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Ihr Gang! Im Mondschein dort, beim sanften Lichtschimmer der Quallen, die in der Brandung glühten wie die Rampenlichter, die ich in dem neuen Haole-Theater gesehen habe! Es war nicht der Gang eines Mädchens, sondern der einer Frau. Sie trippelte nicht vorwärts wie die kleinen Wellen, die sich zwischen vorgelagertem Riff und Strand kräuseln. In ihrer Art zu gehen lag etwas Erhabenes und Königinnenhaftes, gleich der Bewegung von Naturkräften, gleich dem rhythmischen Lavastrom, der sich von den Hängen des Kau herab ins Meer ergießt, gleich dem Wogen der riesigen, ebenmäßigen Seen unter dem Passat, dem Heben und Senken der vier großen Jahreszeiten, die Musik im ewigen Ohr Gottes sein mögen, für den gewöhnlichen, hektischen, kurzlebigen Menschen jedoch zu selten stattfinden, um sich zu einer Melodie zu formen.

Anapuni saß ihr am nächsten. Aber sie sah mich an. Hast du je einen Ruf gehört, Kanaka Oolea, der ohne Ton ist und doch lauter als die Tritonshörner Gottes? So rief sie mich über den Kreis der Trinkenden hinweg. Ich erhob mich halb, denn ich war noch nicht völlig betrunken, aber Anapunis Arm ergriff sie und zog sie an sich, und ich ließ mich wieder auf meinen Ellbogen sinken und sah voller Wut zu. Er wollte, daß sie sich an seine Seite setzte, und ich wartete. Setzte sie sich und tanzte sie dann mit ihm, dann, wußte ich, würde Anapuni, noch ehe der Morgen graute, ein toter Mann sein, von mir in der seichten Brandung erwürgt und ertränkt.

Seltsam, nicht war, Kanaka Oolea, ist diese Hitze, die man >Liebe< nennt? Und doch ist sie nicht seltsam. Es muß so sein, wenn man jung ist, sonst würde die Menschheit nicht fortbestehen.«

»Deshalb muß auch das Verlangen nach der Frau stärker sein als der Wunsch zu leben«, stimmte Pool ihm zu. »Sonst würde es weder Männer noch Frauen geben.«

»Ja«, sagte Kumuhana. »Aber es ist viele Jahre her, seit die letzte Glut dieser Art in mir erlosch. Ich erinnere mich daran wie an einen früheren Sonnenaufgang - etwas Vergangenes eben. Und so wird man alt und kalt und trinkt Gin, nicht um der Tollheit willen, sondern der Wärme wegen. Und die Milch ist sehr nahrhaft.

Doch Malia setzte sich nicht zu ihm. Ich weiß noch, daß ihre Augen wild blickten, ihr Haar hing herab und wehte im Wind, als sie sich über ihn neigte und ihm etwas ins Ohr raunte. Und ihr Haar legte sich um ihn und hüllte ihn ein, als sie flüsterte, und dieser Anblick ließ mein Herz hart gegen die Rippen pochen und verwirrte mir den Kopf, bis ich kaum noch sehen konnte. Und mit aller Willenskraft beschloß ich, den Kreis zu durchqueren und sie zu holen, wenn sie nicht in wenigen Minuten zu mir herüberkäme.

Doch es sollte nicht soweit kommen. Erinnerst du dich an Häuptling Konukalani? Er selbst schritt auf den Kreis zu. Sein Gesicht war dunkel vor Zorn. Er packte Malia, nicht am Arm, sondern bei den Haaren, zerrte sie hinter sich her und verschwand. Und selbst heute verstehe ich es nur zur Hälfte. Ich, der ich ihretwegen Anapuni erschlagen wollte, ich erhob weder die Hand noch die Stimme, um dagegen zu protestieren, als Konukalani sie bei den Haaren fortzog - und auch Anapuni rührte sich nicht. Gewiß, wir waren einfache Männer, und er war ein Häuptling. Ich weiß. Aber warum sollten zwei einfache Männer, verrückt vor Verlangen nach einer Frau, in denen der Wunsch nach der Frau stärker als der Wunsch nach dem Leben war, warum sollten sie es zulassen, daß irgendein Häuptling, und sei es der oberste im Lande, diese Frau an den Haaren fortschleppte? Da sie sie mehr als ihr Leben begehrten

