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»Dies«, beschloß Alice die Episode, »lastete lange Zeit als Sünde auf meinem Gewissen und hielt meine Seele von Gott fern.

Und Harold Miles war zu jener Zeit Senatspräsident, und eine Woche später erwarb er drei Stadtgrundstücke in Pearl Harbor, strich sein Haus in Honolulu neu an und beglich seine alten Schulden in den Clubs. Dann war da auch das Ramsay-Haus in Honokiki, das der Besitzer testamentarisch dem Volk vermacht hatte, wenn die Regierung es instandhalten würde. Wenn jedoch die Regierung nach zwei Jahren noch nicht mit der Instandsetzung begonnen hätte, dann sollte es den Erben zufallen, die der alte Ramsay wie die Pest haßte. Nun, es fiel natürlich den Erben zu. Ihr Rechtsanwalt war Charley Middleton, und er wollte, daß ich die Sache mit den Leuten von der Regierung regle. Und ihre Namen waren - « Sechs Namen aus beiden Kammern der Legislative führte Alice auf und fügte hinzu: »Vielleicht bekamen danach alle ihre Häuser einen neuen Anstrich. Zum ersten Mal habe ich gesprochen. Mein Herz ist nun viel leichter und weicher. Es war mit einem Panzer aus Hausfarbe überzogen. Und da ist noch Harry Werther. Er war damals im Senat. Jeder sprach schlecht über ihn, und er wurde nie wiedergewählt. Doch sein Haus wurde nicht gestrichen. Er war anständig. Sein Haus ist, wie jeder weiß, bis zum heutigen Tag noch nicht gestrichen.

Da ist Jim Lokendamper. Er hat kein gutes Herz. Ich hörte ihn erst letzte Woche, genau hier vor euch allen, seine Sünden bekennen. Aber er sagte nicht alles, und er belog Gott. Ich belüge Gott nicht. Es ist eine große Beichte, aber ich werde mir alles von der Seele reden. Nun ist Azalea Akau, die dort drüben sitzt, seine Geliebte. Doch Lizzie Lokendamper ist seine Ehefrau. Vor langer Zeit empfand er ein großes Aloha für Azalea. Ihr glaubt, ihr Onkel, der nach Kalifornien auswanderte und dort starb, hinterließ ihr in seinem Testament die zweitausendfünfhundert Dollar, die sie bekam? Ihr Onkel hinterließ ihr nichts. Ich weiß es. Er starb ohne einen Pfennig, und John Lokendamper schickte achtzig Dollar für sein Begräbnis nach Kalifornien. Jim Lokendamper hatte ein Stück Land in Kohala, das er von der Tante seiner Mutter geerbt hatte. Lizzie, seine Ehefrau, wußte nichts davon. Deshalb verkaufte er es der Kohala-Graben-Gesellschaft und schenkte Azalea Akau die zweitausendfünfhundert - «

An dieser Stelle erhob sich Lizzie wie eine übermäßig gereizte Rachegöttin und stürzte sich, statt auf ihren Ehemann, der bereits die Flucht ergriffen hatte, wutentbrannt auf Azalea.

»Warte, Lizzie Lokendamper!« rief Alice. »Ich habe auch einiges über dich auf dem Herzen, was mich belastet, und noch einiges an Hausfarbe.«

Und als sie mit ihren Enthüllungen darüber, wie Lizzie zu einem neuen Hausanstrich gekommen war, zu Ende war, geriet Azalea außer Rand und Band.

»Warte, Azalea Akau. Ich werde jetzt in deinem Fall mein Herz erleichtern. Und dabei geht es nicht um einen Hausanstrich. Den hat immer Jim bezahlt. Es ist deine neue Badewanne und die moderne Wasserleitung, die mir schwer auf der Seele liegen.«

Schlimmeres, viel Schlimmeres über alle möglichen Leute wußte Alice Akana zu berichten und berührte ebenso das Geschäfts-, Finanz- und Gesellschaftsleben der höheren Schichten wie auch die Angelegenheiten der einfachen Leute. Niemand stand hoch genug oder war zu tief gesunken, um ihr zu entgehen. Und nicht vor zwei Uhr morgens, vor einer Zuhörerschaft, die den Betsaal bis zum Bersten füllte, beendete sie die in alle Einzelheiten gehende Aufzählung der persönlichen Schandtaten, die sie den Bewohnern jener Stadt zur Last legen mußte, in der sie ihr ganzes Leben verbracht hatte. Gerade als sie aufhören wollte, fiel ihr noch etwas ein.

»Hah!« rümpfte sie die Nase. »Letzte Woche überschrieb ich Abel Ah Yo ein Grundstück, das einen Verkaufswert von achthundert Dollar hat, zur Deckung der laufenden Kosten und um mein Guthaben in Petrus’ himmlischen Kassenbüchern zu vermehren. Woher ich dieses Grundstück habe? Ihr alle meint, daß Fleming Jason ein guter Mann ist. Aber er hat Dinger gedreht, die krummer waren als die Einfahrt zu Pearl Lochs, ehe die Regierung der Vereinigten Staaten den Kanal begradigte. Jetzt hat er ein Leberleiden, doch seine Krankheit ist ein Gottesurteil, und er wird als unaufrichtiger Mann sterben. Mr. Fleming Jason gab mir das Grundstück vor zweiundzwanzig Jahren, als sein Verkaufswert fünfunddreißig Dollar betrug. Weil sein Aloha für mich so groß war? Nein, außer Geld liebte er nichts und niemanden.

