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Warmluft strömt zur Küste, und während man in New York einen weiteren Januar ohne Wintermantel genießen kann, braut sich über der Baffin Bay der große Sturm zusammen. Doch es ist nicht das einzige Unwetter. Die Bedingungen sind in der ganzen südlichen Arktis die gleichen. Weil die Polkappe so dezimiert ist, fällt die Strömung kalter Luft nach Süden nicht so stark aus, wie sie sein sollte. Zugleich drängt von den niedrigen Breitengraden Warmluft heran, die die Temperaturen immer weiter nach oben treibt. In einem Gebiet, wo in dieser Jahreszeit nur Schnee liegen sollte, beginnt es zu regnen. Das führt zwangsläufig zu Schmelze. Rasch sammelt sich eine in dieser Form noch nie da gewesene Flut von Süßwasser an. Was sich nicht ins Meer ergießt, verdunstet. Weiter südlich dagegen kühlt das Meer wegen der polaren Strömung ab, sodass dort auf einmal klirrende Kälte herrscht. Vielerorts spottet man schon über all das Gerede von globaler Erwärmung, ohne zu ahnen, dass es genau dieses Phänomen war, das den Frost gebracht hat.

Zu diesem Zeitpunkt liegt die Oberflächentemperatur jenseits des Polarkreises weit unter null. In höheren Bereichen pumpt die Strömung aus den Tropen aber weiterhin Warmluft nach Norden. Damit nicht genug: Die zwei Luftschichten erzeugen einen Strudel, der mit ungeheurer Kraft extrem kalte Luft aus der Stratosphäre ansaugt.

In Satellitenbildern wird der Sturm zunächst als Serie von nicht miteinander verbundenen Wolkenwirbeln sichtbar, die sich nach und nach zu einer Front knapp oberhalb des Polarkreises vereinen. Dabei entfalten sie über offenem Wasser ihren stärksten Sog.

Innerhalb der Sturmgebilde beginnen Superzellen auszubrechen, während am Pol weiterhin arktische Kälte und Warmluft aus dem Süden aufeinander prallen. Das alles vollzieht sich in einer nach der Schnee- und Eisschmelze mit Wasserdampf übersättigten Atmosphäre.

Ein Tornado fegt durch sechs sibirische Dörfer, und in Juneau schlägt ein Sturm mit einer Windgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern zu, der die Straßen fast einen Meter hoch mit Hagelkörnern bedeckt. Obwohl die Jahreszeit dafür eigentlich vorbei ist, breiten sich über dem Südatlantik tropische Tiefs aus.

Die Satellitenbilder enthüllen nun allmählich ein neues Phänomen. Weltweit werden riesige Gebiete von einer Wolkendecke überzogen – und die dickste hängt über der Arktis.

Fürs Erste behält der Trend zur Erderwärmung die Oberhand. Die Kaltfront zieht sich nach Norden zurück, während weiterhin Wasserdampf in die Atmosphäre entweicht. Doch in die nördlichen Meere strömt erneut bei der Schmelze frei gewordenes Süßwasser. In Toronto steigen die Temperaturen auf 25 Grad, während Sankt Petersburg eine bizarre Kombination aus ewiger Nacht und schwüler Wärme erlebt. In Moskau ist es der erste Winter, in dem die vielen obdachlosen Kinder nicht frieren müssen.

Bis zum 5. Februar steigen von dem Schnee und Eis in der ganzen Umgebung des Nordpols Dampfwolken auf, und die einzige stabile Eisschicht liegt gut 150 Kilometer vom Pol entfernt.

Mittlerweile hüllen Wolken die gesamte nördliche Hemisphäre ein, während Milliarden Tonnen von Schnee und Eis in Wasser und Wasserdampf umgewandelt werden. In der Arktis sind die langen Nächte pechschwarz, und wenn dünnes Licht die Wolken durchdringt, kann man sehen, wie sie von Westen nach Osten rasen.

Mit einem Schlag ist der Wetterkanal der am meisten eingeschaltete Fernsehsender der Welt – vorausgesetzt die Übertragung durch die Satelliten ist nicht gestört.

