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Jael und Falk warfen sich einen Seitenblick zu, in dem ebenso Furcht wie Entschlossenheit lag. Dann nickte die Seraphim den Menschen zu, stürzte sich mit gezückter Klinge auf die nächstbesten Untoten und überließ Falk sich selbst, der die näher kommenden Zombies einen Moment lang mit ängstlichem Blick anstarrte, bevor er sich innerlich einen Ruck gab, die Finger fester um den Griff seines Messers krampfte – und entsetzt Augen und Mund aufriss, als sich die Kiefer eines Untoten, der sich unbemerkt und ungesehen aus dem Grab unmittelbar hinter ihm gewühlt hatte, um seine Schulter schlossen.

Falk schrie auf. Der Schmerz schoss durch seinen rechten Arm bis in die Fingerspitzen, und er ließ das Messer fallen. Durch den siedenden Schmerz, der ihn gleichzeitig lähmte und innerlich in Brand steckte, nahm er es kaum wahr. Er wankte benommen, kämpfte um sein Gleichgewicht, während der Untote – ein dicklicher Kerl mit leeren Augenhöhlen und einem mit dunklen Leichenflecken übersäten Schädel – an seiner Schulter hing und nicht von ihm lassen wollte.

Falk hätte nicht für möglich gehalten, dass es einem Menschen möglich war, solche Schmerzen zu ertragen – einem Gott vielleicht, aber keinem einfachen Menschen, wie er einer war. Die Pein war so gewaltig, dass Falk die Tränen in die Augen schössen.

Mit letzter Kraft riss er sich los, schrie erneut gellend auf, als eine weitere Schmerzwelle durch seinen Körper toste, und taumelte vorwärts. Er rang würgend nach Luft, schwarze Schleier vor den Augen, und taumelte weg von dem Toten, der seinem Opfer schlurfend folgte, einzig von Wunsch beseelt, zu fressen. Falk versuchte vor dem Untoten zu fliehen, eine Hand auf die schmerzende Schulter gepresst, ohne zu registrieren, wohin er trat, während ihm der Zombie ohne Hast, aber unbeirrbar folgte.

Falk sah sich benommen nach seinen Gefährten um. Zara und Jael kämpfen ein paar Meter weiter gegen die Untoten, unterstützt von Thor, der wie ein Irrwisch zwischen den Zombies umhersprang und seine mächtigen Zähne immer wieder knurrend in untotes Fleisch grub.

Falks Lippen formten bereits einen Hilfeschrei, doch in diesem Moment gaben seine Beine unter ihm nach, und er stürzte zu Boden, direkt auf eins der Gräber.

Seine Lider flatterten, und die Verlockung, einfach die Augen zu schließen und zu vergessen, war so groß und überwältigend, dass man ihr nur nachgeben konnte.

Da fiel der Schatten des Untoten auf ihn, der ihn inzwischen erreicht hatte, und Falk riss die Augen wieder auf, als der Zombie knurrend und geifernd die Klauen nach ihm ausstreckte, die knochige Totenfratze eine Maske unbändiger Gier.

Falk hatte nicht mehr die Kraft, wegzukriechen; sein ganzer Körper schien vor Schmerz wie gelähmt. Er hoffte nur noch, dass es schnell gehen würde; allein der Gedanke daran, dass er Ela jetzt nie wieder sehen würde, ihr nie würde sagen können, was er für sie empfand, erfüllte ihn mit einer unsagbaren Traurigkeit.

Doch er tröstete sich damit, dass er sie ohnehin nicht hätte glücklich machen können. Er hätte ihr nie der Mann sein können, den sie verdiente. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er sie enttäuscht und sie gemerkt hätte, was für jein armseliger schwacher Wicht er war; es war immer bloß eine Frage der Zeit gewesen, bis die anderen feststellten, dass hinter seiner großen Klappe nicht viel steckte, sein ganzes Leben lang, seit dem unglückseligen Tag seiner Geburt...

Vielleicht, dachte er resigniert, ist es so am besten ...

In Erwartung des Todes schloss Falk die Augen.

„Falk!“, rief Zara.

Falk schlug die Augen wieder auf und drehte den Kopf schwerfallig in die Richtung, aus der ihre Stimme erklungen war, und er registrierte vage, dass die Vampirin ihm irgendetwas zuwarf, das als schwirrender Lichtreflex durch die Luft wirbelte. Instinktiv streckte er die Hand danach aus, um mehr zufällig als absichtlich genau im richtigen Moment zuzugreifen. Plötzlich hielt er Zaras Jagdmesser mit der langen Klinge zwischen den Fingern.