Hört zu. Mr. Fleming Jason lud eine große Sünde auf mich. Als Frank Lomiloli in meinem Haus war, voll mit Gin, für den Mr. Fleming Jason mir im voraus das Fünffache zahlte, brachte ich Frank Lomiloli dazu, seinen Namen unter den Verkaufsvertrag für seinen städtischen Grundbesitz zu setzen. Der Preis betrug hundert Dollar, obwohl das Grundstück damals sechshundert wert war. Inzwischen ist es auf zwanzigtausend gestiegen. Vielleicht möchtet ihr wissen, wo sich diese Parzelle befindet. Ich will es euch sagen und es mir von der Seele schaffen. Sie liegt an der King Street, wo jetzt der Come Again Saloon, die Garage der japanischen Taxicab Company, das Installationsgeschäft von Smith & Wilson und die Eisdiele Ambrosia in dem noch zwei Stockwerke höheren Addison Hotel stehen. Und alles ist aus Holz und immer gut gestrichen. Gestern haben sie wieder mit dem Malen begonnen. Doch diese Farbe wird nicht zwischen mir und Gott stehen. Mein Weg zum Himmel wird durch keine weiteren Farbtöpfe mehr verstellt.«

Die Morgen- und Abendzeitungen des folgenden Tages verhängten eine skandalöse Nachrichtensperre über die sensationellste Neuigkeit seit Jahren. Aber ganz Honolulu kicherte entsetzt über die geflüsterten, nicht immer völlig übertriebenen Darstellungen, die überall, wo sich zwei Einwohner Honolulus begegneten, die Runde machten.

»Unser Fehler«, sagte Colonel Chilton im Club, »war, daß wir nicht von Anfang an eine Sicherheitskommission eingesetzt haben, um Alices Seele im Auge zu behalten.«

Bob Cristy, einer von den jüngeren Inselbewohnern, brach in ein derart anzügliches und lautes Gelächter aus, daß man ihn nach dem Grund fragte.

»Oh, nichts Besonderes«, lautete seine Antwort. »Aber ich hörte auf meinem Weg hierher, daß der alte John Ward soeben wegen Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses sowie Widerstandes gegen einen Polizisten festgenommen worden ist. Und jetzt nimmt Abel Ah Yo das Polizeigericht aufs Korn. Er würde die Seele eines chronischen Trunkenboldes bestimmt liebend gern retten.«

Colonel Chilton sah Lask Finneston an, und beide schauten sie zu Gary Wilkinson. Er erwiderte ihren Blick.

»Der alte Strandräuber!« rief Lask Finneston. »Dieser betrunkene alte Taugenichts! Es war mir ganz entfallen, daß er noch lebt. Wunderbare Konstitution. Hat nie einen nüchternen Atemzug getan, außer wenn er Schiffbruch erlitten hatte, und war, solange ich an ihn denken kann, bei jeder Teufelei dabei. Er muß jetzt auf die Achtzig zugehen.«

»Er ist nicht weit davon entfernt«, nickte Bob Cristy. »Treibt sich immer noch am Strand herum, trinkt, wenn das Geld dafür reicht, und ist geistig noch ganz auf der Höhe, wenn er auch nicht mehr so flink auf den Beinen ist und eine Brille zum Lesen braucht. Und sein Gedächtnis funktioniert noch einwandfrei. Wenn dieser Abel Ah Yo ihn einfängt.«

Gary Wilkinson räusperte sich, bevor er zu einer Rede ansetzte.

»Also, hier haben wir einen großartigen alten Mann«, sagte er. »Ein Überbleibsel einer längst vergangenen Ära. Es gibt nur noch wenige von seinem Schlag. Ein Pionier. Ein echter Kamaaina. Auf seine alten Tage nun hilflos und in den Händen der Polizei! Wir sollten etwas für ihn tun, in Anerkennung seiner treuen Verdienste um Hawaii. Seine alte Heimat ist, wie ich zufällig weiß, Sag Harbor. Er hat es seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr gesehen. Nun, weshalb sollten wir ihn morgen früh nicht damit überraschen, daß seine Strafe bezahlt ist und er eine Rückfahrkarte nach Sag Harbor und, sagen wir, die Kosten für eine Reise von einem Jahr geschenkt bekommt? Ich setze eine Kommission ein. Ich nominiere Colonel Chilton, Lask Finneston und, und mich. Was den Vorsitz angeht, wer wäre da geeigneter als Lask Finneston, der den alten Herrn früher so gut kannte? Da es keine Einwände gibt, ernenne ich hiermit Lask Finneston zum Vorsitzenden der Kommission zur Beschaffung von Geldmitteln zur Begleichung der Polizeistrafe und der Unkosten einer Jahresreise für den edlen Pionier John Ward in Anerkennung seines aufopferungsvollen Lebens, das ganz dem Aufbau Hawaiis gewidmet war.«