Schwert aus der Scheide hinter ihrer rechten Schulter und ließ die Klinge in einer einzigen fließenden Bewegung nach unten sausen, ohne Übergang, ohne Verzögerung.

Der blitzende Stahl trennte den Arm des Zombies in Höhe! des Ellbogens ab, doch die Totenhand weigerte sich trotzdem, Zara loszulassen, und die Finger drückten ihr die Kehle zu, während der Untote mit der anderen Hand nach ihr griff, als wäre nichts geschehen.

Zara machte kurzen Prozess, schlug dem Zombie den zweiten Arm knapp unterhalb der Schulter ab, riss den anderen von ihrer Kehle und schleuderte ihn von sich. Der Arm landete ein paar Schritte weiter zwischen zwei Grabsteinen mit der Handfläche nach oben, und die Finger zuckten wie! die Beine einer auf dem Rücken liegenden Spinne, noch immer so lebendig, als säße der Arm nach wie vor am Körper.

„Das gibt’s doch nicht!“, murmelte Falk fassungslos; seine Bemerkung galt ebenso Zara und dem abgetrennten Arm wie auch den auferstandenen Leichen, die überall aus ihren Gräbern stiegen und über den Friedhof von allen Seiten auf sie zukamen, eine Wand aus toten und doch nicht toten Leiern; Kreaturen des Schreckens, beseelt von finsterster Magie. Falks Kehle wurde eng vor Angst. „Das kann‘s doch nicht geben! Ich kann das einfach nicht glauben ...“

„Glaub es besser!“, zischte Jael neben ihm und zog ihr Schwert aus der Schneide. „Glaub es – und kämpf um dein Leben!“

Falk starrte sie einen Augenblick lang benommen an, so als habe er sie nicht richtig verstanden. Dann tauchte rechts von ihm ein Untoter mit grotesk eingefallenen Wangen und grauer Haut auf, der Hals gezeichnet von einem wulstigen Schnitt, wo dem Toten die Kehle aufgeschlitzt worden war. Die gallertartigen weißen Augäpfel des Toten starrten Falk mit dem gleichen Ausdruck an, mit dem ein Verhungernder ein saftiges Stück Fleisch betrachtet. Die verfaulte, aufgedunsene Zunge des Untoten zuckte wie ein dicker schwarzer Wurm aus der klaffenden Höhle seines Mundes, als sich der Zombie voller Vorfreude auf sein Mahl die rissigen, aufgequollenen Lippen leckte und knurrend und grummelnd auf Falk zugestolpert kam. Der zog sein Messer aus dem Gürtel und wedelte damit wild vor sich herum.

„Na los, Madenfutter!“, rief er. „Kommt her, und ich schlitze euch auf wie Fische!“ Doch das, was verwegen klingen sollte, hörte sich allenfalls ängstlich an, und dazu ab es auch allen Anlass, denn als Zara den Blick über den Totenacker schweifen ließ, spürte sie, wie sich in ihr etwas regen begann, das sie schon seit langem nicht mehr verspürt hatte: Furcht. Das hier waren keine dahergelaufenen Attentäter; das hier waren Zombies, Untote, von verderbter Magie zum „Leben“ erweckt, die weder Schmerz noch Tod kannten, denen Erbarmen und Gnade ebenso fremd waren wie Reue oder Mitleid. Sie hatten keine Gefühle, gleich welcher Art. Sie konnten nicht denken. Sie waren Kreaturen ohne Verstand, denen alles Menschliche im Augenblick ihres Todes verloren gegangen war.

Überall um sie herum wankten und schwankten die Toten durch den Nebel auf ihre Opfer zu, eine schlurfende, geifernde Horde, die in geistloser Gier ihre Hände nach den Gefährten ausstreckten. Diese drängten sich inmitten des Gräberfeldes Rücken an Rücken dicht zusammen, die Waffen kampfbereit, und versuchten, nicht den Mut zu verlieren.

Thor, zwischen Zara und Falk, zog die Lefzen zurück und enthüllte knurrend sein mächtiges Gebiss, eine Bärenfalle riesiger elfenbeinfarbener Zähne, das dichte Nackenfell gesträubt. Seine Raubtieraugen glitten unermüdlich hin und her, während er die Untoten wütend anknurrte.

Die Zombies kamen näher, ein geschlossener Kreis aus halb verfaulten Leibern, der sich mit jedem Augenblick enger um sie zusammenzog. Noch zehn Schritte trennten sie von den Untoten.

Sieben.

Fünf ...

Es war Thor, der als Erster zum Angriff überging. Sein Knurren wurde zu einem aggressiven, tiefen Brüllen, seif Muskeln spannten sich, und dann sprang er dem erstbeste Untoten mit einem so gewaltigen Satz an, dass er den Zombie durch die Wucht des Aufpralls zu Boden riss. Der Untote stürzte ungelenk auf eines der Gräber und versuchte sich mit steifen, unbeholfenen Bewegungen wieder aufzurappeln. Da schlossen sich die gewaltigen Kiefer des Wolfes um seinen Kopf, der beinahe gänzlich im Maul des Tieres verschwand, und zermalmten den verwesten Schädel. Ein lautes Knirschen und Knacken war zu hören, als die morschen Knochen zerbrachen.