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»Nein, Kanaka Oolea«, kam die Antwort. »Der Teufel weiß, daß es mich schon hart genug ankommt, Kow-Kow für eine einzige Frau und alle ihre Verwandten zu beschaffen.«

»Kow-Kow?« wiederholte Pool das von den Hawaiianern für ihr eigenes Paina aus dem Chinesischen übernommene Wort für Essen. »Habt ihr Burschen denn heute Mittag hier kein Kow-Kow bekommmen?«

»Doch, Kanaka-Oolea«, meldete sich ein alter, völlig verschrumpelter Eingeborener zu Wort, der gerade vom Haus her zu der Gruppe gestoßen war. »In der Küche haben sie alle Kow-Kow bekommen, und reichlich dazu. Sie haben reingehauen wie verirrte Pferde, die man von den Lavafelsen heruntergeholt hat.«

»Und was willst du, Kumuhana?« wandte Pool sich dem Alten zu, während er gleichzeitig dem kleinen Mädchen bedeutete, ihm die Fliegen auf der anderen Seite zu verscheuchen.

»Zwölf Dollar«, sagte Kumuhana. »Ich möchte mir einen Esel und einen gebrauchten Sattel mit Zaumzeug kaufen, ich werde zu alt, meine Beine wollen mich nicht mehr tragen.«

»Warte«, befahl ihm sein Haole-Gebieter. »Darüber und über andere wichtige Angelegenheiten werde ich mit dir sprechen, sobald ich mit den anderen fertig bin und sie fort sind.«

Der runzlige Alte nickte und zündete sich eine Pfeife an.

»Das Kow-Kow in der Küche war gut«, begann Iliiopoi wieder und leckte sich die Lippen. »Der Poi war ausgezeichnet, das Schwein fett, der Lachsbauch stank nicht, der Fisch war vollkommen frisch und sehr reichlich, wenn auch die Opihis [winzige, an den Felsen klebende Schalentiere] gesalzen und daher zäh waren. Opihis darf man nie salzen. Wie oft habe ich dir schon gesagt, Kanaka Oolea, daß man Opihis nicht salzen soll. Ich bin voll von gutem Kow-Kow. Mein Bauch ist ganz schwer davon. Aber deshalb ist doch mein Herz nicht leicht, denn in meinem eigenen Haus, in dem meine Frau, die Tante der zweiten Frau deines vierten Sohnes, lebt und meine kleine Tochter und die alte Mutter meiner Frau und das Pflegekind der alten Mutter meiner Frau, ein Krüppel, und die Schwester meiner Frau, die ebenfalls mit ihren drei Kindern bei uns wohnt, seit deren Vater an einer schlimmen Wassersucht gestorben ist - «

»Werden fünf Dollar euch alle einen oder mehrere Tage vor der Beerdigung bewahren?« unterbrach Pool die Aufzählung unwirsch.

»Ja, Kanaka Oolea, und sie reichen auch noch für einen neuen Kamm für meine Frau und etwas Tabak für mich.«

Aus einem Goldbeutel, den er aus der Hüfttasche seiner Kattunhose zog, holte Hardman Pool das Goldstück und warf es zielsicher in die hingehaltene Hand.

Ein Junggeselle, der sechs Dollar für neue Gamaschen, Tabak und Sporen verlangte, erhielt drei, desgleichen ein zweiter, der einen Hut brauchte, und einem dritten, der bescheiden um zwei Dollar bat, gab er vier, mit einem blumigen Kompliment wegen seiner Tapferkeit beim Einfangen eines jungen, wilden Bullen in den Bergen. Sie wußten, daß er gewöhnlich ihre Forderungen halbierte, deshalb verlangten sie schon von vornherein das Doppelte. Und Hardman Pool wußte, daß sie stets die doppelte Summe nannten und lächelte in sich hinein. Das war nun einmal seine Art, und überdies war es eine gute Art, mit seinen überaus zahlreichen Verwandten umzugehen, und schmälerte sein Ansehen in ihren Augen keineswegs.

»Und du, Ahuhu?« befragte er einen, dessen Name >Giftkraut< bedeutete.

»Und das Geld für ein Paar Kattunhosen«, beschloß Ahuhu die Aufzählung der benötigten Dinge. »Ich bin viel und hart hinter deinem Vieh hergeritten, Kanaka Oolea, und da, wo meine Dungarees sich am Sattel gerieben haben, ist der Hosenboden durchgewetzt. Es wäre nicht gut, wenn man von einem von Kanaka Ooleas Cowboys, der auch ein Vetter der Halbschwester von Kanaka Ooleas Frau ist, sagen könnte, daß er sich schämen muß, wenn er aus dem Sattel steigt, es sei denn, er würde sich vor den Leuten, die ihm zuschauen, im Rückwärtsgang bewegen.«

