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„So ein friedlicher Flecken“, meinte die Hohepriesterin.

„Der Geist Cenarius’ ist großer Bestandteil davon“, antwortete Fandral und wirkte erfreut über Tyrandes Kompliment, „und ist auch in seinem Wächter gegenwärtig, seinem Sohn...“

„Wenn das stimmte, dann wäre ich mein Vater“, erklang eine Stimme, die das Gefühl des Frühlings mit sich brachte. „Wenn das stimmte, wäre ich...“

Die Druiden hatten nicht bemerkt, wie der Halbgott eingetroffen war, denn seine Schritte verursachten keinerlei Geräusch. Sie knieten sich augenblicklich respektvoll nieder, und selbst die Priesterinnen ehrten Remulos’ Erscheinen mit einem formellen Nicken. Trotzdem wirkte er nicht allzu zufrieden mit dem Empfang.

„Erhebt euch!“, verlangte er von den Druiden, während sich die Luft um ihn herum mit Blumenduft füllte und das Gras unter seinen Hufen üppiger wuchs. „Ich brauche keine Ehrbezeugung von euch“, fügte Remulos mürrisch hinzu und schüttelte seine blättrige Mähne. „Ich bin ein erbärmlicher Versager!“

Fandral streckte die Hand protestierend aus. „Ihr, Großes Wesen? Solche Worte gelten sicherlich nicht für den Herrn der Mondlichtung!“

Das fast nachtelfenähnliche Gesicht sah auf die versammelten Gestalten herab, und seine Nüstern bebten wie die eines wütenden Hirsches. Er blickte kurz zu Broll – der augenblicklich den Blick senkte -, dann wandte er sich an Fandral. „Doch, die Worte sind angemessen, Fandral. Denn all meine Bemühungen, Hilfe für Malfurion zu finden, sind fehlgeschlagen. Er schläft immer noch... und sein Zustand muss noch schlechter sein, als ich dachte. Welchen anderen Grund könnte es geben, so zahlreich zur Mondlichtung zu kommen?“

„Er... stirbt“, gestand Tyrande ein.

Ein Schock lief über Remulos’ Gesicht. Die vier flinken Beine traten geräuschlos zurück. Bunte Wildblumen sprossen in den Abdrücken, die sie hinterließen.

„Er stirbt...“ Der Schock wich und wurde von etwas Düsterem ersetzt. „Das erklärt manches... denn der Albtraum weitet sich schneller aus als je zuvor. Sein Wahnsinn ist mittlerweile fast überall im Smaragdgrünen Traum spürbar! Und er bewegt sich wie entfesselt, erwischt mehr Träumer völlig unvorbereitet... korrumpiert ihren Geist und ihre Seele...“

Remulos derart sprechen zu hören, verstärkte nur die Befürchtungen, die Broll, Tyrande und die anderen hegten. Broll ballte für einen kurzen Moment die Fäuste und wünschte sich die vergleichsweise problemlosen Jahre als Gladiator zurück.

Ob es die geballten Fäuste waren oder etwas anderes Bemerkenswertes, jedenfalls blickte der Halbgott ihn wieder an. Dennoch waren Remulos’ Worte nicht für Broll bestimmt, sondern an Fandral gerichtet. „Das Götzenbild ist immer noch in deiner Obhut, Erzdruide?“

„Ja, Großes Wesen.“

Remulos blickte Fandral an. „Benutze es nicht. Verstecke es. Lass seine Macht Azeroth nicht berühren... zumindest jetzt nicht...“

Mehrere der Druiden, darunter Broll, blickten ihren Anführer an. Fandral erwähnte seine aktuelle Entscheidung nicht, nickte dem Halbgott nur zu und antwortete: „Es befindet sich in Sicherheit in meiner Wohnstatt. Und dort bleibt es auch.“

„Denke daran, was ich gesagt habe. Ich kann dir im Moment keinen Grund nennen – weil ich mir selbst nicht sicher bin...“

„Ich schwöre es“, gelobte Fandral.

Die vor ihm aufragende Gottheit nahm den Schwur an und zog sich dann zurück. Dabei verschmolz ihre Gestalt irgendwie mit der Umgebung. „Diese Nachricht, so schlecht sie auch sein mag, spornt mich zu neuen Taten an. Hohepriesterin, du hast mein Mitgefühl...“

Ein kurzes Senken der Augenlider war Tyrandes Antwort. Doch bis dahin war Remulos bereits zur Umgebung geworden. Er verschwand wie eine von den Blättern, Zweigen und der sonstigen Flora geschaffene Illusion von der mystischen Lichtung.

