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»Meine Leute auf Bora Bora mögen keine Heiden - sie sind alle Christen, und ich mag keine Bora-Bora-Christen«, sagte er eines Tages, als ich ihn dazu bringen wollte, etwas von dem Geld auszugeben, das ihm rechtmäßig gehörte, und ihn in dieser Absicht dazu zu überreden versuchte, seiner Heimatinsel auf einem unserer Schoner einen Besuch abzustatten. Es sollte eine besondere Reise werden, von der ich gehofft hatte, daß sie jeden Rekord brechen würde, zumindest was die Höhe der Ausgaben anging.

Ich sage, in einem unserer Schoner, obwohl sie nach dem Buchstaben des Gesetzes damals mir gehörten. Ich hatte alle Mühe mit ihm, bis er in eine Partnerschaft einwilligte.

»Wir sind Partner gewesen seit dem Tag, als die Petite Jeanne unterging«, sagte er schließlich, »aber wenn dein Herz daran hängt, dann wollen wir auch vor dem Gesetz Partner werden. Ich arbeite nicht und verbrauche doch viel Geld. Ich trinke, esse und rauche eine Menge - das kostet viel, ich weiß. Ich spiele umsonst Billard, weil ich an deinem Tisch spiele; aber das Geld rinnt einem doch durch die Finger. Das Fischen auf dem Riff ist ein Vergnügen, das sich nur ein reicher Mann leisten kann. Unglaublich, wie teuer Haken und Angelschnüre sind. Ja, es geht kein Weg daran vorbei, daß wir ganz gesetzmäßig Partner werden. Ich brauche das Geld einfach. Ich werde es mir von dem Hauptkassierer im Kontor geben lassen.«

Also wurde der Vertrag aufgesetzt und beurkundet. Ein Jahr darauf sah ich mich gezwungen, Klage zu führen.

»Charley«, sagte ich, »du bist ein hinterhältiger alter Schwindler, ein elender Geizhals, eine erbärmliche Landkrabbe. Sieh’ mal, dein Gewinnanteil betrug Tausende von Dollars in diesem Jahr. Der Hauptbuchhalter hat mir diese Unterlagen gegeben. Daraus geht hervor, daß du in diesem Jahr nur siebenundachtzig Dollar und 20 Cent in Anspruch genommen hast.«

»Steht mir noch etwas zu?« fragte er irritiert.

»Ich sage dir doch, Tausende und Abertausende«, entgegnete ich.

Seine Miene hellte sich auf, als sei er ungeheuer erleichtert.

»Das ist gut«, sagte er. »Sieh zu, daß der Kassierer ordentlich darüber Buch führt. Wenn ich es brauche, dann will ich es auch haben, und es darf kein Cent fehlen.«

»Falls etwas fehlt«, fügte er nach einer Pause grimmig hinzu, »dann muß es dem Kassierer vom Gehalt abgezogen werden.«

Und die ganze Zeit über lag, wie ich später erfuhr, sein von Carruthers aufgesetztes Testament, das mich zum alleinigen Erben machte, im Safe des amerikanischen Konsuls.

Doch wie jede Verbindung zwischen zwei Menschen einmal abbricht, so fand auch diese ihr Ende. Es geschah in den Salomonen, wo wir in unserer wildbewegten Jugend die tollsten Dinge angestellt hatten und wo wir uns wieder einmal aufhielten - in der Hauptsache, um Ferien zu machen, nebenbei, um nach unseren Besitzungen auf Florida Island zu sehen und die Möglichkeiten für die Perlenfischerei im Mboli-Sund zu prüfen. Wir lagen vor Sawo, das wir angelaufen hatten, um ein paar Sammlerstücke zu erstehen.

Nun wimmelt Sawo von Haien. Der Brauch der Wollköpfe, ihre Toten im Meer zu bestatten, schreckte die Tiere nicht gerade davon ab, sich die umliegenden Gewässer zu ihrem Tummelplatz zu wählen. Das Schicksal wollte es, daß ich in einem winzigen, überladenen Eingeborenenkanu zurück zu unserem Schiff fuhr, als das Ding kenterte. Vier Wollköpfe und ich saßen darin, oder besser, hingen daran. Der Schoner war noch etwa hundert Meter entfernt. Ich wollte gerade ein Boot herbeirufen, als einer der Wollköpfe zu schreien begann. Er hielt sich am hinteren Ende des Kanus fest, als beide, er und dieser Teil des Rumpfes, mehrmals unter Wasser gezogen wurden. Dann lockerte er seinen Griff und verschwand. Ein Hai hatte ihn erwischt.

Die drei übrigen Schwarzen versuchten aus dem Wasser auf die Unterseite des Kanus zu klettern. Ich schrie und fluchte und schlug auf den ersten mit der Faust ein, aber es half nichts. Sie waren verrückt vor Angst. Das Kanu hätte kaum einen von ihnen getragen. Unter dem Gewicht von allen dreien richtete es sich hochkant auf und rollte auf die Seite, so daß sie ins Wasser zurückgeworfen wurden.