Im selben Moment ließ sich der Untote mit einem gierigen Knurren, wie ein wütender Köter, einfach vornüber auf ihn fallen, wie ein Baum, und die schnappenden Kiefer stürzten geradewegs auf Falks Gesicht zu.

Es war, als hätte ihm die Klinge in seiner Hand einen Hauch Überlebenswillen wiedergegeben; er war vielleicht kein Held, aber so zu sterben – bei lebendigem Leibe aufgefressen von einem Untoten –, das war sogar unter seiner Würde!

Im allerletzten Moment gelang es ihm, die Klinge mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, nach oben zu rammen, direkt in den Hals des Untoten. Doch die widerlichen Zähne des Zombies mahlten weiter, krachten rhythmisch aufeinander.

Falk hielt das Messer mit beiden Händen fest und drückte den Toten keuchend von sich weg, doch die knorrigen Finger des Zombies krallten sich in seinen Rock. Benommen vor Schmerz und Entsetzen riss Falk mit einem heiseren Wutschrei die Beine hoch und stieß den Untoten mit beiden Füßen angewidert von sich.

Als hätte er damit endgültig den letzten Rest Kraft verbraucht, sank Falk stöhnend nach hinten. Der Untote aber wollte sich wieder auf seine Beute stürzen und ...

Ein grauer Schatten sprang auf ihn zu, prallte gegen ihn, riss ihn nieder und weg aus Falks Sichtfeld. Der junge Mann hörte Thors wütendes Knurren, das Gurgeln des Untoten, das Zerreißen ledrigen Fleisches und das Knacken und Brechen von Knochen.

Reglos, mit Lidern, die flatterten wie Mottenflügel, lag Falk da und erwartete, dass die Ohnmacht nun über ihn hinwegtosen würde wie eine Woge aus schwarzem Vergessen, doch obwohl er sich nicht rühren konnte und die Welt um sich herum wie durch eine fettige Scheibe wahrnahm, blieb ihm der Segen der Bewusstlosigkeit verwehrt. Benommen, wie von Ferne, sah er, wie Zara und Jael mit wirbelnden Klingen durch die Reihen der Untoten schritten, doch selbst in seinem benommenen Zustand, irgendwo zwischen Wachsein und Ohnmacht, wusste er, dass es sinnlos war; sie konnten diesen Kampf nicht gewinnen, denn für jeden Zombie, den seine Gefährtinnen zerhackten, entstiegen zwei weitere Untote ihren Gräbern, um mit ausgestreckten Armen auf den Ort des Gemetzels zuzustolpern.

Beiläufig sah er, wie ein Zombie mit wallendem, speckigem grauen Haar Jael an den Schultern packte, und als sie sich umdrehte, um ihm den Kopf abzuschlagen, grub ein anderer Untoter seine Zähne in ihren linken Arm. Jael schrie auf, brachte ihren Schwerthieb jedoch zu Ende, köpfte den ersten Untoten und rammte seinem Kumpan dann den Griff ihres Schwerts mit solcher Wucht ins Gesicht, dass der Zombie mit zerschmettertem Kiefer zu Boden geschleudert wurde.

Er hatte ihr in den Arm gebissen, aber die Wunde war zum Glück nicht tief; sie blutete kaum.

Im nächsten Moment näherte sich ihr von der anderen Seite bereits der nächste Untote. Ein zweiter kam von rechts. Zwei weitere von hinten. Es war unmöglich, all diese Gegner gleichzeitig abzuwehren und ...

Falk wurde abgelenkt, als plötzlich der Schatten eines Toten auf ihn fiel, der riesig wie ein Baum über ihm emporragte. Beim Anblick des am Boden liegenden Mannes stieß der Zombie ein erdiges Brummen aus, stakste näher und streckte die Klauen nach Falk aus, der zwar alles sah und hörte, was geschah, sich aber völlig unbeteiligt fühlte, so als würde es nicht um ihn selbst gehen, als wäre er lediglich Zeuge dessen, was jemand anderem widerfuhr. Wie ein stummer Beobachter verfolgte er seltsam teilnahmslos, wie der Untote auf die Knie fiel, mit beiden Händen Falks rechten Arm umklammerte und gerade seine Zähne hineinschlagen wollte, als plötzlich Zara hinter ihm auftauchte und ihre Schwerter wirbeln ließ.

Dann war auch Jael da, und gemeinsam drängten sie den Untoten von Falk weg. Sie stellten sich neben ihrem verletzten Kameraden, um ihn gegen die stetig nachrückenden Zombies zu verteidigen. Falk sah seine Gefährtinnen vage – wie durch Nebel – über sich aufragen, und ihre Stimmen drangen gedämpft an sein Ohr.