Doch seine Stimme blieb. „Eine letzte Warnung, meine Freunde... Es hat Gerüchte gegeben... von Schläfern überall in den Königreichen, Schläfern von allen Völkern... Es heißt, sie könnten nicht erwachen, egal, wie sehr ihre Familien sich auch darum bemühen... Achtet auf solche Geschichten, ebenso wie ich es tue... sie könnten wichtig sein...“

Und dann war er fort.

„Schläfer... die nicht aufwachen können...“, murmelte Tyrande. „Was kann er damit gemeint haben?“

„Er meint vielleicht gar nichts“, antwortete Fandral. „Wie Remulos sagte, sind es nur Gerüchte. Gut möglich, dass nicht mehr dahintersteckt.“

Hamuul grunzte und meinte: „Ich habe von einem vertrauenswürdigen Orc gehört, dass es ein Dorf gibt, wo fünf starke Krieger nicht aufgeweckt werden konnten.“

Der oberste Erzdruide wirkte nicht im Geringsten überzeugt. „Das Wort eines Orcs...“

Der Tauren zuckte mit den Schultern. „Er hatte keinen Grund zu lügen.“

Tyrande kam Hamuul zu Hilfe. „Malfurion ist im Smaragdgrünen Traum gefangen... klingt das nicht, als hätte es irgendwie damit zu tun?“

Fandral verneigte sich vor ihr und schüttelte den Kopf. „Hohepriesterin, Ihr begeht einen verständlichen Fehler. Obwohl wir es Smaragdgrüner Traum nennen – oder Albtraum – sind druidische Projektion und der normale Schlaf von Sterblichen zwei völlig verschiedene Dinge.“

„Ja... ich glaube, Ihr habt recht.“ Ein bitterer Ausdruck überzog erneut ihr Gesicht. „Er hätte nie selbst gehen dürfen. Nicht, nachdem er andere Druiden vor den Veränderungen im Smaragdgrünen Traum gewarnt hatte.“

Broll sah, wie Tyrande die Augen einen Moment lang schloss und ihr Zorn sich in Traurigkeit verwandelte.

„Er wusste von Druiden, die bereits zuvor in dem Zustand aufgefunden wurden, in dem er sich jetzt befindet“, fuhr Tyrande fort. „Arme Seelen, die nicht die Stärke und den Willen hatten, um ihre Körper am Leben zu erhalten, nachdem ihre Traumgestalt zu lange fort war...“

Dass die Hohepriesterin sich so gut in druidischen Angelegenheiten auskannte, überraschte keinen der Druiden. Sie war seit den Anfängen dabei gewesen, seit ihr Shan’do mit der Ausbildung begonnen hatte. Als ihr Geliebter hatte er seine Erfahrungen gewiss mit ihr geteilt.

„Er tat, was er tat, Tyrande Wisperwind, so wie wir jetzt tun, was wir tun müssen“, antwortete der oberste Erzdruide. Fandral wirkte entspannter. „Und der Weltenbaum bleibt immer noch unsere größte Hoffnung, ihn zu retten.“

Die Hohepriesterin schien nicht so zuversichtlich zu sein, obwohl sie zustimmend nickte. Sie blickte zu Broll, den sie besser kannte als alle anderen Druiden. Er erwiderte den Blick, wie er hoffte, tröstend.

Fandral wollte der Hohepriesterin etwas anderes sagen, doch ein Geräusch erregte Brolls Aufmerksamkeit, und er folgte der Unterhaltung nicht weiter. Die Nackenhaare des ehemaligen Sklaven richteten sich auf, als er den Ursprung des Geräuschs erkannte. Seine Augen sahen zu den Bäumen empor, wo die Blätter sich wie unter einem starken Wind schüttelten.

Wie zuvor mit Teldrassil geschehen, stoben die Blätter aller Bäume und Büsche auf der Mondlichtung in die Lüfte und ließen die Äste völlig kahl zurück. Die Blätter stiegen hinauf in den Himmel... und regneten mit tödlicher Präzision auf die Gruppe herab.

Dabei änderten sie wieder ihre Form, wurden zu immer größeren Silhouetten von Kreaturen, mit Hufen und Beinen, die mehr Tier als Nachtelf waren.

Doch dann änderte sich die Vision. Zwischen den Nachtelfen und den monströsen Angreifern bildete sich eine Gestalt, die im Licht des Smaragdgrünen Traums leuchtete. Broll dachte instinktiv an Malfurion, doch diese Gestalt war kleiner und nicht im entferntesten so gebaut wie Angehörige seines Volkes. Stattdessen erinnerte sie an...

„Broll!“ flüsterte eine heisere Stimme in sein Ohr. „Broll Bären-toll!“

Der Nachtelf schüttelte sich. Die Dämonen wurden wieder zu Blättern, und die Blätter kehrten nun, wie in der Vision von Teldrassil, zu ihren angestammten Plätzen im Grün zurück.