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Broll befand sich weiter hinten im Schwarm als üblich. Hamuul flog in einiger Entfernung davor. Der Tauren war die einzige andere Sorge, die Broll neben Fandral hatte. Aber Hamuul war darauf konzentriert, sein Tempo zu halten. Der Tauren war mächtig, doch er war auch schon recht alt für jemanden seines Volkes. Deshalb musste er sich mehr anstrengen als die Nachtelfen.

Nach langen Stunden erschien der Weltenbaum vor ihnen. Fandral schwenkte ein, und der Schwarm sank tiefer... Broll fiel ungesehen zurück und wandte sich aufwärts. Er schlug so fest er konnte mit den Flügeln und stieg immer höher. Teldrassils mächtiger Stamm wirkte wie eine undurchdringliche Barriere, dennoch flog der Nachtelf weiter.

Und dann... nahm ihn die riesige Krone auf. Ungesehen von den anderen schoss Broll unter die ausladenden Äste.

Ein Teil dessen, was von außen wie Blattwerk aussah, bewegte sich plötzlich. Obwohl er höchstens eine Sekunde hingeschaut hatte, genügte Broll der kurze Blick auf die langen, vorstehenden Hauer, die riesige baumgleiche Gestalt und das blättrige Kostüm, um zu erkennen, dass die große Gestalt ein Urtum war. Eines jener Wesen, die nicht nur den Weltenbaum und das Reich der Nachtelfen beschützten, sondern auch Darnassus Kriegern die dunklere Seite der Natur beibrachten und wie man sie im Kampf einsetzen konnte.

Das Urtum schien seinerseits Broll nicht zu bemerken, was dem Druiden gut zupass kam. Obwohl keine physische Gefahr von ihm drohte, fürchtete er, dass das Wesen Fandral unabsichtlich Brolls Anwesenheit verraten konnte. Der Grund dafür würde dem Erzdruiden irgendwann sowieso bekannt werden. Doch Broll wollte, dass es eher später als früher passierte. Denn dann war er schon lange fort.

Und falls die Dinge nicht so liefen, wie Broll sie geplant hatte, war er sehr wahrscheinlich sowieso tot.

Der Druide korrigierte die Flugbahn, um anderen, schlaueren Wächtern auszuweichen, die sich in den Ästen versteckten. Die Schildwache, Darnassus’ bewaffnete Streitkräfte, patrouillierte in Teldrassils Krone. Sie wurden von Shandris Mondfeder angeführt, die ihrer Herrscherin völlig ergeben war.

Nur wenige Nachtelfen waren fähiger oder erfahrener als Shandris, die Tyrande vor langer Zeit auf dem Schlachtfeld während des Ersten Krieges gegen die Brennende Legion gerettet hatte. Shandris war ein Waisenkind gewesen, eins von so vielen. Unter Anleitung der Hohepriesterin war sie im Rang aufgestiegen und hatte sich als eine der begabtesten Kriegerinnen ihres Volkes erwiesen.

Es war völlig logisch gewesen, dass Tyrande Shandris für eine so wichtige Mission ausgewählt hatte. Die Hohepriesterin würde in einer heiklen Angelegenheit wie dieser niemand anderem vertrauen. Broll fühlte sich geehrt, zu diesen Vertrauten zu gehören.

Er spürte, dass er seinem Ziel nahe war und schob die Gedanken an Tyrandes Wahl beiseite. Kaum einen Flügelschlag später brach die Sturmkrähe durch das Blattwerk... und gelangte in einen Bereich der Hauptstadt, der als Enklave des Cenarius bekannt war.

Wie bei so vielem in Darnassus war es für einen Außenstehenden unmöglich zu erkennen, dass dieser heilige Ort zu einer Stadt gehörte, die auf dem Ast eines Baumes errichtet worden war. Große Bäume – hauptsächlich Eichen und Eschen – durchzogen die Enklave. Jeder Baum trug mystische Runen, die aus der Rinde gebildet waren. Der kreisrunde Hain bestand aus einer Handvoll Gebäuden, die aus lebenden Bäumen und sorgfältig geformten Steinen errichtet waren. Sie waren die üblichen Versammlungsorte für die Treffen der Druiden. Das größte Haus diente Fandral Hirschhaupt als Wohnung.

Die Sturmkrähe flog nicht direkt auf das Sanktum des Erzdruiden zu, stattdessen landete sie zunächst auf einem Ast, der es ihr erlaubte, den Bereich zu überblicken. Die Enklave des Cenarius strahlte vor allem Ruhe aus, und sie war ein gemütlicher Ort. Doch auch hier gab es Wächter, besonders die, die von Fandral selbst eingesetzt worden waren.

