Weil der Schwerpunkt vorne an der Spitze lag, konnten unsere Vorgänger ihre Speere weiter, schneller und zielgenauer werfen. Um überhaupt den Nutzen solcher Eigenschaften zu erkennen, bedarf es zumindest einiger Grundkenntnisse der Ballistik und der aufmerksamen Beobachtung von Flugbahnen.
Früher hat die Auffassung vorgeherrscht, die ersten Spuren komplexen menschlichen Denkens und Handelns lägen etwa 150000 Jahre zurück. Diese Sichtweise hat sich inzwischen geändert. Komplexes Denken und Handeln setzten vor bereits 800000 Jahren ein, wenn nicht noch früher.
Wir waren denkende, planende Lebewesen, lange bevor wir uns zu Menschen im heutigen Sinne entwickelt haben.
Und doch machte man 1998 die Entdeckung, dass das Gehirn der Hominiden eine deutlich geringere Kapazität hatte als bisher angenommen. Mithilfe eine CAT-Scanners erhielten die Wissenschaftler erstmals genauere Daten über den Schädel eines der mutmaßlichen frühen Vorgänger der Menschheit, des Australopithecus, und es konnte nachgewiesen werden, dass sein Gehirn entgegen allen bisherigen Vermutungen nicht größer als das eines Schimpansen war. Das legt den Schluss nahe, dass es sich bei den anderen Hominiden ähnlich verhielt. Und trotzdem waren diese nur begrenzt zur Sprache befähigten Wesen in der Lage, komplex zu denken und anspruchsvolle Werkzeuge herzustellen.
Wie aus neueren Studien hervorgeht, hängt Intelligenz offenbar nicht von der Größe des Gehirns ab, sondern eher von seiner Struktur. So ist beispielsweise der afrikanische Graupapagei mit einem Gehirn ausgestattet, das so groß ist wie die Spitze eines kleinen menschlichen Fingers und trotzdem beträchtlich klüger als das Rhinozeros mit einem hundertmal so großen Gehirnvolumen.
Das Gleiche gilt für den frühen Menschen, der Äonen vor unserer Zeitrechnung längst sprechen, übers Meer segeln und über die Wurfeigenschaften von Speeren nachdenken konnte, obwohl er äußerlich eher einem Affen glich.
Der Verstand ist also weitaus älter, als wir es für möglich gehalten haben. Aber bedeutet das auch, dass unsere Zivilisation älter ist, als gemeinhin angenommen wird? Nein, nicht zwangsläufig, aber sie hätte es sein können.
Haben wir vor unserer gegenwärtigen Zivilisation schon einmal eine andere aufgebaut und sie durch eine dieser schrecklichen, namenlosen Umwälzungen verloren, die in periodischen Abständen unsere Errungenschaften so gründlich tilgen, dass niemand weiß, wer wir einmal waren und was wir geleistet haben?
Die jüngsten Erkenntnisse sind ernüchternd.
5.
Verlorene Welt
So überzeugend die Beweise auch sein mögen, dass riesige Monumente wie der Sphinx aus einer entfernten Vergangenheit stammen, die bisher unbeantwortete Frage ist und bleibt dieselbe: Wenn diese Anlagen vor so langer Zeit errichtet wurden, wo waren die Städte ihrer Erbauer? Wo sind ihre Werkzeuge? Und wichtiger noch: Wo ist das Fachwissen geblieben?
Wir können schätzen, wie groß die ägyptische Bevölkerung in der Zeit war, als laut John Anthony West der Sphinx gebaut worden sein muss. Geht man von der an den Nilufern ermittelten Bevölkerungsdichte aus, wurde das gesamte Gebiet von weniger als 100000 Seelen bewohnt, die sich auf weit auseinander liegende Dörfer mit einer Einwohnerzahl von 50 bis maximal 500 verteilten.
Wie hätte eine derart spärliche Bevölkerung, die bestenfalls primitiven Ackerbau betrieb und nicht einmal dazu fähig war, Getreide zu lagern, Tausende von Arbeitern stellen können, die für die Errichtung des Sphinx nötig waren?
Und doch steht er da, und die geologischen Beweise für sein Alter sind zwingend, ja unwiderlegbar.
Die Frage des Alters lässt sich noch am leichtesten lösen. Der Zustand des Sandsteins, aus dem der Sphinx gehauen wurde, lässt auf Erosion durch Wasser schließen. Problematisch daran ist wie gesagt, dass Ägypten schon zur Zeit des Aufstiegs der Pharaonen eine Wüste war. Woher kam das Wasser also? Anlagen, die eindeutig unter den Pharaonen errichtet wurden und ebenfalls aus Sandstein bestehen, weisen keinerlei durch Wasser verursachte Erosionsspuren auf.