Als die Wolkendecke über der Arktis sich verdichtet, hören die Temperaturen auf zu steigen. Eine Zeit lang kommt das den Leuten normal vor. Der Frühling ist zu jung, als dass schon jetzt eine dauerhafte Erwärmung stattfinden könnte. Doch bald erreicht die Lage Dimensionen, die in der Geschichte der Menschheit beispiellos sind. Seit dem Versiegen des Nordatlantikstroms, der bisher immer für gemäßigte Temperaturen gesorgt hat, gibt es nichts mehr, das den Fall der kalten Luft aus den Höhen der Stratosphäre in die warme, feuchte Atmosphäre verhindern kann.

Die tropische Strömung, die von einer riesigen Fläche aufgeheizten Meerwassers erzeugt wird, entwickelt einen extremen Sog. Und während all diese geballte Energie noch ein Gleichgewicht sucht, brauen sich Stürme von noch nie da gewesener Gewalt zusammen.

Ein Gleichgewicht lässt sich nicht mehr herstellen. Von Alaska bis Hawaii, von Sebastopol bis Minsk und über der kanadischen Arktis entwickelt sich eine Störung nach der anderen.

Die Meteorologen vom National Weather Center verfolgen die Entwicklung voller ratloser Ehrfurcht. Derart wilde Unwetter hat es noch nie gegeben. Ein Tornado verwüstet Warschau. Venedig wird von einer Sturmflut aus der sonst immer so friedlichen Adria überschwemmt. Stürme mit Windgeschwindigkeiten von 200 Stundenkilometern walzen Südengland nieder. Die großen Schleusen in der Themsemündung müssen geschlossen werden. In den Niederlanden wird Katastrophenalarm gegeben, als das Meer einen Deich nach dem anderen überflutet. Paris erlebt einen schlimmen Elektrosturm, dem ein Dutzend Menschen zum Opfer fallen. In der Nähe von Kansas City wird ein Tornado beobachtet, der drei Stunden lang auf Bodenhöhe tobt und 900 Camper in ihren Wohnmobilen tötet.

Windböen mit Geschwindigkeiten von 160 Stundenkilometern und mehr fegen über New England hinweg und bringen sintflutartigen Eisregen. Die Temperaturen, die unter dem schwarzen Himmel bisher abnormal hoch waren, beginnen nun zu fallen. Die Wolken reflektieren so viel Sonnenlicht ins All, dass sogar die überhitzten Tropen nicht mehr genügend Energie liefern können, um einen Ausgleich zu schaffen.

Der enorme Energieaustausch, der sich zwischen der von extrem kalter Luft aus der Stratosphäre gespeisten Arktis und den überhitzten Tropen entwickelt hat, erzeugt nun eine Serie von Zyklonen, die wie taumelnde Derwische rings um die Arktis jagen. Einige dieser Stürme enthalten Dauerwinde mit Geschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometern und Böen, die das Doppelte erreichen können. Abermillionen tote und geschwächte Bäume werden entwurzelt, sodass über Nacht ganze Wälder in Brachland verwandelt werden. Da ihm nun keine Bäume mehr im Weg stehen, kann der Wind umso wütender über das leere Land rasen.

Die Temperaturen an der Erdoberfläche sinken weiter. Die Winde werden immer heftiger.

In British Columbia tauchen die ersten Flüchtlinge auf und erzählen wahre Horrorgeschichten von Hagelstürmen, die ganze Hochhäuser niedergerissen und Straßen unpassierbar gemacht haben. Bald aber – zu bald – sickert der Flüchtlingsstrom nur noch. Dann versiegt er ganz.

Die ersten Einwohner von Quebec, dann von Ottawa und schließlich von Toronto ziehen südwärts. In Westkanada ist eine wahre Auswanderungswelle in Richtung Vereinigte Staaten im Gange. Dort werden Anweisungen, die Grenze zu öffnen, widerrufen. Der Gouverneur von Maine mobilisiert die Nationalgarde.

Binnen weniger Tage verschlechtert sich die Lage derart dramatisch, dass die Maßnahmen zur Abschottung des eigenen Landes jede Bedeutung verlieren. Winde mit Geschwindigkeiten von 200 Stundenkilometern peitschen über die Great Lakes und bringen Eisregen und Schneeschauer. Die Wolken türmen sich höher als je zuvor auf; ihre Spitzen reichen bis weit in die Stratosphäre. Wenn die feuchte Luft des Sturms dieses extrem kalte Gebiet passiert, kühlt sie sich unvorstellbar schnell ab und stürzt aus 20 Kilometern Höhe der Erde entgegen.