»Du sollst Geld für ein Dutzend Paar Kattunhosen habe, Ahuhu«, meinte Hardman Pool jovial und warf ihm die benötigte Summe zu. »Es erfüllt mich mit Genugtuung, daß meine Familie meinen Stolz mit mir teilt. Nachher, Ahuhu, wirst du mir von deinem Dutzend Dungarees eine abgeben, sonst werde auch ich gezwungen sein, rückwärts zu gehen, da meine eigenen und einzigen Hosen ebenso abgetragen und ehrenrührig sind.«

Und unter herzlichem Gelächter über die abschließende witzige Bemerkung ihres Haole-Häuptlings brach die ganze prachtvoll gebaute, mit einem kindlichen Gemüt ausgestattete Gesellschaft zu den wartenden Pferden auf. Nur Kumuhana, der verhutzelte Alte, dem er zu warten geboten hatte, blieb noch.

Volle fünf Minuten saßen sie schweigend da. Dann befahl Hardman Pool dem kleinen Mädchen, ein Glas Gin mit Milch zu holen, und gab ihr, als sie es brachte, mit einer Kopfbewegung zu verstehen, daß sie es Kumuhana reichen sollte. Der setzte das Glas erst wieder ab, als er es ganz geleert hatte, worauf er mit hörbarem »A-a-ah« ausatmete und schmatzte.

»Viel Awa habe ich in meinem Leben getrunken«, meinte er nachdenklich. »Doch Awa ist nur das Getränk des gewöhnlichen Mannes, während der Haole-Schnaps ein Getränk für Häuptlinge ist. Awa hat nicht die Hitzigkeit des Schnapses, der dem Gefühl die Sporen gibt, der einen wachbeißt, was sehr wohltuend ist, denn es ist schön, lebendig zu sein.«

Hardman Pool lächelte und nickte zustimmend, und der alte Kumuhana fuhr fort:

»Er hat etwas Wärmendes an sich. Er wärmt den Bauch und die Seele. Er wärmt das Herz. Selbst Herz und Seele werden kalt, wenn man alt wird.«

»Du bist wirklich alt«, gab Pool zu. »Fast so alt wie ich.«

Kumuhana schüttelte den Kopf und murmelte: »Wäre ich nicht älter als du, dann würde ich so jung wie du sein.«

»Ich bin einundsiebzig«, sagte Pool.

»Auf diese Art weiß ich mein Alter nicht«, lautete die Antwort. »Was geschah zu der Zeit, als du geboren wurdest?«

»Laß sehen«, begann Pool zu rechnen. »Jetzt haben wir 1880. Ziehe davon 71 ab, und es bleiben 9. Ich wurde 1809 geboren, in dem Jahr, als Keliimaikai starb und als der Schotte Archibald Campbell in Honolulu lebte.«

»Dann bin ich wirklich älter als du, Kanaka Oolea. Ich kann mich noch gut an den Schotten erinnern, denn ich spielte damals zwischen den Grashäusern Honolulus und ging schon in der Wahine-Brandung von Waikiki zum Wellenreiten. Ich kann dich jetzt noch an die Stelle führen, wo das Grashaus des Schotten stand. Jetzt befindet sich genau dort die Seemannsmission. Doch ich weiß, wann ich zur Welt kam. Oft haben meine Großmutter und meine Mutter mir davon erzählt. Ich wurde geboren, als Madame Pele (die Feuer- oder Vulkangöttin) auf die Leute von Paiea zornig wurde, weil sie ihr keinen Fisch aus ihrem Fischteich opferten, und sie einen Lavastrom von Hualalai herab schickte und damit ihren Fischteich zuschüttete. Das geschah, als ich geboren wurde.«

»Das war im Jahr 1801, als James Boyd für Kamehameha in Hilo Schiffe baute«, ging Pool weiter im Kalender zurück; »damit wärst du also neunundsiebzig oder acht Jahre älter als ich. Du bist wirklich sehr alt.«

»Ja, Kanaka Oolea«, murmelte Kumuhana mit einem rührenden Versuch, seine eingesunkene Brust vor Stolz anschwellen zu lassen.

»Und du bist sehr weise.«

»Ja, Kanaka Oolea.«

»Und du kennst viele von den geheimen Dingen, die nur alten Leuten bekannt sind.«

»Ja, Kanaka Oolea.«

»Und da weißt du auch - « Hardman Pool brach mitten im Satz ab, um den anderen Alten um so nachdrücklicher mit dem starren Blick seiner wasserblauen Augen zu durchbohren und zu hypnotisieren. »Man sagt, die Gebeine Kahekilis seien aus ihrem Versteck geholt worden und würden heute im Königlichen Mausoleum liegen. Ich habe munkeln hören, daß du allein von allen Lebenden die Wahrheit kennst.«

»So ist es«, lautete die stolze Antwort. »Ich allein weiß Bescheid.«

»Nun, und liegen sie dort? Ja oder nein.«