Ich ließ das Gefährt im Stich und begann, auf den Schoner zuzuschwimmen, in der Erwartung, schon vorher von dem Boot aufgenommen zu werden. Einer der Neger entschied sich mitzukommen, und wir schwammen schweigend nebeneinander her. Ab und zu tauchten wir unser Gesicht ins Wasser, um nach Haien Ausschau zu halten. Die Schreie des Mannes, der beim Kanu geblieben war, zeigten uns an, wer das nächste Opfer wurde. Ich spähte gerade aus, als ich einen großen Hai direkt unter mir aufsteigen sah. Er war volle fünf Meter lang. Ich sah alles ganz genau. Er packte den Wollkopf an der Taille und schwamm mit dem armen Teufel davon.

Kopf, Schultern und Arme ragten dabei noch eine ganze Zeit aus dem Wasser, und der Kerl schrie wie am Spieß. So wurde er vielleicht noch hundert Meter weit fortgeschleppt, bis er endgültig unter die Wasseroberfläche gezerrt wurde.

Ich schwamm verbissen weiter und hoffte, daß dies der letzte beutegierige Hai gewesen war. Doch da war noch einer. Ich weiß nicht, ob es einer der beiden war, die beim Kanu zugepackt hatten, oder einer, der bereits anderswo gut gespeist hatte. Jedenfalls hatte er es nicht so eilig wie die anderen. Ich konnte jetzt nicht so schnell schwimmen, denn ich war die meiste Zeit damit beschäftigt, ihn im Auge zu behalten. Ich beobachtete ihn, als er zum ersten Mal angriff. Zum Glück gelang es mir, ihn mit beiden Händen an der Nase zu packen, und obwohl mich die Wucht seines Stoßes fast unter Wasser drückte, konnte ich ihn mir doch vom Leib halten. Er drehte ab und begann, mich erneut zu umkreisen. Ein zweites Mal entwischte ich ihm durch das gleiche Manöver. Der dritte Ansturm ging auf beiden Seiten daneben. Er wich in dem Moment aus, als meine Hand auf seiner Nase hätte landen sollen, aber seine Sandpapierhaut (ich trug nur ein ärmelloses Unterhemd) schabte mir an einem Arm die Haut vom Ellenbogen bis zur Schulter ab. Inzwischen war ich völlig erschöpft und gab die Hoffnung auf. Die Entfernung zum Schoner betrug immer noch sechzig Meter. Mein Gesicht war unter Wasser, und ich beobachtete, wie er zu einem erneuten Versuch ansetzte, als ich plötzlich einen braunen Körper zwischen uns vorbeigleiten sah. Es war Oto’o.

»Schwimm zum Schoner, Herr!« sagte er. Und er sagte das so frohgemut, als sei die ganze Sache ein Kinderspiel. »Ich kenne mich aus mit Haien. Der Hai ist mein Bruder.«

Ich gehorchte und schwamm langsam weiter, während Oto’o mich umkreiste, so daß er sich immer zwischen mir und dem Hai befand, dabei seine Angriffe vereitelte und mir Mut zusprach.

»Das Davittakel ist abgelassen, und nun machen sie die Taljen klar«, erklärte er etwa eine Minute später und tauchte dann unter, um eine neue Attacke abzuwehren.

Als der Schoner noch zehn Meter entfernt war, war ich endgültig erledigt. Ich konnte mich kaum noch bewegen. Von Bord flogen uns Leinen zu, aber sie warfen immer zu kurz. Der Hai, der nun merkte, daß ihm nichts geschah, wurde zusehends dreister. Mehrere Male hätte er mich beinahe erwischt, doch Oto’o kam jedesmal gerade noch rechtzeitig dazwischen, bevor es zu spät war. Natürlich hätte sich Oto’o jederzeit in Sicherheit bringen können, aber er blieb bei mir.

»Leb wohl, Charley! Mit mir ist es aus!« konnte ich gerade noch hervorstoßen.

Ich wußte, daß das Ende gekommen war und daß ich im nächsten Augenblick die Hände hochwerfen und untergehen würde.

Doch Oto’o lachte mir ins Gesicht und sagte:

»Ich werde dir einen neuen Trick zeigen. Diesem Hai soll es noch übel werden.«

Er tauchte hinter mir ab, wo der Hai sich gerade anschickte, auf mich loszugehen.

»Etwas mehr nach links!« rief er mir dann zu. »Da schwimmt eine Leine auf dem Wasser. Nach links, Herr - nach links!«

Ich änderte die Richtung und schwamm blind drauflos. Ich war zu diesem Zeitpunkt nahezu bewußtlos. Als meine Hand sich um die Leine schloß, hörte ich einen Aufschrei von Bord. Ich drehte mich suchend um. Von Oto’o keine Spur. Im nächsten Moment kam er an die Oberfläche. Beide Hände waren an den Gelenken abgebissen, und aus den Stümpfen pumpte das Blut.