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Für die Erde wird das bedeuten, dass wieder einmal nur eine kleine Anzahl anpassungsfähiger Arten überleben wird – Unkraut, Ratten, Schaben, Mücken und dergleichen. Und der Mensch? Vielleicht – aber unsere Größe ist dabei kein Vorteil. In Phasen des Massenaussterbens sind die größeren Tiere in der Regel die anfälligsten. In der gegenwärtigen Periode sind bereits viele große Tiergattungen verschwunden, die noch vor 10000 Jahren über alle Kontinente verbreitet waren. Setzt sich das Schema in seinem bisherigen Rhythmus fort, wird die nächste Sterbewelle die Gruppe derjenigen großen Tiere erfassen, der auch die Menschheit angehört. Bisher waren die in hohem Maße an ihre Umwelt angepassten Gattungen mit großen Populationen und einseitiger Ernährung die am höchsten gefährdeten. Wir als Allesesser hätten insofern einen Vorteil. Aber weil wir unsere Habitate zunehmend auf große Städte konzentrieren, wo viele von uns die Fähigkeit verlieren, sich selbst zu versorgen, sind wir in eine alte Falle getappt: Wir haben unsere Flexibilität eingebüßt und sind wie so viele andere große Tierarten anfällig geworden.

Die Struktur des Aussterbens scheint einem groben Muster zu folgen, doch wir müssen uns vor Augen halten, dass die Sprache der Fossilien nicht nur schwer zu lesen ist, sondern auch so viele Lücken aufweist, dass das Ergebnis zwangsläufig neue Fragen aufwirft. Andererseits ist die Epoche, in der die Saurier verschwanden, intensiv studiert worden, sodass sie durchaus als Schablone für andere Zeitalter und Wendepunkte benutzt werden kann.

Das letzte große Aussterben dauerte bereits etwa zweieinhalb Millionen Jahre an, als der Einschlag eines Kometen oder Asteroiden die letzten Saurier ausrottete. Wie zu Anfang der Umwälzungen, die im Perm Hunderte von Jahrmillionen davor fast alles Leben vernichteten, gab es weltweit eine radikale Temperaturveränderung, der ein Absinken des Meeresspiegels folgte. Korallenriffe und alle am Boden der Meere lebenden Tiere wurden ausgelöscht. Danach traten Klimaveränderungen auf, die zum Verschwinden der meisten Pflanzenarten führten. Die Welt wurde trockener und kälter. Riesige Dschungel verdorrten, und Grasland wurde zu Steppe.

Zu diesem Zeitpunkt vollzog sich ein Prozess, der sich heute, Jahrmillionen danach, auf gewisse Weise wiederholen könnte: Damals tummelten sich in den Ebenen intelligente, schnelle Saurier; der begabteste darunter war der so genannte Struthiomimus. Diese Raubtiere jagten wahrscheinlich in hierarchisch geordneten Herden, den Affen nicht unähnlich, die sich am Anfang des gegenwärtigen Massenaussterbens zu verbreiten begannen – Tiere, die sich den geänderten Bedingungen anpassen und überleben konnten.

Hoffentlich werden wir erfolgreicher sein als unsere Vorgängerspezies – wir, die wir nach dem Austrocknen der Dschungel in den gefährlichen Ebenen auftauchten, wo wir dank unserer Schnelligkeit gepaart mit Intelligenz beste Voraussetzungen für den Konkurrenzkampf hatten.

Als nun der Komet einschlug, der die Saurier vernichtete, waren in ihrer Welt – so wie in unserer heute – seit Millionen von Jahren Umwälzungen vor sich gegangen. Wie die unsere hat die Geschichte des Struthiomimus innerhalb eines Massenaussterbens um ihn herum stattgefunden. Aber letztlich wurde auch das Raubtier Struthiomimus trotz seiner Intelligenz von diesem Prozess eingeholt und verschluckt.

Was in unserer Zeit abläuft, ist nicht von einem kontinuierlichen Aussterben geprägt, sondern von Schüben und Erholungsphasen. Stets passt sich das Leben an den Wandel an, und die Artenvielfalt kann sich regenerieren. Doch in der gegenwärtigen Phase ist die Zahl der ausgestorbenen Gattungen nicht nur rasant gestiegen; diese verschwinden so schnell, dass nach dem Ende des Prozesses nicht mit einer raschen Rückkehr zu einer Vielfalt zu rechnen ist.

