Ende der Achtziger Jahre wurde beobachtet, dass die Ozonschicht weltweit, vor allem in Europa, immer dünner wurde, und über der Arktis wurden die ersten Löcher registriert.
Diese Entwicklung führte man auf FCKW zurück, ein Treibgas, das gern für Deodorants benutzt wird. Danach wurden weltweit Anstrengungen unternommen, den FCKW-Ausstoß zu reduzieren – und tatsächlich konnte man bereits 1995 beträchtliche Erfolge verzeichnen. 1998 wurde jedoch an einer anderen Front Alarm geschlagen: Britische und australische Wissenschaftler meldeten eine bedenkliche Zunahme der ebenfalls die Ozonschicht schädigenden Chemikalie Halon 1202 im oberen Bereich der Atmosphäre, woher dieser neue Giftstoff stammt, weiß man bis heute nicht. Er könnte als Abfallprodukt bei der Herstellung von Feuerlöschern in China oder möglicherweise bei Kriegshandlungen frei werden.
1998 wurde die Ozonschicht im oberen Bereich der Atmosphäre dramatisch dünn. Seit Jahren warnte die australische Regierung vor den Gesundheitsschäden, die durch allzu langen ungeschützten Aufenthalt in der Sonne entstehen können, und allmählich folgten andere Länder der gesamten Welt ihrem Beispiel.
Laut der US-amerikanischen Krebsgesellschaft hatte zwischen 1975 und 1992 die Hautkrebsrate bei Männern um 812 Prozent zugenommen. Die Häufigkeit von Melanomen im selben Zeitraum war um 66 Prozent gestiegen und die Sterblichkeitsrate um 30 Prozent. Bei Frauen waren die Zahlen deutlich besser, was darauf zurückgeführt wurde, dass sie weniger im Freien arbeiten als Männer und darum nicht im gleichen Maße der Sonne ausgesetzt sind.
Nur wenige Studien äußerten sich dazu, ob die Zunahme der UV-Strahlung auch die Gesundheit von Tieren und Pflanzen beeinträchtigt, und deren Ergebnisse waren nicht eindeutig. Allerdings ist beobachtet worden, dass sowohl bei frei lebenden Tieren als auch bei Zuchtvieh die Anfälligkeit für Erkrankungen in Besorgnis erregendem Maße gestiegen ist. Ob Seuchen unter Fröschen und anderen Amphibien, Rinderwahn in Großbritannien oder die Ausbreitung von Tollwut im Osten der Vereinigten Staaten – überall scheint die Widerstandskraft gegenüber Erregern zu sinken.
Wenn Tiere die Fähigkeit verlieren, Krankheiten abzuwehren, liegt das teilweise an zu starker UV-Strahlung, teilweise aber auch am Klimawandel, der die Rückkehr alter und das Aufkommen neuer gefährlicher Seuchen begünstigt.
Im April 1998 wurde eine von ungewöhnlich robusten Bakterien verursachte Epidemie gemeldet, die in der mittlerweile chronisch überhitzten und verschmutzten Karibik Korallen vernichtete. Daneben dezimierte das so genannte »kranker-Teich-Syndrom« weltweit die Frosch-, Kröten-, und Salamanderpopulationen. Heute kennen wir ein halbes Dutzend verschiedener neuer Erreger, die diesen Gattungen zusetzen.
Dass und in welchem Ausmaß Schadstoffe in den Körper von Tieren eindringen, belegte im August 1998 eine Studie holländischer Wissenschaftler. Sie fanden in der Leber von Walen, die fern der Küsten in der Tiefsee leben, Spuren von Polybromphenyl, eine Substanz, die für feuerfeste Gewebe verwendet wird und ähnliche Schäden wie DDT anrichtet, wenn sie in den Körper gelangt.
Nicht alle Tierarten sind vom Aussterben bedroht. Einige gedeihen sogar. Dank El Nino und der allgemeinen Tendenz zur Erwärmung war 1998 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das hatte eine weltweite Explosion der Mückenpopulationen zur Folge. Und was Malaria betrifft, kam es in sämtlichen Erdteilen zu einem – in den Worten der Weltgesundheitsorganisation – »quantitativen Sprung«. In Kenia wurden nach den schwersten Regenfällen seit 1961 – vermutlich ebenfalls eine Folge des El Nino – Tausende mit dem Rift-Valley-Fieber infiziert, das 200 Menschen das Leben kostete. In Lateinamerika und Teilen Afrikas breitete sich wieder die Cholera aus. In den Vereinigten Staaten sorgten ausgiebige Regenfälle in den Wüstengebieten des Südwestens für eine sprunghafte Vermehrung der Weißfußmäuse, die das gefährliche Hanta-Virus auf den Menschen übertragen können. Im August musste sich Houston, Texas, mit dem Versprühen von Insektiziden aggressiver Moskitoschwärme erwehren, und New Orleans litt unter einer Kakerlakenplage. Nach einer mit 18 Monaten ungewöhnlich langen Wärmeperiode stellte man in Russland die zunehmende Verbreitung medikamentenresistenter Tuberkulose fest, die sich angesichts der galoppierenden Verarmung der Bevölkerung kaum eindämmen lässt. 1999 begann man in New York nach einem massenhaften Ausbruch von Hirnhautentzündungen mit dem Versprühen von Moskitosprays. In Laredo, Texas, traten Fälle des von Moskitos übertragenen Dengue-Fiebers auf, und aus Long Island wurden durch einheimische Moskitos ausgelöste Malariainfektionen gemeldet.
