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„Ich halte mich bereit, um die Energien zu regenerieren und darauf zu achten, dass sie so geformt sind, wie wir sie brauchen.“

Stirnrunzelnd erhob sich Malfurion. „Vielleicht wäre es besser, wenn Ihr das zuerst tun würdet. Ich fürchte, dass ich versagen könnte.“

Remulos’ Hufe scharrten ungeduldig auf dem Boden. „Das wirst du nicht, Malfurion! Nun beeile dich! Da ist noch Tyrande, weißt du noch?“

„Das habe ich nicht vergessen.“ Der Erzdruide begann, auf die schattenhafte Gestalt zuzulaufen. „Ich kümmere mich zuerst um sie.“

Du tust, was ich dir befehle!“

Malfurion hatte geahnt, was geschehen würde und sprang deshalb vorwärts. Hinter ihm schlug das grüne Leuchten ein, das Remulos gegen den Drachen und die Satyre eingesetzt hatte. Doch jetzt wirkte es düster und glich der bösen Aura, die um die Axt herum schimmerte.

Malfurion blickte Remulos an... aber das war nicht der Remulos, den er kannte. Der Arm war immer noch versengt. Wie der Halbgott selbst gesagt hatte, war es das Resultat des vorherigen Kampfes gegen Smariss... aber Cenarius’ Sohn war nun eine abscheuliche Karikatur seiner selbst. Das Laubwerk in seinem Bart und dem Haar bestand aus Disteln und schwarzem Unkraut. Gesicht und Gestalt ähnelten einem Skelett. Seine Haut war weiß wie der Tod, und die Augen hatten dieselbe Farbe wie der Albtraum.

Er war korrumpiert worden. Sein neuer Herr hatte sich offensichtlich viel Mühe gegeben, um die Verwandlung des Halbgottes zu verbergen. Und für ein paar Sekunden, nachdem Malfurion mit Remulos in der Enklave gesprochen hatte, hatte der Erzdruide gedacht, dass sein alter Freund tatsächlich zwar verletzt, aber mit gesundem Verstand zurückgekehrt sei.

Doch der alte Remulos hätte sich zuerst um Tyrande gekümmert, und zwar, bevor er die Axt zurückholte.

Korrumpiert konnte Remulos offensichtlich die Axt genauso wenig führen wie sein neuer Herr. Der Albtraum war völlig unnatürlich, das Gegenteil von Cenarius’ Schöpfung. Deshalb hatten sie Malfurion gebraucht. Und deshalb hatten nur Smariss und die Schattensatyre die Waffe und Tyrande bewacht.

Tyrande war nur der Köder gewesen, um sicherzustellen, dass der Erzdruide hierherkommen würde, falls die Axt ihm als Ziel nicht gereicht hätte.

Malfurion war diese Wahrheit klargeworden, kurz nachdem er hier eingetroffen war. Zu viele Dinge waren zu leicht gewesen. Xavius und der Albtraum hatten ihn diesmal unterschätzt.

Sie hatten auch die tiefe Verbundenheit mit seiner Geliebten unterschätzt.

All dies ging ihm im Bruchteil eines Atemzugs durch den Kopf. Zur gleichen Zeit bereitete sich der Erzdruide darauf vor, seinem ehemaligen Freund im Kampf gegenüberzutreten. Remulos griff Malfurion an, der sich in einen Bären verwandelte. Klauen trafen auf Tatzen. Die natürlichen Energien umgaben den Erzdruiden, doch die Fäulnis des Albtraums stärkte Remulos. Ihr Kampf erreichte ein Patt, das Malfurion sich nicht leisten konnte.

Dann veränderte sich Remulos’ Gesichtsausdruck. Seine Stimme änderte sich. Die Augen wurden tiefschwarz mit rubinroten Streifen darin, die Malfurion auch nach zehn Jahrtausenden noch allzu vertraut waren.

„Dieses Mal gibt es keine Hoffnung mehr für dich...“

Die Stimme ließ Malfurion erschaudern. Er kannte sie wirklich gut. Fast ohne nachzudenken kehrte der Erzdruide in seine alte Gestalt zurück. „Ich war zu nett zu Euch, Xavius...“

„Nett? Ich war eingesperrt, wurde zehn Jahrtausende lang gefoltert!“, brüllte Xavius/Remulos und spie auf seinen Feind. „Warten und zusehen und um Freilassung betteln! Ich brannte, als das Land brannte, nur damit meine Borke heilte und meine Äste neu wuchsen! Was du erlitten hast, war gerade mal eine Minute dessen, was ich immer und immer wieder durchlebt habe!“

„Das tut mir leid...“, antwortete Malfurion und meinte es ernst. Er hatte seine Arbeit zu gut getan. Xavius der Albtraumlord war so sehr sein Geschöpf wie das von Azsharas Berater. „Ich würde in der Zeit zurückgehen und es ändern, wenn ich könnte...“

Xavius/Remulos lachte verächtlich. „Aber ich will gar nicht mehr geändert werden! All das Leiden, all das Warten... das war es mir wert! Azeroth wird neu erschaffen, und jeder wird die Qualen erleiden, die nur ich mir während meiner eigenen endlosen Folter ausdenken konnte! Es wird herrlich sein!“

Die Krallen kratzten über Malfurions Brust. Der Nachtelf schrie vor Schmerz, gab aber nicht nach. Er suchte Remulos in seinem Feind.

