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Der Druide legte die Hände zusammen und testete die Beschaffenheit der Kiste. Er spürte die bindenden Zauber, die Fandral benutzt hatte und die Methoden, mit denen der Erzdruide das Stahlgras selbst geformt hatte.

Die Stränge, die die Kiste versiegelten, öffneten sich. Broll zögerte, dann hob er den Deckel.

Das Götzenbild von Remulos starrte ihn an. Die Drachenfigur schien fast begierig auf seine Ankunft gewartet zu haben.

Erneut entbrannte ein Kampf in seinen Gedanken. Er erkannte die Dämonen der Brennenden Legion und ihren Anführer, den Grubenlord Azgalor. Broll musste wieder hilflos mit ansehen, wie er von der Dämonenklinge getroffen wurde und ihm dann das Götzenbild aus der Hand rutschte.

Und erneut schlossen die entfesselten und korrumpierten Kräfte das einzige Wesen ein, das an seiner Seite stand. Seine Tochter. Anessas Tod war nicht leicht gewesen. Sie war schrecklich verbrannt, ihr Fleisch verdorrte vor seinen Augen...

Broll biss die Zähne zusammen, als er den Schmerz seines Versagens zurückdrängte. Er ließ nicht zu, dass seine Gefühle die Kontrolle über ihn erlangten. Er hatte die Statue, nur das zählte... das und Malfurions Schicksal.

Es hatte die Möglichkeit bestanden, dass Fandral Remulos nicht gehorcht und die Statue zu sich zurückgerufen hatte. Doch Fandral hatte tatsächlich auf den Rat des Wächters der Mondlichtung gehört und so dafür gesorgt, dass Broll sein Ziel erreichen konnte.

Der Nachtelf nahm die Figur sanft auf und bewunderte nicht zum ersten Mal ihre beinahe schon surreale Majestät. Einen Augenblick lang fragte er sich, wie eine so exzellente Arbeit gleichzeitig die Quelle von etwas dermaßen Bösen sein konnte. Natürlich war das Götzenbild mittlerweile von allem Dämonischen gereinigt worden, vielleicht machte das ja den Unterschied aus.

Der Nachtelf dachte an Remulos’ Warnung, sah aber keine andere Möglichkeit, um seine Pläne umzusetzen. Broll brauchte das Götzenbild. Er würde sich nur ganz besonders in Acht nehmen müssen.

Er zögerte nicht weiter und versiegelte die Kiste schnell wieder.

So, jetzt kann ich Diebstahl zur Liste meiner Taten hinzufügen, dachte Broll bitter. Wie würden Varian und Valeera darüber lachen...

Er verbarg die Statue unter seinem Umhang. So wie der Rest seiner Kleidung und seiner persönlichen Dinge würde auch sie an einen magischen Ort gebracht, sobald er sich verwandelte.

Doch als der Druide wieder zur Sturmkrähe wurde, hörte er ein schweres Plumpsen. Er neigte den Kopf und sah, dass die Statue neben seinen Krallen lag.

Broll stieß ein leises frustriertes Krächzen aus und flog hoch, dann griff er die Statue mit den Klauen. Als er schließlich das Götzenbild aufgenommen hatte, war er zu größter Eile gezwungen. Vielleicht achtete man nicht so sehr auf eine Sturmkrähe, die einfach wegflog. Aber eine Sturmkrähe, die eine Statue trug, würde sicherlich mehr Fragen aufwerfen, als ihm lieb war.

Flatternd wandte Broll sich dem Fenster zu. Dabei fiel sein Blick auf eine weitere Statue. Diese stand auf einem Ast, der wie ein Tisch oder ein Regal geformt war. Runen prangten darauf, doch es war der Gegenstand, der einen Moment lang die Aufmerksamkeit des Druiden erregte. Es war die Figur eines jüngeren Nachtelfen, die Fandral sehr ähnlich sah. Obwohl es nicht Fandral selbst war.

Volstann... Broll neigte den Kopf aus Respekt vor dem Nachtelfen, den die Elfenstatue darstellte. Wie Broll hatte Fandral sein einziges Kind verloren. In diesem Fall seinen Sohn. Obwohl die Umstände völlig andere gewesen waren – der Erzdruide war nicht verantwortlich für Volstanns Tod gewesen -, war der Verlust immer ein verbindendes Element zwischen den beiden älteren Nachtelfen gewesen.

Ein Band, das Brolls Tat für immer durchtrennen würde.

Er konnte spüren, wie die Bienen das Interesse allmählich verloren. Schnell flog Broll auf das Fenster zu. Der Druide erkannte, wie der erste Schwarm bereits abhob. Er beschleunigte, dann faltete er die Flügel eng an den Körper, als er durch das Fenster schoss.