Wer immer den Sphinx geschaffen hat, muss folglich eigens zu diesem Zweck nach Ägypten gekommen sein, um es nach verrichteter Arbeit wieder zu verlassen und seine Werkzeuge mitzunehmen. Es sei denn, wir haben die Städte der Erbauer bisher noch nicht entdeckt. Vielleicht standen sie weiter im Landesinneren, in einer Gegend, die damals noch fruchtbar war, heute aber vom Wüstensand zugedeckt ist. Etwas Ähnliches muss in Brasilien geschehen sein, wo die Überreste eines Hunderte von Kilometern langen Kanalnetzes von einer großen, Ackerbau betreibenden vorgeschichtlichen Kultur zeugen, die eine Bevölkerung von mehreren Millionen ernähren konnte. Dennoch sind von dieser Kultur so gut wie keine Aufzeichnungen erhalten geblieben.
Auch vor der Küste Japans ist eine Entdeckung gemacht worden, die nahe legt, dass die Zivilisation älter ist als ursprünglich angenommen. Dadurch wurden all die Theorien bestätigt, denen zufolge viele Monolithen und monolithähnlichen Anlagen, deren Entstehungszeit umstritten ist – wie der Sphinx, das Osireion und die mysteriöse peruanische Stadt Tiahuanaco –, tatsächlich so alt sind, wie John Anthony West und Graham Hancock ermittelt haben.
Und da nun die Entdeckung vor der japanischen Küste bestätigt worden ist, erscheint ein anderer archäologischer Fund, der vor vielen Jahren im Südpazifik entdeckt wurde, in einem völlig neuen Licht.
110 Kilometer südwestlich von Okinawa liegt die Insel Yonaguni, die hauptsächlich für ihre kleine Population von Yonaguni-Ponys berühmt ist, eine auf der Welt einzigartige Pferderasse. Aber jetzt ist die Insel wegen etwas ganz anderem in die Schlagzeilen gekommen. 1988 stießen Taucher auf ein Phänomen, das man ursprünglich für eine natürlich entstandene Felsformation 25 Meter unter dem Meeresspiegel hielt, bis ein Geologe von der Ryukyu-Universität das Gebilde analysierte und erklärte: »Diese Anlage ist nicht von der Natur gebildet worden. Wäre das der Fall gewesen, hätten sich dort aufgrund der natürlichen Erosion durch das Wasser Gesteinsbrocken auf dem Meeresboden ansammeln müssen, aber hier gibt es nirgendwo Trümmer.« Darüber hinaus bemerkte er so etwas wie eine Straße rings um das riesige Gebilde, das fast so gewaltig ist wie die Große Pyramide von Gizeh.
Robert Schoch, Professor für Geologie an der Boston University, tauchte dort im April 1998, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Sein Fazit lautete: »Es sieht aus wie eine Serie gigantischer Treppenstufen von jeweils über einem Meter Höhe. Eigentlich ist es eine Felsklippe, die einer stufenförmigen Pyramide gleicht.« Etwas später fügte er hinzu: »Es ist möglich, dass die Erosion durch das Wasser im Zusammenwirken mit dem Herausbrechen angeschlagener Felsteile das Entstehen einer solchen Struktur bedingt hat, aber dass ein solcher Prozess ein derart präzises Gebilde erzeugt hat, habe ich noch nie gesehen.«
Die These, dass es sich um ein von Menschen geschaffenes Objekt handelt, erfährt zusätzliche Bestätigung durch den Fund kleinerer Steinhügel in unmittelbarer Nähe. Die Einzelteile sind aus demselben Felsmaterial und haben mit etwa zehn Metern Breite und einer Höhe von knapp zwei Metern die Form von Stufen.
Es gibt keine Quellen über Menschen, die im prähistorischen Japan gesiedelt und Gebäude in einem derart gewaltigen Ausmaß geschaffen haben könnten. Andererseits wissen wir von den Jomon – die vor 10000 Jahren weite Gebiete des heutigen Japans bevölkerten –, dass sie große Gebilde aus Holz errichteten. Aber wie bei den Erbauern des Sphinx sind von ihnen keine Aufzeichnungen erhalten. Zumindest keine, die sie selbst hinterlassen haben. Gleichwohl schufen so unterschiedliche Völker wie die Babylonier und die Maya Legenden, nach denen Gottheiten aus dem Meer zu ihnen kamen und sie mit Errungenschaften einer neuen Zivilisation beschenkten. Aber wie verhält es sich mit den prähistorischen Bewohnern Okinawas? Wenn diese alte Zivilisation tatsächlich existierte, dann hätten sich doch gewiss ähnliche Mythen erhalten.