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Mit Unterstützung von finanziell reich gesegneten Stiftungen unterhält die Ölindustrie eine Streitkraft von Spezialisten mit akademischem Abschluss, die das Thema geschickt herunterspielen. Unterstützt werden sie dabei von konservativen Kongressabgeordneten, insbesondere Republikanern, die jede Diskussion über dieses weltweit so wichtige Thema als »liberales Gerede« abtun. Dabei müsste doch längst jedem klar sein, dass es absolut nichts mit politischer Ideologie zu tun hat. Die Umweltproblematik hätte nie auf solche Weise für politische Zwecke instrumentalisiert werden dürfen. Sie sollte vielmehr über der Politik stehen.

Die amerikanische Öffentlichkeit ist in die Irre geführt worden. Die politisch gewollte »Abwarten-und-Tee-trinken-Haltung« läuft auf ein gigantisches Vabanquespiel hinaus, auf einen Großversuch, der ergeben wird, ob die Natur eine derartige Ignoranz ertragen kann oder nicht.

Leider können da auch unsere wissenschaftlichen Institutionen keine Abhilfe schaffen. Sie sind einfach nicht fähig, das Problem mit der erforderlichen Entschiedenheit und Klarheit aufzugreifen. Während wir um uns herum einen massiven Klimawandel erleben, hat sich die Wissenschaft in einer für sie verheerenden, wenn auch unvermeidlichen Diskussion über ihre Fähigkeit, Prognosen abzugeben, verheddert.

Selbst wenn man die Bemühungen um bessere Klimamodelle anerkennt, lässt sich doch nicht leugnen, dass dieser Ansatz grundsätzlich mit Fehlern behaftet ist, die die Wissenschaft noch ohnmächtiger machen.

Das so genannte Modell von der allgemeinen Zirkulation, eines der grundlegenden Werkzeuge der Klimaforschung, vermag nicht hinreichend zu erklären, wie der Austausch von Kohlendioxid zwischen den Meeren und der Luft abläuft. Darum taugt es nicht als Modell für den definitiven Beweis, dass tatsächlich eine globale Erwärmung im Gange ist. Wenn nun die Skeptiker darauf hinweisen, dass die Durchschnittstemperaturen in den letzten 50 Jahren ganz anders als die Kohlendioxidemissionen nur geringfügig angestiegen sind, hat die Wissenschaft keine treffende Antwort parat.

Das Problem umfasst mehr als nur einen Mangel an brauchbaren Modellen und den dafür nötigen Werkzeugen. Die Wissenschaft selbst ist das Problem, weil sie aufgrund ihrer ganzen Struktur deutliche oder aggressive Prognosen erst gar nicht zulässt. Die Wissenschaft ist in Tausende verschiedene, eng begrenzte Fachgebiete zersplittert, deren jeweilige Erkenntnisse fast zwangsläufig in isolierten Kreisen erörtert werden. Vereinzelte Forschungsergebnisse mögen zwar stichhaltig sein, werden aber nur äußerst selten in ein großes Gesamtbild eingefügt. Zwangsläufig kommen dabei zentrale Themen unter die Räder. Dabei wäre es doch überlebensnotwendig, für Probleme wie die Frage, ob unser Planet auf einen plötzlichen Klimawandel zusteuert, klare, eindeutige Antworten zu geben, auf die wir angewiesen sind, um endlich handeln zu können.

Ohne ein unwiderlegbares Modell, in dessen Rahmen die Daten ausgewertet werden, scheint es endlos viel Raum für Debatten zu geben. Doch vermutlich ist der Hang der Wissenschaft, lückenlose Argumentationsketten liefern zu wollen, eine gefährliche Illusion, wenn man bedenkt, dass der letzte Supersturm offenbar blitzartig aufzog und Tiere mitten in der Nahrungsaufnahme zu Eis erstarren ließ. Wir treiben Spielchen mit einer Klimastörung, deren Auswirkungen verheerender wären als die eines Atomkriegs.

Da die Wissenschaft zu eindeutigen Stellungnahmen nicht in der Lage ist und ihr zudem eine große, effektive und finanziell bestens ausgestattete Streitmacht von Interessenvertretern gegenübersteht, gibt es so gut wie keine Aussicht, dass sich unsere Gesellschaft zu entschiedenen Maßnahmen aufrafft.

Von entscheidender Bedeutung wird es also sein, zu erkennen, wann der Supersturm sich tatsächlich ankündigt, und dann entschlossen und radikal zu handeln. Zu hoffen wäre nur, dass es dann nicht zu spät ist.

