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Tatsächlich kennt man auf Okinawa eine solche Legende. Ihr zufolge kam der Gott Nirai-Kanai aus dem Meer zu den Menschen und brachte ihnen Glück. Es ist also wie bei dem sumerischen Oanes, dem Viracochas aus Peru und dem Quetzalcoatl der Maya und Azteken: Eine Gottheit scheint aus dem Meer aufgestiegen zu sein. Fremde, die mit Booten kamen, könnten durchaus die Quelle dieser Mythen gewesen sein.

Wie alt ist nun der japanische Fundort? Dr. Teruaki Ishii von der Universität Tokio erklärt dazu, dass das Land, auf dem dieses Bauwerk errichtet wurde, vor etwa 10 000 Jahren im Meer versunken ist. Wenn die Geologen sich nicht täuschen, geschah das ungefähr zu der Zeit, in der der Sphinx geschaffen wurde, und nicht lange vor einem rätselhaften, schrecklichen Ereignis, das zum Aussterben vieler Tierarten führte, wobei vor allem die großen Landtiere betroffen waren. So fällt das Verschwinden der Mammuts in diesen Zeitraum.

Selbstverständlich stellt das Versinken eines monolithischen Bauwerks im Meer vor Tausenden von Jahren keinen Hinweis auf den Zeitpunkt seiner Erschaffung dar – außer dass ein jüngeres Datum ausgeschlossen ist.

Es wäre natürlich hilfreich, wenn sich feststellen ließe, ob die Anlage unvollendet war, als sie versank. Aber so wie jeder Hinweis auf Erosion fehlt, gibt es auch keine Spuren von Bautätigkeit. Das erlaubt den Schluss, dass sie schon einige Zeit stand, ehe das Land vom Meer verschluckt wurde. Wie lange, das lässt sich heute allerdings noch nicht bestimmen.

Wenn wir einen Vergleich zu Werken in anderen Teilen der Welt ziehen könnten, von denen man weiß, dass sie sehr alt sind, ließe sich der Zeitraum der Erbauung vielleicht näher bestimmen. Die Anlage ist inzwischen analysiert worden, und allem Anschein nach weist sie keine architektonische Verwandtschaft mit anderen bislang erfassten Gebäuden aus der Frühzeit auf, sieht man einmal davon ab, dass bei allen jegliche Verzierungen fehlen. So, wie sie sich unseren Augen darbietet, wirkt sie allerdings höchst merkwürdig. Einerseits besitzt sie viele Schichten, Rampen und Plattformen, allesamt mit geraden Linien und Kanten, und trotzdem ist der Gesamteindruck chaotisch, als wären ihre Erbauer geniale Konstrukteure gewesen, hätten aber von Architektur und Ästhetik wenig Ahnung gehabt. Es sei denn natürlich, das Bewusstsein der Urheber war gänzlich anders strukturiert als das unsere, und hinter dem, was wir als Chaos wahrnehmen, steckte ein Ordnungsbegriff, den wir nicht mehr verstehen.

Vielleicht ist diese Anlage trotz des äußeren Anscheins auf natürliche Weise entstanden. Wenn aber jemand vor so langer Zeit etwas mit den Ausmaßen der Großen Pyramide geschaffen hat, müssten doch irgendwo im pazifischen Raum Reste seiner Zivilisation erhalten geblieben sein.

Interessanterweise finden sich gerade im Pazifischen Becken einige der geheimnisvollsten Überbleibsel der Welt. Dazu gehören die Ruinen von Nan Madol auf der Insel Ponape in Mikronesien. Sie wirken wie aus gewaltigen Holzquadern geschaffen, tatsächlich aber handelt es sich um Basaltblöcke.

Die Ruinen erstrecken sich über ein weites Gebiet, das mehr als 90 von Menschen geschaffene Inseln und eine Fläche von nahezu 30 Quadratkilometern umfasst. Die Basaltblöcke wurden meilenweit über Land geschleift und dann auf Flößen über Wasser nach Ponape gebracht, wo sie zu den berühmten Tempelanlagen aufeinander geschichtet wurden. Teilweise wiegen sie bis zu 50 Tonnen, und die damaligen Erbauer haben die verblüffende Leistung vollbracht, 485000 Tonnen Basalt heranzuschaffen.

Beinahe 100 künstliche Inseln zu erzeugen und dann diese mächtigen Basaltstrukturen zu errichten wäre selbst für heutige Ingenieure eine gewaltige Herausforderung. Noch schwerer wäre es, in dieser Gegend ein System von weit verzweigten Unterwassertunnels zu bauen, die damals direkt aus dem Korallenriff gehauen wurden. Wie das ohne moderne Sauerstoffmasken vollbracht werden konnte, ist ein einziges Rätsel.

Die Tatsache, dass ein Großteil der Stadt versunken ist, lässt auf ihr hohes Alter schließen, aber bislang liegen nicht genügend geologische Daten vor, anhand derer man den Zeitraum ihres Untergangs bestimmen könnte.