In den letzten 20000 Jahren haben wir einen Wendepunkt erreicht, der in vieler Hinsicht der Klimax gleicht, die das Ende der Saurier bedeutete. Wie damals verändert sich die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre sehr schnell. Doch während in der Vorzeit Waldbrände und Vulkanausbrüche die Ursache waren, geben heute Chemiefabriken und das Verheizen fossiler Brennstoffe den Ausschlag.

Wie auch immer, die Wirkung ist die gleiche. Die Gattungen heute sterben genauso schnell aus wie nach dem Kometeneinschlag, der das Ende der Saurier bedeutete.

Es dauerte fünf bis zehn Millionen Jahre, ehe sich auf der Erde wieder Tierpopulationen gebildet hatten, die zahlenmäßig an die der Saurier-Ära heranreichten. Vor allem in den Ozeanen entstanden viele Arten, die schnell wieder zugrunde gingen – evolutionäre Fehlschüsse sozusagen. Erst nach 35 Millionen Jahren war die Erde wieder so weit, dass sie stabilen Populationen von Wesen Platz bot, die ähnlich hoch entwickelt und vielfältig waren wie ihre Vorgänger.

In so unendlich weiten Zeiträumen zu denken ist für uns schier unmöglich. Gleichwohl offenbart die Geschichte des Lebens auf der Erde erst vor dem Hintergrund von Äonen ihre tieferen Zusammenhänge.

Vor etwas weniger als drei Millionen Jahren geschah nun etwas, das eine Periode von beinahe sechzig Millionen Jahren relativer klimatischer Stabilität und beständigen Wandels unter den Gattungen aus dem Gleichgewicht brachte. Die Störung war so massiv, dass sie das Massenaussterben auslöste, das unsere Epoche prägt.

Was ist geschehen, das eine solche Veränderung herbeiführen konnte? Wie sind wir in die außergewöhnliche Lage geraten, dass wir unseren Untergang ausgerechnet in dem Moment begreifen, in dem er uns verschlingt?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, müssen wir in die Epoche zurückkehren, in der die lange Serie von Eiszeiten, die unsere Ära kennzeichnen, begann.

16.

Panik

Von: Bob Martin vom US-amerikanischen National Severe Storms Laboratory

An: Alex Rich vom Hadley Centre For Climate Prediction and Research

Alex,

es tut mir schrecklich Leid, dass ich nicht eher antworten konnte. Hier war die Hölle los, wie du dir denken kannst. Wie sieht es bei euch mit Vorkehrungen aus – ich meine, mit persönlichen? Ich würde Portugal vorschlagen – Südportugal. Natürlich werden alle Straßen verstopft sein. Na ja, ich habe Martie und die Kinder nach Texas geschickt. Klar, es stinkt zum Himmel, wenn man sie rausbringt, bevor die Öffentlichkeit was erfährt. Aber was bleibt uns denn anderes übrig? Man muss an sein eigenes Fleisch und Blut denken. Wir haben hier so verdammt viele Meetings, dass wir kaum noch zum Arbeiten kommen. Das Weiße Haus schreit nach uns, der Sicherheitsrat schreit nach uns. Dazu noch FEMA – das Federal Emergency Management. Und keiner, wirklich kein Schwein, hat einen blassen Schimmer.

Hast du gesehen, was über Baffin Island abgegangen ist? Mein Gott, ich schätze, dass die Todesrate dort oben hundert Prozent beträgt. Warte nur, bis die Presse davon Wind bekommt. Das sind Gebiete, wo die Temperaturen innerhalb von Minuten um vierzig Grad gesunken sind! Herrgott, wer hätte geahnt, dass das Wetter so was anrichten kann?

Ich mache mir Sorgen um dich, Mann! Und ich will schleunigst eine Antwort von dir haben! England ist im Arsch! Du hast keine Chance! Wir sehen das ganze Ding auf unseren Bildschirmen als einen einzigen Sturm. Die Strömung ist unglaublich! Dieses Ding hat sich über die ganze Welt ausgebreitet.

Bei euch wird es schneien wie wild. Und dazu der Wind. Mann! Innerhalb von zwei Wochen wird es sechs Meter runterhauen! Und danach friert alles zu. Das kann man nicht überleben.

Meine Güte, es geht nicht um Menschen, die du gar nicht kennst. Es geht um die, die du liebst! Kauf Gold. Goldmünzen. Pass auf, die Preise ziehen jetzt schon an! Und bald ist der Teufel los. Mach dich auf die Socken, Mann, und sieh zu, dass du noch Gold kriegst!