Die Bienen flogen hoch. Es waren zu viele. Das bedeutete, dass einige der Knospen jetzt nicht mehr bedeckt waren.

Etwas traf seinen linken Flügel an der Spitze, Broll ruckte zur Seite. Diese unfreiwillige Aktion bewahrte seinen Kopf davor, in der klebrigen Substanz eingefangen zu werden.

Er wurde wieder getroffen, diesmal am rechten Bein, bevor er schließlich außer Reichweite gelangte. Selbst dann wurde Broll nicht langsamer. Er hatte das Undenkbare getan, und seine einzige Hoffnung war, dass sein verrückter Plan irgendetwas verändern konnte.

Malfurion war im Smaragdgrünen Traum verloren. Es gab weder Kontakt zum großen Aspekt Ysera noch zu einem der anderen grünen Drachen, die diese magische Ebene bewachten. Tyrandes Vorschlag, nach Eschental zu gehen, machte am meisten Sinn. Doch wenn sie eine echte Aussicht auf Erfolg haben wollten, würden sie Hilfe größerer Art brauchen als die eines einsamen Druiden von fragwürdiger Eignung und einer Priesterin der Mondgöttin.

Und durch das Götzenbild von Remulos hoffte Broll, genau diese Hilfe kontaktieren zu können... falls nicht schon der Versuch ihn umbrachte.

Thura kämpfte sich durch die dichte Vegetation. Ihr Orcsinn fürs Praktische sah keinen Grund, warum sie die magische Axt nicht auch für eine solch banale Aufgabe nutzen konnte. Denn wozu war eine Waffe sonst gut, wenn man damit seinen Feind nicht erreichen konnte?

Sie spürte, dass sie sich ihrem Ziel näherte. Die Reise konnte vielleicht noch Tage dauern. Vielleicht war sie aber auch schon am nächsten Morgen vorbei. Doch der Schlüssel, den verräterischen Elf zu finden, war nah.

Der Wald wich schließlich offenerem Land und dann einer Kette von höheren Hügeln. Die Orcfrau erblickte mehrere Höhleneingänge von verschiedener Größe. Thura umklammerte die Axt nun wieder wie eine Waffe. Höhlen konnten Gefahr bedeuten, besonders, wenn hungrige Tiere oder wilde Trolle darin hausten.

Als sie die Hügel erreichte, bemerkte Thura, dass eine merkwürdige Stille über dem Land lag. Wo waren die Vögel? Ein paar Insekten kündeten von ihrer Anwesenheit, doch nichts Größeres schrie oder flog in Sicht. Ein ideales Gebiet für die Jagd war das hier nicht... doch vielleicht wurde sie selbst gejagt.

Schon nach wenigen Minuten auf dem neuen Terrain verlangte die Erschöpfung ihr Recht. Thura blieb nichts anderes übrig, als sich auszuruhen und ein wenig Schlaf zu riskieren. Sie blickte zu den dunklen Höhleneingängen um sich herum. Sie wählte einen Unterschlupf, der zu klein war, um einen großen Jäger beherbergen zu können, aber ausreichend groß für ihre Bedürfnisse.

Die Höhle wurde nach nur ein paar Metern größer, bevor sie vor einer gewölbten Wand endete. Nachdem sie sich versichert hatte, dass es keine versteckten Öffnungen gab, die irgendeine Gefahr beherbergen konnten, ließ sich die Kriegerin in einer Ecke nieder, von der aus sie sowohl die Höhle als auch den Eingang beobachten konnte.

Sie hatte nur noch wenige Vorräte übrig behalten, und das Wenige teilte Thura sorgfältig ein. Drei Stücke getrocknetes Ziegenfleisch, einige langsam verrottende Knollen und einen halben Beutel voll Wasser. Thura aß eins der Fleischstücke und eine Knolle. Dann gestattete sie sich zwei kleine Schlucke des brackigen Wassers. Sie ignorierte den Protest ihres Magens, der schon seit Tagen nicht mehr gefüllt worden war. Irgendwo würde sie genug zu essen finden, um weiterzumachen, bis sie ihren Blutschwur erfüllt hatte. Nur dann, und wenn sie es überlebte, würde Thura sich mit profaneren Dingen abgeben können...

Ein Zischen hallte durch die Höhle.

Die Orcfrau brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass das Geräusch von draußen gekommen war. Thura packte die Axt und lief zum Eingang. Das Zischen stammte von keiner gewöhnlichen Schlange oder Echse. Der Intensität nach zu schließen, kam es von etwas viel, viel Größerem.