Gleichwohl nahm das Aussterben heimischer Tierarten weltweit zu. Im von der Umweltkommission der Vereinten Nationen veröffentlichten Global Biodiversity Assessment (Bestandsaufnahme der Artenvielfalt) wurde festgehalten, dass 50- bis 100-mal mehr Blütenpflanzen und Wirbeltiere ausgestorben waren als in den Jahren zuvor.
14.
Jenseits von Windstärke 10
Um das Szenario, das sich gegenwärtig anbahnt, zu verstehen, müssen wir unser Augenmerk auf das Klimageschehen richten. Im Jahr des Supersturms wird in der nördlichen Hemisphäre der Sommer bis weit in den Herbst anhalten – so wie das jetzt schon oft der Fall ist. Die Polkappe und die arktischen Gletscher werden bis in den Oktober hinein schmelzen.
Während sich die Erdoberfläche erwärmt, baut sich in der Stratosphäre extreme Kälte auf Grund dafür sind die Treibhausgase, die sich dicht über der Erdoberfläche konzentrieren und so die Wärme daran hindern, in die höheren Schichten der Atmosphäre zu entweichen. Dieses Problem wurde 1998 zum ersten Mal erkannt und ist seitdem von Jahr zu Jahr ernster geworden. Bis 1999 sind die Temperaturen in der Stratosphäre, die in der Regel bei minus 45 Grad liegen, auf minus 62 Grad gesunken. Inzwischen betragen sie im Schnitt minus 73 Grad. In der der Erdoberfläche nahen Troposphäre, vor allem in der Arktis, sind die Temperaturen unterdessen beständig gestiegen. Wie von verschiedenen Modellen zur globalen Klimaerwärmung vorausgesagt, verläuft der Anstieg in den mittleren Breiten gemäßigt und im hohen Norden dramatisch. Einer bloßen Zunahme um zwei Grad in Phoenix, Arizona, steht ein Plus von acht Grad am Nordpol gegenüber.
Ein solcher Wärmestau nahe der Erdoberfläche gepaart mit eisiger Kälte in den oberen Bereichen der Atmosphäre ist noch nie von Meteorologen registriert und in keinem der Modelle zur Wettervorhersage erfasst worden. Insofern stellt der Supersturm eine Überraschung dar.
Tatsächlich ist es an der Erdoberfläche so warm, dass Hokaido, Japans nördliche Insel, überhaupt keinen Schnee mehr bekommt. Und in New York hat es in den letzten Jahren bis auf gelegentliche Schauer so gut wie gar nicht geregnet. Aber jetzt scheinen die Regengüsse kein Ende mehr zu nehmen. Amerikanische Wissenschaftler haben schon berechnet, warum die Wochenenden feuchter als die Arbeitstage sind. Ihrer Meinung nach liegt das daran, dass die Luftverschmutzung unter der Woche ihre höchsten Werte erreicht, sich mit dem Wasserdampf in der Luft mischt und die immer schwerer werdenden Wolken sich ab Freitag leeren.
Im Januar wird das Wetter kälter. In Kanada gibt es einen Kälteeinbruch, und im Norden frieren einige Seen zu. In Kansas City ist der Himmel klar, und an Silvester hat man einen einmaligen Blick auf den Sternenhimmel. In Grönland dagegen ist der Sachverhalt ein ganz anderer. Hier bietet sich ein merkwürdiges Bild.
Aus dem Süden weht eine starke Warmluftströmung heran, und der ohnehin schon dezimierte Grönlandgletscher entlädt erneut gewaltige Eismassen in die Fjorde. In dem Maße, in dem sich die Warmluft über der Erde staut, steigen die Temperaturen – nicht nur in Grönland, sondern in der gesamten Arktis. Das Eis, das nach mehreren warmen Jahren bereits geschwächt ist, beginnt zu schmelzen. Von den Polkappen steigt Wasserdampf nach oben, und obwohl eigentlich tiefster Winter sein sollte, bilden sich riesige offene Wasserflächen.