Doch er konnte in der bedrohlichen Gestalt vor sich nichts von dem Halbgott erkennen. Cenarius’ Sohn war entweder vom Albtraum völlig verzehrt worden oder so tief in seiner Seele begraben, dass es keine Hoffnung gab, ihn befreien zu können.

„Es tut mir leid“, murmelte Malfurion.

„Immer noch der trauernde Narr!“, spottete Xavius.

Doch der Erzdruide entschuldigte sich nicht wirklich. Er griff in einen seiner Beutel und holte etwas heraus, das er gesucht hatte. Er rieb augenblicklich den Inhalt seiner Hände gegen den Körper von Remulos.

Der Halbgott brüllte. Seine Haut wurde härter und nahm die Form von fester Borke an.

Es war eine einzigartige Variation des Zaubers, der benutzt wurde, um die Haut des Druiden gegen Angriffe zu stärken. Malfurion hatte ihn gegen die Brennende Legion entwickelt. Vor langer Zeit war er zu der Erkenntnis gelangt, dass jeder Zauber auch umgekehrt werden konnte. In diesem Fall sogar konträr zu seinem ursprünglichen Zweck. Das Pulver basierte auf der härtesten Borke.

Remulos versteifte sich. Er glich nun eher einer Statue denn etwas Lebendigem. Die Wut in seinen Augen war eindeutig die des Albtraumlords. Die Ironie des Zaubers entging Malfurion nicht. Er hatte Xavius in einen Baum verwandelt, und nun tat er praktisch das Gleiche mit dem armen Remulos. Ein Teil des Erzdruiden wollte aufhören, doch unter Tränen wurde Malfurion bewusst, dass er diesen schrecklichen Zauber beenden musste.

Ein wortloser Schrei entfloh dem Mund des Halbgottes, obwohl sein Mund eigentlich nicht mehr funktionierte. Er versuchte den Speer zu werfen, doch seine Hand versagte den Dienst.

Malfurion taumelte zurück und ignorierte seinen Versuch. Er warf einen kurzen Blick auf die Axt und wusste, dass seine Feinde sie nicht berühren konnten. Dann rannte er nicht auf die schattenhafte Gestalt seiner Geliebten zu, sondern zu dem Ort, wo er sie ursprünglich gespürt hatte.

Schattensatyre sprangen aus dem Nebel und stürzten sich auf ihn. Malfurion wechselte in seine Raubkatzengestalt und zerfetzte sie.

Schließlich erreichte er Tyrande. Erregung wie auch schreckliche Furcht erfüllten ihn gleichermaßen, als er sie anblickte. Sie war genauso gefesselt wie in der falschen Illusion des Schattens. Ihre Augen waren geschlossen. Er hatte gewusst, dass sie noch lebte, doch der Erzdruide wusste nicht, ob sie bereits korrumpiert worden war.

Noch in Katzengestalt sprang Malfurion. Obwohl Tyrande in der Luft hing, war sie für ihn nur ein kurzes Stück entfernt. Als er sich ihr näherte, nahm der Erzdruide wieder seine normale Gestalt an. Zur gleichen Zeit erkannte er, dass ihr Körper in einem schwachen, doch steten silbernen Licht leuchtete. Es gab keinen Zweifel an der Reinheit von Elunes Macht, die sie umgab. Sie war gefangen gewesen, aber sie war noch nicht korrumpiert worden.

Sie fiel ein Stück, sobald er sie befreit hatte. Doch Malfurion verwandelte sich kurz in einen Bären und fing die Hohepriesterin mit seinen starken Armen auf.

Dann verwandelte er sich wieder zurück und weinte ganz offen, als er ihre Hand und Wange streichelte. Er war so dankbar, dass sie lebte und gesund war...

Doch schließlich bemerkte er, dass sie sich nicht rührte. Sie war beinahe so reglos wie Remulos, als er ihn zurückgelassen hatte.

Beim Erklingen von Hufschlag straffte sich der Erzdruide. Und dann hörte Malfurion auch noch das Flattern von Flügeln.

Er hatte den korrumpierten Halbgott nicht aufhalten können... und nun war Smariss vermutlich aufgefallen, dass ihre Falle nicht funktioniert hatte, und sie war ebenfalls zurückgekehrt.