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„Ich habe nicht übertrieben. Bevor er verschwand, hat sich Malfurion unmissverständlich über Euch geäußert. Er verstand den Kummer und die Wut, die Ihr erleidet, und er wusste, dass Ihr selber darüber hinwegkommen müsst.“ Ihre Augen verengten sich. „Lasst mich offen sein, Broll. Malfurions Traumgestalt muss in seinen Körper zurück. Fandrals Plan wird ihn nicht retten, dessen bin ich mir sicher. Und obwohl ich weiß, dass der oberste Erzdruide es gut meint, ist doch offensichtlich, wie starrsinnig er ist – nicht einmal ich kann ihn dazu bringen, seine Meinung zu ändern. Ihr und ich müssen Malfurion retten, in welchem Gefängnis er auch immer schmachten mag.“

Broll zögerte. „Seid Ihr Euch da absolut sicher? Könnte es sich nicht um einen Irrtum handeln?“

„Die Vision stammt von Mutter Mond“, sagte sie voller Überzeugung, denn Elune narrte ihre Anhänger nicht.

Zu ihrer Erleichterung nickte der Druide schließlich. Brolls Entschlossenheit zeigte ihr, dass ihre Wahl auf den Richtigen gefallen war.

„Ich kenne Euch, und ich kenne Elune.“ Wie die meisten Nachtelfen war Broll mit der Anbetung von Mutter Mond aufgewachsen. Seine Berufung zum Druiden war erst später erfolgt, doch sie hatte die Ehrerbietung vor der Göttin nie beeinflusst. „Aber auch wenn Fandrals Plan gut ist, bin ich doch eher geneigt, Euch zu glauben. Was auch immer Ihr vorhabt, Herrin, ich bin dabei. Etwas muss getan werden, und ich fürchte, dass Teldrassil uns nur vom richtigen Weg ablenkt. Wie sieht Euer Plan aus?“

Seine Entscheidung, ihr zuzustimmen, war plötzlich erfolgt, obwohl er keinen richtigen Grund dafür hatte. Ursprünglich war Broll mit Fandrals Plan einverstanden gewesen. Er hatte ihn sogar mit Hoffnung erfüllt. Doch Tyrandes Flehen hatte ihn verunsichert. Und diese Verunsicherung war seit der letzten fürchterlichen Vision, die er durchlebt hatte, nur größer geworden. Etwas Böses war am Werk – etwas, hinter dem ganz sicher der Albtraum steckte. Dass diese Visionen ihm plötzlich derart zusetzten und die jüngste sogar seine verstorbene Tochter betraf, bestärkte ihn nur in den Befürchtungen der Hohepriesterin. Etwas Schreckliches stand kurz bevor, und es schien gleichzeitig Malfurions Untergang zu sein.

Nein... Teldrassil zu heilen, wird viel zu lange dauern, überlegte der Druide. Doch Fandral hätte das nicht verstanden.

Er hatte immer noch keine Antwort auf seine Frage bekommen, deshalb stellte er sie erneut.

Sie blickte weg. Ein großer Teil von Tyrandes Plänen basierte auf dem Wissen über die Druiden, das Malfurion ihr verraten hatte. Es gab eine große Wahrscheinlichkeit, dass die Hohepriesterin einige falsche Schlüsse gezogen hatte. Wenn das stimmte, war ihr Plan gescheitert, noch bevor er begonnen hatte.

„Ich will, dass Ihr nach Schattengrün geht...“

Er versteifte sich bei der Erwähnung des Namens. Ihre Absicht war ihm augenblicklich klar.

„Schattengrün“, murmelte der stämmige Nachtelf. „Ich weiß, was Ihr vorhabt. Es erscheint mir am logischsten... besonders, wenn die Zeit so sehr drängt, wie ich glaube...“

Ihre Hoffnung wuchs. „Glaubt Ihr, es könnte funktionieren?“

„Mylady... es könnte die einzige Chance sein, die wir haben... aber es wird nicht leicht, es sei denn...“

Sie wartete, doch als Broll weiterhin stumm in sein Innerstes blickte, fragte sie schließlich: „Es sei denn was?“

Kopfschüttelnd murmelte der Druide: „Am besten wisst Ihr das gar nicht.“ Entschlossener fügte er hinzu: „Aber ich werde dorthin reisen.“

„Da ist immer noch die Sache mit der Versammlung und Fandrals Plänen“, fuhr die Hohepriesterin fort. „Ihr werdet warten müssen, bis all das geregelt ist – doch ich fürchte, wir dürfen keine Zeit verschwenden.“

„Es gibt nur eine Sache, um die ich mich kümmern muss, Hohepriesterin – und wenn Erzdruide Fandral mich nicht dabei erwischt, verschwinde ich gleich danach.“ Er furchte die Stirn. „Dazu muss ich zuerst mit den anderen zur Enklave des Cenarius zurückkehren, obwohl...“

Wieder wartete Tyrande auf weitere Erklärungen, und wieder gab Broll keine. Sie nickte dem Druiden schließlich zu, vertraute ihm, egal welches Geheimnis er auch immer vor ihr verbarg. Sie wusste, es diente nur ihrem – oder Malfurions – Besten.

