Выбрать главу

»Es ist unglaublich«, keuchte er, aber keiner hörte ihn.

Hermann und mehrere Eingeborene krochen auf Händen und Füßen nach vorn, um den dritten Anker auszubringen.

Grief stieß Kapitän Warfield an und zeigte auf die Roberta. Das Schiff trieb auf sie zu. Warfield legte seinen Mund an Griefs Ohr und brüllte:

»Wir treiben auch!«

Grief sprang ans Steuerrad und wirbelte es herum, so daß die Malahini nach Backbord abdrehte. Der dritte Anker faßte Grund, und die Roberta trieb, das Heck voraus, in etwa zehn Metern Entfernung an ihnen vorbei. Sie winkten Peter Gee und Kapitän Robinson zu, der sich mit mehreren Matrosen am Bug zu schaffen machte.

»Er schlägt die Schäkel heraus!« rief Grief. »Wird versuchen, die Durchfahrt zu passieren. Er hat keine Wahl. Die Anker schlieren.«

»Wir halten uns im Augenblick«, kam die Antwort. »Da läuft die Cactus auf die Misi zu! Die beiden sind erledigt!«

Die Misi hatte sich bis jetzt gehalten, aber der zusätzliche Druck der Cactus war zuviel, und die beiden ineinander verhakten Schiffe drifteten fort über die kochende Gischt. Man konnte beobachten, wie ihre Besatzungen Taue kappten und sich abmühten, voneinander loszukommen. Die Roberta, die ihre Anker gekappt und vorn ein Stück Persenning gesetzt hatte, hielt jetzt auf die Durchfahrt am nordwestlichen Ende der Lagune zu. Sie sahen, wie sie es schaffte und das offene Meer gewann. Die Misi und die Cactus jedoch, die nicht voneinander freikommen konnten, liefen eine halbe Meile vor der Durchfahrt auf dem Atoll auf.

Der Wind wurde nur noch stärker. Seiner Wucht zu widerstehen, erforderte die ganze Kraft, und ein paar Minuten auf Deck gegen ihn anzukriechen, beraubte einen aller Reserven. Hermann rackerte sich mit seinen Kanaken unermüdlich ab, um alles festzuzurren und zu sichern und die Segel mit noch mehr Zeisingen zusammenzubinden. Der Wind zerrte an ihren dünnen Unterhemden und riß sie ihnen vom Leib. Sie bewegten sich langsam, als wären ihre Körper tonnenschwer, und sie griffen immer mit einer Hand nach einem Halt, bevor sie mit der anderen losließen. Lose Tauenden standen waagrecht in der Luft, und wenn ein Takling aufging, wurde das lose Ende zerfetzt und weggeblasen.

Mulhall stieß einen nach dem andern an und zeigte auf das Ufer. Die Grashütten waren verschwunden und Parlays Haus wankte wie ein Betrunkener. Da der Wind der Länge nach über das Atoll wehte, wurde das Haus durch die vielen Palmenreihen geschützt. Doch die Sturzseen, die vom Meer her über die Insel hinweggingen, unterhöhlten und zertrümmerten es allmählich. Schief, wie es nun schon am Sandhügel hing, war sein Ende abzusehen. Hier und da hatten sich Menschen oben in den Kokospalmen festgebunden. Die Bäume schwankten und peitschten nicht hin und her. Vom Wind stark nach unten gebogen, verharrten sie in dieser Stellung und bebten fürchterlich. Unter ihnen brandete der weiße Schaum der Brecher über den Sand.

Eine große Sturzsee jagte durch die ganze Lagune.

Die sechzehn Kilometer bis zur Windseite des Atolls boten ihr genug Platz, um sich aufzubauen, und alle Schoner stampften und bäumten sich wild auf. Die Malahini tauchte bereits mit Bug und Vorderdeck unter die größeren Wellen, und zeitweise war ihr Mitteldeck bis zur Reling mit Wasser gefüllt.

»Jetzt wird es Zeit für Ihren Motor!« brüllte Grief; und Kapitän Warfield kroch zum Maschinisten hinüber und schrie ihm eindeutige Anweisungen zu.

