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Das war zuviel für die Wollköpfe. Während sie sich noch um die Schätze balgten, schoben wir das Boot in tieferes Wasser, kletterten an Bord und waren auch schon zehn Meter entfernt. Und vier Stunden später hatte ich am selben Strand dreißig Arbeiter geworben.

Ein Fall, an den ich mich besonders gut erinnere, ereignete sich auf Malaita, der wildesten Insel des östlichen Salomon-Archipels. Die Eingeborenen waren auffallend freundlich gewesen; und wie konnten wir auch wissen, daß das ganze Dorf bereits seit über zwei Jahren sammelte, um den Kopf eines weißen Mannes zu kaufen? Diese Kerle sind alle Kopfjäger, und der Kopf eines Weißen ist bei ihnen besonders begehrt. Der Bursche, der den Kopf erbeutete, würde die ganze Kollekte erhalten. Wie ich bereits sagte, sie machten einen sehr freundlichen Eindruck auf mich, und an diesem Tag war ich unten am Strand, fast hundert Meter vom Boot entfernt. Oto’o hatte mich gewarnt, und wie immer, wenn ich nicht auf ihn hörte, geriet ich in Schwierigkeiten.

Ehe ich wußte, wie mir geschah, schwirrte eine Wolke von Speeren aus dem Mangrovensumpf auf mich zu. Mindestens ein Dutzend blieb in mir stecken. Ich begann zu laufen, stolperte jedoch über einen Speer, der aus meiner Wade ragte, und fiel hin. Die Wollköpfe rannten um die Wette, jeder mit einem langstieligen, breitschneidigen Tomahawk bewaffnet, um mir damit den Kopf abzuhacken. Sie waren so gierig nach der Trophäe, daß sie sich gegenseitig ins Gehege kamen. In der Verwirrung entging ich mehreren Axthieben, indem ich mich im Sande nach rechts und nach links wälzte.

Und dann kam Oto’o - der Wehrhafte. Irgendwie war ihm eine schwere Schlachtkeule in die Hände gekommen, und das war im Nahkampf eine viel wirksamere Waffe als ein Gewehr. Er war mitten unter ihnen im dichtesten Gewühl, so daß sie ihre Speere gegen ihn nicht einsetzen konnten, und auch ihre Tomahawks schienen mehr als nutzlos zu sein. Er kämpfte für mich, und er wütete wie ein wahrer Berserker unter ihnen. Es war erstaunlich, wie er die Keule einzusetzen wußte. Ihre Schädel wurden zerquetscht wie überreife Orangen. Erst als er sie zurückgetrieben hatte, mich aufhob und zu laufen anfing, erhielt er seine ersten Blessuren. Er erreichte das Boot mit vier Speerwunden, griff nach seiner Winchester und traf mit jedem Schuß einen Mann. Dann ruderten wir zum Schoner zurück und ließen uns verarzten.

Siebzehn Jahre lang waren wir zusammen. Er machte mich zu dem, was ich heute bin. Ich wäre heute ein Frachtaufseher, ein Werber oder nur noch ein Name auf einem Grabstein, wenn es ihn nicht gegeben hätte.

»Du gibst dein Geld aus, und dann gehst du hin und verdienst wieder etwas«, sagte er eines Tages. »Jetzt ist es leicht, Geld zu verdienen. Doch wenn du in die Jahre kommst und bist dein Geld los, wirst du nicht mehr imstande sein, neues zu verdienen. Ich weiß Bescheid, Herr. Ich habe die weißen Männer beobachtet. An den Stränden gibt es viele Alte, die einmal jung waren und ebenso leicht Geld verdienen konnten. Jetzt sind sie alt, besitzen nichts und warten darauf, daß junge Männer wie du an Land kommen und ihnen ein paar Gläschen spendieren.

Der Schwarze arbeitet als Sklave auf den Plantagen. Er bekommt zwanzig Dollar im Jahr. Er schuftet dafür. Der Aufseher schuftet nicht. Er sitzt auf einem Pferd und sieht zu, wie sich die Schwarzen abrackern. Er bekommt zwölfhundert Dollar im Jahr. Ich bin ein Matrose auf dem Schoner. Ich verdiene fünfzehn Dollar im Monat, und das nur, weil ich ein guter Matrose bin. Ich arbeite schwer. Der Kapitän hat ein doppeltes Sonnensegel und trinkt Bier aus großen Flaschen. Ich habe ihn nie ein Tau einholen oder ein Ruder bedienen sehen. Er bekommt einhundertfünfzig Dollar im Monat. Ich bin ein Matrose. Er ist ein Schiffsführer. Herr, ich glaube, es wäre gut, wenn du lerntest, wie man ein Schiff steuert.«