Broll flatterte zu einem anderen Ast und blieb dabei tief genug, um nicht innerhalb der Enklave aufgespürt zu werden. Dabei blieb er aber stets nahe genug beim Sanktum des Erzdruiden. Er musste schnell eindringen, aber vorsichtig.

Alles wirkte ruhig, doch als Broll das grüne und purpurne Gebäude beobachtete, bemerkte er feine Ranken, die im Zickzack verliefen. Er neigte den Kopf und beobachtete die kleinen Knospen, die sich entlang der Ranken befanden. Sie wirkten wie eine dekorative Pflanze... und waren der einzige Hinweis auf Fandrals Gerissenheit. Selbst die meisten anderen Druiden – und Erzdruiden – hätten es schwer gehabt, die Ranken als Gefahr zu erkennen.

Die Sturmkrähe drehte den Kopf und zupfte eine Feder von ihrem Körper. Den kleinen Schmerz ignorierend, flog Broll hoch über die Ranken. Er ließ die Feder fallen.

Die Feder traf auf eine Knospe, die sich augenblicklich öffnete. Daraus schoss eine Art Saft hervor, der die Feder augenblicklich ein-schloss. Mit einem Plumps fiel sie zu Boden. Der Saft war schnell hart geworden.

Es gab Hunderte, vielleicht Tausende dieser kleinen Knospen. Eine derart große Zahl hätte Broll leicht mit dem Saft bedecken und ihn so gefangen nehmen können, bis Fandral zurückkam.

Broll erforschte die Ranken und beobachtete sie weiter. Ein paar kleine Bienen summten ungehindert an den Knospen vorbei.

Die Sturmkrähe stieß einen leisen, aber triumphierenden Laut aus, dann flatterte sie zu Boden. Broll achtete dabei darauf, sich vom Sanktum des Erzdruiden fernzuhalten.

Erst auf dem Boden nahm Broll wieder seine wahre Gestalt an. Er verschwendete keine Zeit und murmelte etwas. Der Druide gebrauchte keine Worte, sondern Klänge, die alle einen scharfen, summenden Ton in sich trugen.

Einen Augenblick später hörte Broll ein weiteres Brummen. Er summte weiter und beobachtete, wie sich die Bienen vor ihm sammelten. Sie flogen um ihn herum und schienen besonders neugierig zu sein.

Der Druide änderte das Tempo seines Zaubers, und der Schwarm reagierte augenblicklich. Die Bienen flogen in Massen auf das rankenbewehrte Gebäude zu.

Broll verwandelte sich wieder in eine Sturmkrähe und folgte den Bienen, deren Zahl immer noch anstieg, als er sich zu ihnen gesellte. Sie waren alle als Antwort auf den Ruf hier, den er als Einladung ausgesandt hatte. Die Bienen sammelten sich nun an der Stelle, wo der Nachtelf sie hinführte. Vor einer Fensteröffnung befanden sich dicht stehende Ranken.

Für Broll wäre es unmöglich gewesen, durch das Fenster zu fliegen. Selbst wenn er so schnell gewesen wäre, wie seine Flügel es zuließen. Doch die Bienen schwebten jetzt über den Knospen und versuchten vergeblich, die Blüten zu bestäuben, die ihnen versprochen worden waren. Broll bedauerte diese List, doch er hatte keine andere Wahl.

Als er sicher war, dass alle Knospen besetzt waren, flog der Druide auf das Fenster zu. Kaum hatte er es erreicht, sah er, wie sich einige der Knospen bewegten. Doch die Anwesenheit der Bienen hielt sie davon ab, den Saft auszustoßen.

Sein fliegender Körper passte kaum durch, aber schließlich gelangte er doch hinein. Broll landete auf dem Boden, dann wechselte er erneut die Gestalt. Er wusste, wo Fandral aufbewahrte, wonach er suchte. Der Erzdruide schien niemanden für wagemutig genug zu halten, ein derartiges Vergehen in die Tat umzusetzen.

Broll achtete nicht auf den Rest der Umgebung und ging direkt zu einer Kiste, die aus Stahlgras gefertigt war. Während sie von außen weich wirkte, konnte Stahlgras doch hart wie Metall werden. Ein normaler Nachtelf wäre nicht in der Lage gewesen, es zu durchschneiden oder den Deckel aufzubrechen. Doch Broll war mit Fandrals Methoden vertraut, die sie beide von Malfurion erlernt hatten. Broll wusste sogar ein paar Dinge, von denen er glaubte, dass Fandral sie nicht kannte.