Sobald der Motor mit voller Kraft arbeitete, verhielt sich die Malahini besser. Zwar übernahm sie immer noch Seen über den Bug, doch zerrte sie nicht mehr so heftig an ihren Ankern. Andererseits gelang es ihr nicht, die Ankerketten zu lockern. Alles, was die vierzig Pferdestärken vermochten, war, den Druck zu verringern.

Noch immer nahm der Wind zu. Die kleine Nuhiva, die auf der Höhe der Malahini, aber näher zum Strand hin lag, hatte es schwerer, weil ihr Kapitän noch an Land und der Motor noch nicht repariert war. Sie wurde so oft und so tief unter den Seen begraben, daß die Beobachter sich jedesmal fragten, ob sie sich von selbst wieder aufrichten würde. Um drei Uhr nachmittags wurde sie, ehe sie von der ersten Sturzsee freikommen konnte, von einer zweiten überrollt und kam nicht wieder hoch.

Mulhall blickte Grief an.

»Ihre Luken sind eingebrochen«, brüllte Grief zurück.

Kapitän Warfield deutete auf die Winifred, einen kleinen Schoner, der auf der anderen Seite auf- und niedertauchte und schrie Grief etwas ins Ohr. Seine Stimme war nur bruchstückhaft zu hören, da der heulende Wind immer wieder einzelne Wortfetzen mit sich fortriß.

»Morscher, kleiner Kahn. Die Anker halten. Aber daß sie noch nicht auseinanderbricht. Alt wie die Arche Noah.«

Eine Stunde später machte Hermann sie wieder auf die Winifred aufmerksam. Vorschiffsbeting, Fockmast und der größte Teil ihres Bugs waren verschwunden, weggerissen vom Gezerre der Ankerketten. Sie drehte quer zum Wind, schlingerte und stampfte in dem Wellental, sackte mit dem Bug ab und wurde in dieser Lage leewärts fortgespült.

Fünf Schiffe waren jetzt noch übriggeblieben, und von ihnen besaß die Malahini als einziges einen Motor. Aus Furcht, daß sie das Schicksal der Nuhiva oder der Winifred ereilen könnte, folgten zwei dem Beispiel der Roberta, schlugen die Ankerschäkel heraus und hielten auf die Durchfahrt zu. Die Dolly erreichte sie als erste, aber ihre Persenning wurde weggerissen, und sie endete auf dem Riff an der Leeseite des Atolls neben der Misi und der Cactus.

Die Moana ließ sich davon nicht abschrecken, kappte ebenfalls ihre Anker und erlitt das gleiche Schicksal.

»Guter Motor, was?« brüllte Kapitän Warfield seinem Schiffsherrn zu.

Grief drückte ihm die Hand. »Er macht sich bezahlt!« schrie er zurück. »Der Wind dreht nach Süden, dann wird es leichter für uns werden!«

Langsam und stetig, aber mit zunehmender Geschwindigkeit drehte der Wind nach Süd und Südwest, bis die drei übriggebliebenen Schoner mit dem Bug direkt auf den Strand zeigten. Die Ruine von Parlays Haus wurde hochgehoben, in Richtung Lagune geschleudert und flog auf sie zu. An der Malahini vorbei stürzte sie auf die Papara, die eine Viertelmeile weiter achteraus lag. Nach einer Viertelstunde schwerer Arbeit auf dem Vorderdeck hatte die Mannschaft ihr Schiff von dem Haus befreit, doch mit ihm waren auch Fockmast und Bugspriet der Papara dahin.

Näher zur Küste, Backbord voraus, lag die Tahaa, schlank und schnittig wie eine Jacht, aber hoffnungslos übertakelt. Ihre Anker hielten noch, da jedoch nichts darauf hindeutete, daß der Sturm nachlassen würde, machte sich ihr Kapitän daran, den Windwiderstand zu verkleinern, indem er ihre Masten kappte.

»Wirklich gut, dieser Motor«, beglückwünschte Grief seinen Schiffsführer. »Der wird uns noch die Masten retten.«