Die meisten Vorhersagen, die 1985 umgingen, sprachen von einer verheerenden Bevölkerungsexplosion, der Zunahme der Umweltverschmutzung und dem schnellen Niedergang sämtlicher Lebensformen. Und verantwortlich waren ausschließlich wir. Statt nur einer von vielen Faktoren in einem ungemein komplexen allgemeinen Prozess zu sein, wurden wir als der einzige Auslöser gesehen. Unsere gesamte Umweltplanung wurde folglich durch Schuldgefühle beeinträchtigt. Die Fehler lagen irgendwie immer bei uns.
Trotz allem reagierte die Menschheit auf die Umweltkrise.
Erreicht haben wir Folgendes:
Die Rüstungsausgaben fielen von einem Spitzenwert von einer Trillion Dollar im Jahr 1988 auf 700 Billionen Dollar 1996. Windstrom und Sonnenenergie sind heute um ein Vielfaches billiger als vor 25 Jahren.
Allen – außer vielleicht den optimistischsten – Voraussagen zum Trotz ist die Erdbevölkerung deutlich langsamer gewachsen, als man 1985 angenommen hatte.
Kurz, weil die Umwelt unsere Existenz in Frage stellt, antworten wir mit einer massiven, die ganze Welt umfassenden Anstrengung, unser Überleben zu sichern. Und das haben wir geschafft, obwohl die Umweltpolitik im mächtigsten Land der Erde durch eine völlig verfehlte Debatte über ihre Notwendigkeit gelähmt wird.
Derselbe Schalter, der ab einer bestimmten »kritischen Masse« die Umwelt schlagartig von einem Zustand in einen anderen befördert, funktioniert auch in der menschlichen Gemeinschaft. So wie die Umwelt allmählich eine Schwelle zum Negativen erreicht, entwickelt die Menschheit ein Gegengewicht, das den Schalter vielleicht wieder in die richtige, die von uns gewollte Richtung bewegt.
Ein Teil des Wandels ist gesellschaftlicher Natur. Wir können uns heute kaum noch erinnern, wie die geopolitische Lage vor nur 15 Jahren aussah oder wie es damals um Wissenschaft und Technik bestellt war.
Die UdSSR war eine unverrückbare politische Realität. Es gab nur wenige, die ernsthaft ihre Langlebigkeit anzweifelten. Und welcher Politiker ging damals nicht davon aus, dass in absehbarer Zukunft ein zentral gelenkter Sowjetstaat Osteuropa fest im Griff haben würde?
Und doch – binnen weniger Jahre war Russland eine Föderation unabhängiger Staaten, Osteuropa frei und der sowjetische Kommunismus zusammengebrochen. Gegen alle Erwartungen war eine Schwelle erreicht, ein Schalter umgelegt worden – mit einem Schlag war eine neue Situation geschaffen worden.
Seitdem hat sich Europa einem Programm der Modernisierung und Selbsthilfe verschrieben, das in der Geschichte fast beispiellos ist. Wir hören meistens nur von Spannungen auf dem Balkan. Aber die Realität in Osteuropa ist doch, dass eine der unruhigsten Regionen der Welt im Begriff ist, einen massiven Aufräumprozess einzuleiten, der letztlich zu einer völligen Umstrukturierung einer veralteten und zutiefst schädlichen industriellen Infrastruktur führen wird.
Natürlich ist Osteuropa nur eine winzige Insel in einem weiten Meer der Verantwortungslosigkeit. In Asien fehlt es praktisch überall an Umweltbewusstsein. Das fängt an mit China, das sich mit Feuereifer einem Prozess der Selbstvergiftung verschrieben hat und dabei so gründlich zu Werke geht, dass unabhängig vom Klimawandel ein Großteil des chinesischen Gebiets in beängstigend kurzer Zeit für jeden Nutzen durch den Menschen unbrauchbar werden könnte.
Lateinamerika hat in den letzten 15 Jahren eine Massenmigration in die Hauptstädte und deren Hinterland erfahren. In ihrem Bemühen, die explodierenden Bevölkerungen mit Nahrung und Wohnraum zu versorgen, führen Länder wie Brasilien einen Vernichtungskrieg gegen die tropischen Wälder und siedeln Menschen in Gebieten an, die solche Eingriffe nicht intakt überleben können.