Oto’o spornte mich an. Er segelte mit mir als zweiter Maat auf meinem ersten Schoner, und er war sehr viel stolzer auf mein Kommando als ich selbst. Später hieß es dann:

»Der Kapitän wird gut bezahlt, Herr, aber das Schiff ist ihm anvertraut, und er hat immer die ganze Verantwortung zu tragen. Der Eigentümer ist derjenige, der besser verdient - der Eigentümer, der an Land sitzt, viele Dienstboten hat und mit seinem Geld Geschäfte macht.«

»Das stimmt, aber ein Schoner kostet fünftausend Dollar -und selbst dafür bekommt man nur einen alten Kahn«, wandte ich ein. »Ich wäre ein Greis, bis ich fünftausend Dollar zusammen hätte.«

»Es gibt schnellere Wege für einen Weißen, um zu Geld zu kommen«, fuhr er fort und zeigte landwärts auf den von Kokospalmen gesäumten Strand.

Wir befanden uns damals auf den Salomon-Inseln und sammelten an der Ostküste von Guadalcanar eine Ladung Elfenbeinnüsse ein.

»Zwischen dieser Flußmündung und der nächsten sind es zwei Meilen«, sagte er. »Die Ebene reicht weit bis ins Landesinnere. Jetzt ist das alles nichts wert. Nächstes Jahr -wer weiß? - oder das Jahr darauf wird man viel Geld dafür zahlen. Der Ankerplatz ist gut. Große Dampfer können dicht unter Land anlegen. Du kannst das Gebiet auf vier Meilen Breite von dem alten Häuptling für zehntausend Streifen Tabak, zehn Flaschen Gin und ein Snider-Gewehr kaufen, was dich vielleicht hundert Dollar kostet. Dann läßt du die Sache von der Kolonialverwaltung absegnen; und nächstes Jahr oder das Jahr darauf verkaufst du und wirst Schiffseigentümer.«

Ich befolgte seinen Rat, und alles traf so ein, wie er es vorausgesagt hatte, wenn es auch nicht zwei, sondern drei Jahre dauerte. Und dann kam das Geschäft mit dem Weideland auf Guadalcanar - achthundert Hektar, gepachtet von der Regierung auf neunundneunzig Jahre und für eine lächerliche Summe. Ich besaß den Pachtvertrag genau neunzig Tage lang, bevor ich ihn für ein halbes Vermögen an ein Unternehmen weiterverkaufte. Immer war es Oto’o, der vorausschauend die günstige Gelegenheit erkannte. Er war es auch, der mich auf die Idee brachte, die Doncaster zu bergen - die ich auf der Auktion für hundert Pfund ersteigerte und die mir nach Abzug aller Unkosten einen Nettogewinn von dreitausend Pfund einbrachte. Er wies mich auch auf die Savaii-Plantage und das Geschäft mit dem Kakao auf Upolu hin.

Wir fuhren nicht mehr so oft zur See wie in den alten Tagen. Ich hatte es nicht mehr nötig. Ich heiratete, und mein Lebensstil wurde aufwendiger. Doch Oto’o blieb derselbe alte Oto’o, ging im Haus umher oder wanderte durch das Kontor, die Holzpfeife im Mund, ein Unterhemd für einen Schilling auf dem Leib und eine Lawa-Lawa für vier Schilling um die Lenden. Ich konnte ihn nicht dazu bringen, Geld für sich auszugeben. Und er akzeptierte keinen anderen Lohn als Liebe, und Gott ist mein Zeuge, daß er sie in reichem Maße von uns empfing. Die Kinder beteten ihn an; und wenn er zu verzärteln gewesen wäre, so hätte meine Frau ihn sicher völlig verdorben.

Die Kinder! Eigentlich war er es, der ihnen den Weg ins Leben zeigte. Es fing damit an, daß er ihnen das Laufen beibrachte. Er wachte bei ihnen, wenn sie krank waren. Eines nach dem anderen nahm er sie, kaum daß sie krabbeln konnten, mit zur Lagune hinunter und machte sie zu Amphibien. Er lehrte sie vieles, von dem ich keine Ahnung hatte, über die Lebensweise der Fische und die verschiedenen Möglichkeiten, sie zu fangen. Im Busch war es ebenso. Tom verstand mit sieben mehr von der Jagd, als ich mir je hätte träumen lassen. Mit sechs ging Mary über den Sliding Rock, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken - und ich habe gestandene Mannsbilder gesehen, die vor diesem Bravourstück zurückschreckten. Und Frank konnte, kaum daß er sechs geworden war, aus fünf Meter Tiefe Schillinge vom Meeresgrund heraufholen.