Obwohl Thulin schmal für einen Vertreter seines Handwerks war, war er dennoch doppelt so muskulös wie die meisten Hofarbeiter. Er hatte das dunkle Haar und die braune Haut eines Schienarers und rasierte sich nach ihrer Tradition, aber er trug nicht den Haarknoten oben auf dem Kopf. Thulins Familie mochte ja ihre Wurzeln bis zu Kriegern aus den Grenzlanden zurückverfolgen, aber er selbst war ein einfacher Junge vom Land wie der Rest von ihnen. Er betrieb die Schmiede drüben in Eichenwasser, fünf Meilen im Osten. Während langer Winternächte hatte Renald viele Partien Steine mit dem Schmied gespielt.
Thulin kam in die Jahre - er war nicht so alt wie Renald, aber die letzten Winter hatten ihn veranlasst, vom Ruhestand zu sprechen. Das Schmiedehandwerk war kein Handwerk für einen alten Mann. Natürlich galt das Gleiche für die Landwirtschaft. Gab es wirklich ein Handwerk für alte Männer?
Thulins Wagen näherte sich auf der Straße, kam auf Renalds Garten mit dem weißen Zaun zu. Na, das ist ja merkwürdig, dachte Renald. Hinter dem Wagen kam eine ordentliche Reihe an Tieren: fünf Ziegen und zwei Milchkühe. An den Wagen waren Lattenkisten mit schwarzen Hühnern festgebunden, und auf der Ladefläche türmten sich Möbel, Säcke und Fässer. Thulins jugendliche Tochter Mirala saß neben ihm auf dem Kutschbock, daneben seine Ehefrau, eine blonde Frau aus dem Süden. Sie war seit fünfundzwanzig Jahren Thulins Frau, aber Renald bezeichnete Gallanha noch immer als »das Mädchen aus dem Süden«.
Die ganze Familie saß auf dem Wagen, führte ihr gesamtes Nutzvieh mit sich. Offensichtlich waren sie auf der Reise. Aber wohin? Vielleicht ein Besuch bei Verwandten? Er und Thulin hatten schon seit ... oh, drei Wochen keine Partie Steine gespielt. Nicht viel Zeit für Besuche, da der Frühling kam und die Saat bestellt werden musste. Jemand würde die Pflüge reparieren und die Sensen schärfen müssen. Wer würde das übernehmen, wenn Thulins Schmiedeofen erlosch?
Renald stopfte eine Prise Tabak in die Pfeife, als Thulin den Wagen neben seinem Zaun anhielt. Er wollte ihn begrüßen, aber Thulin sprach zuerst.
»Meinen besten Amboss habe ich in Gallanhas altem Erdbeerfeld vergraben, Renald«, sagte der große Schmied. »Du weißt doch noch, wo das ist, oder? Ich habe meine besten Werkzeuge dazugelegt. Sie sind gut eingefettet und liegen in meiner besten Truhe, aufgereiht, damit sie trocken bleiben. Das sollte den Rost fernhalten. Jedenfalls eine Weile.«
Renald hielt mit der Pfeife inne. Wenn Thulin seinen Amboss vergrub ... nun, dann bedeutete das, dass er für längere Zeit nicht zurückkehren würde. »Thulin, was ...?«
»Wenn ich nicht zurückkehre«, sagte Thulin und schaute nach Norden, »würdest du meine Sachen ausgraben und dich darum kümmern? Verkauf sie an jemanden, der sie zu schätzen weiß, Renald. Ich will nicht, dass jeder X-beliebige auf diesem Amboss herumhämmert. Du weißt, dass ich zwanzig Jahre gebraucht habe, bis ich dieses Werkzeug beisammen hatte.«
»Aber Thulin!«, stammelte Renald. »Wo willst du hin?«
Thulin wandte sich ihm wieder zu, legte einen Arm auf das Verandageländer. Der Ausdruck in seinen braunen Augen war ernst. »Da zieht ein Sturm herauf«, sagte er. »Also dachte ich mir, ich muss nach Norden ziehen.«
»Ein Sturm?«, fragte Renald. »Du meinst den am Horizont? Thulin, der sieht schlimm aus - verbrennt meine Knochen, aber das tut er, doch es ist sinnlos, davor weglaufen zu wollen. Wir haben schon früher schlimme Stürme überstanden.«
»So einen nicht, alter Freund«, sagte Thulin. »Das ist nicht die Art von Sturm, die man ignoriert.«
»Thulin?«, fragte Renald. »Wovon sprichst du?«
Bevor er antworten konnte, rief Gallanha vom Kutschbock. »Hast du ihm das mit den Töpfen gesagt?«
»Ach ja«, bemerkte Thulin. »Gallanha hat diesen Satz Töpfe mit den Kupferböden poliert, die deiner Frau immer so gefallen haben. Sie stehen auf dem Küchentisch und warten auf Auaine, falls sie sie haben möchte.« Und nach diesen Worten nickte Thulin seinem Freund zu und ging zu seinem Wagen zurück.