Damit haben diese Staaten einer Katastrophe Tür und Tor geöffnet, die fast so groß sein könnte wie diejenige, die offenbar China erwartet.
Für uns heißt das, dass wir trotz aller Erfolge in der jüngsten Vergangenheit mehr und Besseres leisten müssen. Wir brauchen einen Durchbruch.
Durchbrüche lassen sich nicht planen. Es wird einer gelingen, wenn niemand es vermutet, und zwar auf einem Gebiet, das eher den Randbereichen zugerechnet wird. Und sein Inhalt wird entweder aus neuem Wissen bestehen oder aus Kenntnissen, die eigentlich schon verworfen waren, aber von einem Visionär geborgen wurden.
Denkbar wäre ein solcher wissenschaftlicher Durchbruch in der Kernfusion, in der Entwicklung effizienter und zugleich umweltfreundlicher Technologien zur Speicherung von Energie oder in der Entdeckung eines Mittels, das Umweltgifte wie Kohlendioxid rückstandsfrei aus der Atmosphäre beseitigt.
All diese Bereiche bieten begründeten Anlass zu Hoffnung. Fortschritte versucht man aber auch mit Ansätzen zu erzielen, die eher als esoterisch betrachtet werden. So gibt es Bestrebungen, dem kosmischen Vakuum Energie zu entziehen, wovon sich die Betreiber endlose Ressourcen versprechen, mit deren Hilfe sogar Flüge in die entferntesten Bereiche des Alls möglich wären. Gelänge das, könnte sich die Menschheit jenseits unseres Sonnensystems ausbreiten, und der Bevölkerungsdruck auf dem Planeten Erde würde gemildert. Der Druck auf uns würde aber auch abnehmen, hätten wir einen Kernfusionsreaktor oder bessere, nachhaltigere Methoden für die Beheizung unserer Häuser. Beide Technologien sind verlockend nahe in Reichweite. Abwegiger sind da schon Vorstellungen wie die eines gewissen Nikola Tesla, der Anfang des letzten Jahrhunderts mit einem merkwürdigen Experiment aufzeigen wollte, dass die Möglichkeit besteht, elektrische Energie aus der Ionosphäre zu beziehen. Nun, es spricht einiges dafür, dass interessierte Kreise aus der Ölindustrie diese Technologie diskreditierten. Ob sie jemals funktionieren wird, ist natürlich fraglich. Gleichwohl ist in einer Welt, die dringend auf saubere Energie angewiesen ist, die Durchführung auch solcher Versuche unumgänglich.
Nie hat die Wissenschaft der Menschheit mehr Hoffnungen geboten als heute. Und nie war unsere Bereitschaft größer, daraus Nutzen zu ziehen. Selbst wenn die Weltwirtschaft mit der Umweltkatastrophe Vabanque spielt, bringt sie dennoch fantastische Geräte und Mittel hervor, die uns Gesundheit, Wohlstand und Glück bescheren. Am düsteren, grauen Horizont leuchten eben auch großartige Versprechen. Einerseits ist in China erfreulicherweise das durchschnittliche Realeinkommen pro Kopf um 400 Prozent gewachsen, andererseits müssen wir uns damit der Frage stellen, was geschehen würde, wenn der Durchschnittschinese genauso viel Öl verbrauchte wie jeder Amerikaner. China würde in diesem Fall täglich 80 Millionen Barrel Rohöl benötigen – womit der gegenwärtige Ausstoß, der weltweit bei 67 Millionen Barrel täglich liegt, mehr als verdoppelt würde.
China kann also gar nicht wachsen – sollte man meinen. Aber im ehemaligen Reich der Mitte drängen genauso wie überall auf der Welt erfindungsreiche, vielversprechende, brillante Leute nach vorne, und sollte ihre Entwicklung in einer Richtung blockiert werden, würde sie in eine andere ausweichen. Tatsächlich werden die Chinesen wohl nie so viel Öl verbrauchen wie die Amerikaner. Die Dinge werden eine ganz andere Entwicklung nehmen, die das verhindert. Dennoch, wenn die Geschichte ein Maß ist, wird der Durchschnittschinese in 20 Jahren weit wohlhabender sein als heute. Er wird über ein Auto verfügen, mehr und bessere Nahrung haben, Fernsehen, Speiseeis, Bildung, Kleidung, einen Computer und alles Sonstige, wonach er strebt.