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Doch kurz bevor der erste Feind zuschlagen konnte, begannen die versammelten Druiden und Zauberer ihren eigenen Angriff. Die Druiden führten sie an, weil sie sowohl den Traum als auch den Albtraum am besten kannten. Silbernes Feuer erhellte die Landschaft und strich durch die gegnerischen Reihen. Schattensatyre verbrannten in großer Zahl.

In dem Chaos schlugen Varians Anhänger zu. Ihre Traumklingen töteten einen Satyr nach dem anderen. Doch anders als in der Welt der Sterblichen bildeten sich die Kreaturen nicht neu. Stattdessen zerfielen sie wie Bänder aus durchtrennter Seide zu Fetzen, die unter den Füßen, Hufen und Pfoten der Verteidiger zertrampelt wurden.

Die Druiden arbeiteten mit allem, was noch vom Traum übrig geblieben war. Die Samen von Bäumen wurden zu einem Regen wilder Geschosse, die mitten im Albtraum landeten und dann keimten. Binnen Sekunden erwuchsen neue Bäume durch die Magie der von Broll angeführten Druiden.

Ein Satyr schlug nach dem nächsten Stamm. Der Baum schied einen dicken Saft aus. Der Schatten zuckte mit einem Zischen zurück, als der Saft ihn traf und ihn zur Unbeweglichkeit verdammte.

Doch das war nicht alles, da die Tröpfchen sich ausbreiteten und dabei den Satyr verbrannten. Der Schatten versuchte zu fliehen, doch das konnte er nicht. Binnen weniger Sekunden hatte der Saft ihn völlig aufgefressen.

Die Bäume spien den Saft nun überall hin, besonders auf die hoch gelegenen Äste. Ein Regen versengender Tröpfchen, geleitet von den Druiden, ging über einem Großteil des Terrains nieder. Die meisten Schattensatyre brannten lichterloh.

Der Zusammenbruch der ersten Reihe des Albtraums ermutigte die Verteidiger. Obwohl auch sie Verluste erlitten, schien jetzt doch noch Hoffnung zu bestehen. Erbitterte Feinde kämpften freiwillig Seite an Seite und schützten sich gegenseitig. Seit dem Krieg gegen die Brennende Legion hatten nicht mehr so viele verschiedene Streitkräfte zusammengearbeitet. Wenn man die Kreaturen dazu zählte, die Malfurion und die Druiden gerufen hatten, war Azeroth nie zuvor besser repräsentiert worden.

Doch Varian und Broll waren voller Argwohn, weil die Schlacht bislang so problemlos verlaufen war. Sie blieben durch den Nachtelf miteinander verbunden und tauschten ihre Besorgnis aus, dass der Albtraum so leicht eigentlich nicht besiegt werden konnte.

Und nur wenige Augenblicke später bestätigten sich ihre Befürchtungen. Aus dem Nebel drangen Albtraumwesen hervor, wie Broll sie mittlerweile kannte... die scheußlichen, verfluchten Traumgestalten von Tausenden Opfern, die mehrfach vervielfältigt worden waren. Von dem Unterbewusstsein der Schläfer angezogen, erschienen sie in einer makaberen Version der unschuldigen Opfer, wodurch sie auf die Verteidiger noch schrecklicher wirkten.

Wir dürfen uns nicht von ihnen aufhalten lassen!, drängte Broll Varian. Es sind nur Träume!

Ich weiß..., antwortete der König grimmig, der bereits seinen Sohn entdeckt hatte und die Albtraumversion seiner toten Frau. Varian reckte sein Schwert und führte die Armee an. Er schnitt sich durch das erste Abbild seines Sohnes. Auch wenn ihm das Abbild seiner Frau dabei zu erkennen half, dass dies nicht der wahre Anduin war, erschauderte er dennoch, als Shalamayne durch seinen Sohn hindurchschnitt und die Gestalt schließlich verschwand.

Und das, so wussten sie alle, war genau das, was der Albtraum wollte – die Moral der Verteidiger untergraben.

Doch unter der Führung des Königs rückte die Legion der Traumgestalten immer weiter vor. Immer wieder kam es zu längeren Verzögerungen entlang des Weges, aber das war nicht zu ändern. Varian und Broll konnten nur beten, dass es die tapferen Seelen ihrer Männer ertragen würden, immer wieder von ihren wahnsinnig gewordenen Verwandten angegriffen zu werden.

Dann erklang ein verzerrter Schrei unter seinen Leuten. Varian blickte gerade noch rechtzeitig zur Seite, um zu erkennen, wie sich einer seiner eigenen Soldaten aus Sturmwind – in seiner blassgrünen Traumgestalt – an die Kehle griff. Der Kämpfer ließ die Waffe fallen, die ebenfalls nur in Traumform existierte, und starb. Mit einem letzten Keuchen kippte der Mann um.