Renald saß wie erschlagen da. Thulin war immer unverblümt gewesen; er zog es vor, das zu sagen, was er zu sagen hatte, und dann zur Tagesordnung überzugehen. Das gehörte zu den Dingen, die Renald so an ihm gefielen. Aber der Schmied konnte auch wie ein Felsblock durch eine Horde Schafe durch eine Unterhaltung rollen und alle verblüffen.
Renald stemmte sich eilig in die Höhe, legte die Pfeife auf den Stuhl und folgte Thulin zum Wagen. Soll man mich doch zu Asche verbrennen, dachte er, als er wieder das braune Gras und die toten Büsche sah. Er hatte so viel Arbeit in diesen Garten gesteckt.
Der Schmied überprüfte die Hühnerkisten, die an seinem Wagen festgebunden waren. Renald holte ihn ein und streckte die Hand aus, aber Gallanha lenkte ihn ab.
»Hier, Renald«, sagte sie vom Kutschbock. »Nimm die.« Sie hielt ihm einen Korb mit Eiern entgegen; eine Strähne ihres blonden Haares hatte sich aus ihrem Haarknoten gelöst. Renald nahm den Korb entgegen. »Gib sie Auaine. Ich weiß, dass euch wegen der Füchse im Herbst ein paar Hühner fehlen.«
Renald nahm die Eier. Einige waren weiß, einige braun. »Ja, aber wo wollt ihr denn hin, Gallanha?«
»Nach Norden, mein Freund«, sagte Thulin. Er ging an Renald vorbei und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich schätze, dort wird sich ein Heer sammeln. Man wird Schmiede brauchen.«
»Bitte«, sagte Renald und fuchtelte mit dem Eierkorb herum. »Nehmt euch doch wenigstens ein paar Minuten. Auaine hat gerade Brot in den Ofen geschoben, einen dieser dicken Honiglaibe, die ihr so mögt. Wir können das bei einem Spiel Steine besprechen.«
Thulin zögerte.
»Wir sollten besser aufbrechen«, sagte Gallanha leise. »Der Sturm kommt näher.«
Thulin nickte. »Du solltest vielleicht auch nach Norden kommen, Renald. Falls du dich dazu entscheidest, bring alles mit, was du kannst.« Er hielt inne. »Du kannst gut genug mit deinen Werkzeugen umgehen, um kleinere Metallarbeiten auszuführen, also nimm deine besten Sensen und mach Stangenwaffen daraus. Deine besten beiden Sensen; nimm nicht die zweitbesten oder drittbesten. Nimm deine besten, denn das wird die Waffe sein, die du benutzen wirst.«
Renald runzelte die Stirn. »Woher willst du wissen, dass dort ein Heer ist? Thulin, soll man mich doch zu Asche verbrennen, ich bin kein Soldat!«
Thulin fuhr fort, als hätte er nicht zugehört. »Mit einer Stangenwaffe kannst du jemandem vom Pferd ziehen und erstechen. Und wenn ich so darüber nachdenke, vielleicht kannst du die drittbesten doch nehmen und dir ein paar Schwerter schmieden.«
»Was verstehe ich denn davon, Schwerter zu schmieden? Oder wie man mit ein Schwert handhabt, was das angeht?«
»Du kannst es lernen«, sagte Thulin und wandte sich dem Norden zu. »Jeder wird gebraucht, Renald. Jeder. Sie kommen, um uns zu holen.« Er schaute wieder Renald an. »Ein Schwert ist gar nicht so schwer herzustellen. Du nimmst die Sense und machst sie gerade, dann nimmst du ein Stück Holz als Parierstange, damit die feindliche Klinge nicht nach oben rutscht und in deine Hand schneidet. Du brauchst dafür größtenteils nur Dinge, die du bereits hast.«
Renald blinzelte. Er hörte auf, Fragen zu stellen, konnte aber nicht aufhören, sie zu denken. Sie drängten sich in seinen Verstand wie eine Viehherde, die versuchte, sich einen Weg durch ein einziges Gatter zu erzwingen.
»Bring dein Vieh mit, Renald«, sagte Thulin. »Du wirst es essen - oder deine Männer werden es essen -, und du wirst die Milch brauchen. Und wenn nicht, wird es dort Männer geben, denen du Rindfleisch oder Hammelfleisch verkaufen kannst. Lebensmittel werden knapp sein, wo doch so viel verdirbt und die Winterlager beinahe leer sind. Bring alles mit, was du hast. Bohnen, Trockenobst, alles.«