Die Bühne ist frei für den Supersturm, wenn die Wintertemperaturen über dem Polarkreis unverhältnismäßig hoch ansteigen, während gleichzeitig der Salzgehalt des Arktischen Meeres abnimmt. Ist ein bestimmter Tiefstwert unterschritten, wechselt die Nordatlantikströmung die Richtung. Ein solches Zusammentreffen von Ereignissen löst eine Vielzahl kleinerer Stürme aus, ehe schließlich der Supersturm ausbricht. Es kann sogar sein, dass die große Katastrophe hinter den Dutzenden von lokalen Unwettern gar nicht zu erkennen ist. Schließlich weiß niemand genau, wie sich ein Supersturm ankündigt.

Aber wenn er ausgebrochen ist, wird der Supersturm sich erst dann wieder beruhigen, wenn die Energie, die ihn antreibt, verpufft ist – und das kann womöglich dauern, bis die Nordatlantikströmung in ihre alte Bahn zurückkehrt.

Jeder Versuch, das Wetter in der Endphase zu beeinflussen, in der sich der Supersturm zusammenbraut, dürfte vergeblich sein. Die einzige Möglichkeit, ihn dann noch aufzuhalten, bestünde darin, die Erwärmung der Atmosphäre über den gemäßigten Klimazonen der nördlichen Hemisphäre radikal zu unterbrechen.

Schwierig wäre es allerdings, das Aufziehen des Sturms rechtzeitig zu erkennen. Zurzeit sind die Wetterberichte – in den USA zumindest – in der Regel auf Regionen begrenzt. Die Grenzen unseres Kontinents überschreiten sie leider nur selten.

Aber selbst wenn wir rechtzeitig vor einem Supersturm gewarnt würden, hätten wir nicht die Mittel, etwas dagegen zu unternehmen. Schlimmer noch, die Mächte, die jetzt jede umweltfreundliche Reform bekämpfen, würden selbst dann noch ihre altbekannten Methoden einsetzen, um uns bis zum Schluss einzulullen.

Es ist also durchaus möglich, dass wir auch dann nicht auf den Sturm reagieren, wenn er heraufzieht, und nichts von all dem unternehmen, was kurzfristig Abhilfe schaffen würde: nicht mehr Auto fahren, den Stromverbrauch auf das Nötigste drosseln, die Heizungen abschalten, den Flugverkehr einschränken. So ist zu befürchten, dass wir bei einem verheerenden Sturm und sinkenden Temperaturen nichts anderes tun, als alles Öl oder Gas zu verbrennen, und wenn auch das nichts mehr hilft, unser Heil in einer Massenflucht zu suchen, bei der wir natürlich noch mehr Kohlendioxid produzieren.

Wir kennen Stürme, haben aber nie die Gewalt eines Supersturms erfahren. Freilich können wir davon ausgehen, dass die Menschen in Panik geraten, sobald klar wird, dass etwas noch nie Dagewesenes auf sie zukommt, der totale Zusammenbruch ihrer Umwelt.

Das Szenario sähe etwa so aus:

Von Wladiwostok bis Toronto droht nahezu allen Städten nördlich des 40. Breitengrades der Notstand. Anhaltende Winde von fast 200 Stundenkilometern machen die Menschen zu Gefangenen in ihren Häusern oder Autos. In der Arktis und Subarktis lassen ultrakalte Böen alles, worauf sie stoßen, binnen Minuten zu Eis gefrieren. Die Panik greift um sich, wenn schwere Wolken die über Satelliten gesteuerte Kommunikation stören und die Infrastruktur nach und nach zusammenbricht. Zu Stromausfällen kommt es wohl schon in einem frühen Stadium des Sturms, was die Kommunikation und die Überlebenschancen in der klirrenden Kälte noch drastischer verringert.

Bei längerem Anhalten des Sturms müssen Kohlekraftwerke mangels Nachschub bei ausbleibender Lieferung abgeschaltet werden. Die Öl- und Gasversorgung durch Pipelines muss unterbrochen werden, weil frei liegende Rohre platzen oder Öl bei extremer Kälte verklumpt.

Irgendwann bricht in den meisten Ländern das gesamte Stromnetz zusammen. Allenthalben setzt eine verzweifelte Massenflucht ein, sobald die Leute begreifen, dass das Überleben im Sturmgebiet im günstigsten Fall problematisch ist. Doch die Straßen sind alle blockiert, weil nach dem Wegfall der Benzinversorgung auch der Schneeräumdienst nicht mehr fährt. Zunächst einigen, später Hunderten von Millionen Menschen gehen die Lebensmittelvorräte aus.