Seine Traumgestalt verschwand, bevor sie den Boden erreichte. Varian hatte keinen Zweifel, dass der Mann nicht einfach aufgewacht, sondern tatsächlich gestorben war... Aber sicher konnte er sich nicht sein.

Ein zweiter Kämpfer, ein grobschlächtiger Orc, fasste sich an den Bauch. Dann taumelte er ebenso wie der Mensch und starb.

Als der dritte verschwand, versuchte Varian verzweifelt, von Broll eine Erklärung für dieses Phänomen zu bekommen. Zu seiner Überraschung berührte eine andere Stimme, eine andere Kreatur, seine Gedanken.

Ich bin Hamuul, König Varian Wrynn...du musst aufpassen... der Albtraum schlägt nun in Azeroth auf eine Art zu, die gar nicht möglich sein sollte...

Wie meinst du das?, wollte der Herr von Sturmwind wissen. Zwei weitere seiner Krieger fielen. Die anderen wurden sich der mysteriösen, lähmenden Gefahr in ihrer Mitte bewusst.

Die Schlafwandler greifen die Schlafenden an, die zu deiner Armee gehören... und irgendwie lassen sie deine Kämpfer gleichzeitig in ihrer Traumgestalt und im wahren Leben sterben... Das dürfte so gar nicht funktionieren! Die Traumgestalten sollten „am Leben“ bleiben...

Varian erinnerte sich bitter an die albtraumhaften Gestalten, die seine Männer angegriffen hatten, bevor Malfurion Sturmgrimm sie alle rekrutiert hatte. Er hatte schon befürchtet, dass die Albtraumwesen die hilflosen Körper der Verteidiger angreifen könnten, und nun wurde dieser Albtraum wahr.

Was schlägt Broll vor? Wo ist Broll?

Wir müssen weiterkämpfen..., antwortete Hamuul. Wir müssen weiterkämpfen...

Wo ist Broll?, fragte Varian erneut... doch der Tauren antwortete nicht...

Ein weiterer Orckrieger brach zusammen und verschwand. Varian knurrte frustriert und kämpfte weiter. Er hatte keine Wahl. Niemand hatte eine Wahl.

Wo ist Broll?, fragte er sich weiterhin, als er verzweifelt erneut Sohn und Frau erschlug. Und wo ist Malfurion Sturmgrimm?

Sie waren in einer Gegend gelandet, die ganz sicher nicht in der Nähe von Teldrassil oder Darnassus lag. Der korrumpierte Remulos hatte die Macht seines neuen Herrn genutzt, um sich und Malfurion tief in den Traum/Albtraum hineinzubefördern.

Tyrande blickte sich um. Sie war sprachlos. „Mal, wo sind wir? Wo liegt dieses trostlose Land?“

Der Erzdruide antwortete nicht sofort. Stattdessen blickte er zu dem ohnmächtigen Remulos. Als er sich davon überzeugt hatte, dass der Hüter des Waldes immer noch weggetreten war, nahm Malfurion seine wahre Gestalt an und blickte sich um. Der Nebel des Albtraums war hier sehr dicht, doch etwas vage Vertrautes prägte den Ort. Malfurion war wenig überrascht, dass sie sich ausgerechnet hier befanden. Denn es war genau der Ort, an den Remulos ihn gebracht hatte und wo er ihn auch haben wollte... aber wie Tyrande litt auch Malfurion unter der Trostlosigkeit.

„Unglücklicherweise nahe an unserem Ziel“, antwortete der Erzdruide geheimnisvoll. Jetzt war tatsächlich der Moment gekommen, auf den er gewartet hatte. Doch nicht alle Wesen, die er benötigte – ob sie Teil seines Plans sein wollten oder nicht – waren dort, wo sie sein sollten.

Er blickte wieder zu Remulos. Er hatte nicht geplant, dass Cenarius’ Sohn hier sein würde. „Tyrande, könnt Ihr Euch darum kümmern, dass er von irgendetwas geschützt wird? Wir müssen ihn eine Zeit lang hier liegen lassen...“

Malfurion sagte nicht, dass seine letzte Aussage auf der Annahme beruhte, dass sie überleben würden. Wenn nicht, war es aber auch egal, wo Remulos lag.

Die Hohepriesterin neigte den Kopf und betete. Einen Augenblick später leuchtete Elunes Licht und durchdrang den Nebel. Es legte sich wie ein Tuch auf Remulos. Der Waldhüter war nun vollständig davon bedeckt.