„Ich danke Euch“, murmelte Tyrande. Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich. „Aber da gibt es noch etwas. Ihr werdet nicht alleine reisen. Ich schicke Shandris mit, sie wird Euch unterwegs treffen... Ihr seid mit Auberdine vertraut, oder?“

„Ich war schon mal dort. Es ist kein Ort, der einem Druiden gefallen könnte – und wie meine Brüder bevorzuge ich andere Arten des Reisens. Sollen wir uns dort treffen?“

„Ja, dann könntet ihr beide nach Eschental Weiterreisen.“

Sein Gesichtsausdruck verhehlte nicht, dass ihm ihre Entscheidung, ihm eine Partnerin zuzuteilen, missfiel. „Bei allem gebotenen Respekt vor der Generalin und ihren beachtlichen Fähigkeiten würde ich doch lieber alleine gehen.“

Die Hohepriesterin beharrte auf ihrer Entscheidung. „Das kommt nicht infrage. Und wenn ich es Euch befehlen muss...“

Broll seufzte. „Das müsst Ihr nicht. Wenn Ihr es wirklich für das Beste für Malfurion haltet, vertraue ich Euch, Hohepriesterin.“

Tyrandes Stimmung hellte sich auf. Sie griff plötzlich nach seiner Schulter. Dabei erschien ein schwaches Leuchten von Mondlicht. Es hüllte Broll kurz ein, bevor es in ihn eindrang. „Ihr habt den Segen von Mutter Mond... und meinen Dank.“

Der Nachtelf verneigte sich tief. „Ich fühle mich von beidem tief geehrt, Mylady.“

„Für Euch bin ich Tyrande.“

Der Druide verneigte sich erneut, dann begann er, sich zurückzuziehen. „Nein... das seid Ihr für Malfurion – für mich... seid Ihr meine Hohepriesterin, die Verkörperung aller Hoffnungen meines Volkes...“

Er verließ das Zelt. Tyrande kräuselte die Lippen und fragte sich, ob sie das Richtige getan hatte.

Dann wanderte ihr Blick zur Gleve... und ihre Entschlossenheit wuchs.

Broll verriet Hamuul nichts, als er zurückkehrte, und der sture Tauren fragte nicht nach. Der Nachtelf schlief nicht mehr viel an diesem Tag, und als die Druiden ihre Abreise von der Mondlichtung vorbereiteten, nickte er der Hohepriesterin nur mit einer respektvollen Verbeugung zu, die nicht vertraulicher wirkte als die seiner anderen Brüder.

Die Schwestern der Elune hatten ihre eigene Methode, um nach Darnassus zu reisen: mächtige Hippogryphen.

Nachdem er ein paar Worte mit Tyrande Wisperwind gewechselt hatte, führte Fandral Hirschhaupt deshalb die Druiden zu einer bestimmten Stelle auf der Mondlichtung.

„Ich habe beschlossen, dass die Situation hier die augenblickliche Fortsetzung all unserer Bemühungen erfordert, den Weltenbaum zu heilen“, verkündete der oberste Erzdruide, als sie sich auf die Abreise vorbereiteten. „Wir werden unsere Anstrengungen noch in dieser Nacht verstärken...“

„Noch in dieser Nacht?“, fragte ein Druide. „Nach so einem langen Flug?“

„Wir werden natürlich zuerst eine Weile meditieren. Außerdem werde ich genau überlegen, wie unsere Kraft am besten einzusetzen ist. Schließlich haben wir das Götzenbild von Remulos nicht zur Verfügung...“ Fandral lehnte jeden weiteren Einwand mit einem Wink ab. „Es ist beschlossen! Nun, um Malfurions willen, sollten wir uns rasch auf den Weg machen...“

Fandral hob die Arme. Gleichzeitig begannen die Druiden zu schrumpfen. Sie beugten sich vor, und aus ihrer violetten Haut wuchsen Federn. Ihre Nasen und Münder streckten sich und wurden zu Schnäbeln.

Der kleine Schwarm Sturmkrähen erhob sich in die Luft und verschmolz fast unsichtbar mit dem Nachthimmel.

Fandral, ein großer Vogel mit silbernen Strähnen über jedem Flügel, führte die Druiden mit hohem Tempo. Er wollte Teldrassil so schnell wie möglich erreichen. Der Anblick war selten, weil nur die erfahrensten und mächtigsten Druiden die Mysterien des Flugs erlernen konnten. Mit Ausnahme von Broll waren alle Erzdruiden von einigem Rang. Das war ein weiterer Hinweis auf die Kraft, die in Broll schlummerte. Doch er konnte sich nicht genug darauf konzentrieren, um den ihm zustehenden Platz unter seinen Brüdern einzunehmen. Dass er überhaupt hier dabei war, verdankte er allein Fandral, und deshalb fühlte sich Broll umso schuldiger, wenn er an seine Pläne dachte.