In den 1960er Jahren entsandte das Smithsonian Institute eine Expedition nach Nan Madol mit dem Auftrag, Daten zu sammeln. Anhand eines Holzkohle-Fundes in einer Feuerstelle schätzten die Wissenschaftler das Alter der Anlagen auf 900 Jahre. Allerdings sind ihre Erkenntnisse alles andere als gesichert, da niemand wissen kann, ob diese Feuerstelle wirklich von den Erbauern benutzt wurde. Zweifel sind auch deshalb angebracht, weil die damaligen Bewohner Nan Madols offenbar nicht in der Lage waren, komplizierte Bauten zu entwerfen, geschweige denn sie zu realisieren.

In den 1970er Jahren untersuchte Steve Athens vom Pacific Studies Institute in Hawaii Tonscherben, die in der Nähe der Anlagen gefunden worden waren. Eine Thermolumineszenz-Analyse ergab, dass sie mindestens 2000 Jahre alt sein müssen.

Diese Datierung überraschte die Fachwelt, denn als vor 200 Jahren die ersten Europäer nach Ponape kamen, besaßen die Einheimischen nicht einmal die einfachsten Tongefäße. Genauso wenig konnten sie ozeanfähige Kanus herstellen, vom Transport 50 Tonnen schwerer Steinquader ganz zu schweigen.

Folglich muss die Kultur auf der Insel gelinde gesagt einen dramatischen Rückschritt erlitten haben. Doch die Bevölkerung kennt Legenden über das alte Nan Madol, insbesondere über Steinblöcke, die von magischen Kräften durch die Luft befördert wurden.

Aber wie kamen die Quader dorthin? Die logischste Annahme wäre, dass der Transport mithilfe von Flößen erfolgte. Der Meeresboden um die Insel herum ist von Basaltblöcken übersät, die offenbar versanken, wenn Flöße in die Tiefe gerissen wurden. Wie alt diese Steine sind, lässt sich mit den gegenwärtig bekannten Technologien nicht ermitteln. Der Spekulation sind somit Tür und Tor geöffnet. Hilfreich wäre es, wenn die Quader auf die eine oder andere Weise mit einer frühen Zivilisation in Zusammenhang gebracht werden könnten. Doch die ersten Spuren menschlicher Besiedlung in Mikronesien tauchen erst um 1500 v. Chr. auf, was den Schluss zulässt, dass die älteren Tonscherben von Ureinwohnern stammen müssen. Und da so wenig Reste von Tonwaren gefunden wurden, dürfte diese Bevölkerung sehr spärlich gewesen sein.

Wie beim Sphinx und der versunkenen Anlage vor Yonaguni fällt es schwer, diese mächtigen Bauten auf die primitiven Völker zurückzuführen, die allem Anschein nach weit und breit die einzigen Bewohner der Inseln waren.

Vielleicht waren sie aber gar nicht die einzigen Bewohner. Im gleichen Gebiet sind kürzlich die Knochen von Menschen ausgegraben worden, die deutlich größer waren als die der Mikronesier. Ähnlich große Menschenknochen sind übrigens auch in Nord- und Südamerika entdeckt worden. In den Vereinigten Staaten haben die Funde zu einem Streit zwischen Vertretern der indianischen Bevölkerung und Archäologen geführt. Im Juli 1996 wurde in Kennewick, Washington, ein 9300 Jahre altes Skelett ausgegraben, das eine frappierende Ähnlichkeit mit in Asien gemachten Funden aufweist. Seitdem sind die Knochen in einem Safe verwahrt, denn die örtlichen Umatilla-Indianer wollen sie ohne weitere Untersuchungen nach ihrer eigenen Tradition bestatten. In jedem Fall bedeutet die bloße Existenz dieses Skeletts ein weiteres schlagendes Argument dafür, dass die vollständige Erfassung der Menschheitsgeschichte der letzten 10000 Jahre noch aussteht.

Die Herkunft der Steingebilde von Nan Madol ist alles andere als geklärt. Ein zusätzliches Rätsel werfen die Säulen auf, die sich alle unter Wasser befinden, während es auf dem Land keine vergleichbaren Gebilde gibt. Kurz, Nan Madol ist ein einziges Geheimnis. Es ist mindestens 2000 Jahre alt, doch im pazifischen Raum gibt es so gut wie keine Spuren von einer Zivilisation, die in der fraglichen Zeit fortgeschritten genug gewesen wäre, um ehrgeizige Bauprojekte wie dieses durchzuführen. Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein solches Volk nicht mit China Handel getrieben hätte, das in dieser Zeit der größte und am besten organisierte Staat an der Pazifikküste war. Doch dort sind keinerlei Aufzeichnungen über solche Handelsbeziehungen erhalten. Abgesehen von vereinzelten Tonscherben weist in Nan Madol nichts auf eine handwerkliche Tätigkeit hin.