- weshalb sollten diese beiden Männer sich davor fürchten, diesen einen Häuptling sofort und auf der Stelle zu erschlagen? Hier ist etwas, das stärker ist als das Leben, stärker als die Frau, aber was ist es - und warum ist es so?«

»Das will ich dir sagen«, meinte Hardman Pool. »Weil die meisten Männer Narren sind und deshalb von den wenigen weisen Männern in ihre Obhut genommen werden müssen.

Das ist das Geheimnis der Führerschaft. Überall auf der Welt haben die Menschen Häuptlinge über sich. Auf der ganzen Welt hat es von jeher Häuptlinge gegeben, die den vielen törichten Menschen sagen mußten: >Tut dies, tut das nicht.< Arbeitet, und arbeitet so, wie wir es euch sagen, sonst werden eure Bäuche leer bleiben, und ihr werdet zugrunde gehen. Befolgt die Gesetze, die wir für euch gemacht haben, oder ihr werdet wie die wilden Tiere sein, und es wird keinen Platz für euch auf dieser Erde geben. Ihr würdet nicht existieren, wären nicht vor euch Häuptlinge gewesen, die euren Vätern befahlen und ihre Geschicke lenkten. Ihr hättet keine Nachfahren, würden wir euch nicht Vorschriften machen und jetzt euer Leben regeln. Haltet Frieden, seid anständig und putzt euch die Nase. Geht am Abend zeitig zu Bett und steht früh auf, wenn ihr Betten zum Schlafen haben und nicht wie das dumme Federvieh in den Bäumen nächtigen wollt. Es ist Zeit, Yams zu pflanzen, darum pflanzt jetzt. Jetzt, sagen wir, und nicht heute feiern und Hula tanzen und dann morgen oder an irgendeinem anderen der vielen sorglosen Tage Yams pflanzen. Bringt euch nicht gegenseitig um, und laßt die Frau eures Nachbarn in Ruhe. So vergeht euer Leben, denn ihr denkt immer nur an einen Tag auf einmal, während wir, eure Häuptlinge, für euch an alle Tage und an weit in der Zukunft liegende Tage denken.«

»Wie eine Wolke über dem Berggipfel, die sich herabsenkt und einen einhüllt und die man nur undeutlich als Wolke erkennt, so erscheint mir deine Weisheit, Kanaka Oolea«, murmelte Kumuhana. »Doch es ist traurig, daß ich als gemeiner Mann geboren wurde und alle meine Tage als gemeiner Mann verbringen sollte.«

»Das kommt daher, daß du selbst gemein bist«, versicherte ihm Hardman Pool. »Wenn ein Mann von niedriger Herkunft, aber nicht von niedrigem Wesen ist, so erhebt er sich, überwältigt die Häuptlinge und macht sich zum Häuptling über die Häuptlinge. Warum führst du nicht meine Ranch mit ihren vielen tausend Stück Vieh und wechselst je nach Regenfall die Weideplätze, wählst die Bullen aus und kümmerst dich um die Geschäfte und den Verkauf des Fleisches an die Segel- und Kriegsschiffe und an die Leute, die in den Häusern von Honolulu leben. Warum streitest du dich nicht mit Rechtsanwälten herum, hilfst mit, Gesetze zu machen, und sagst sogar dem König, welche Unternehmung klug für ihn und welche gefährlich ist? Warum tut nicht irgendein anderer Mann, was ich tue? Irgendeiner von all den vielen Männern, die für mich arbeiten, aus meiner Hand Nahrung empfangen und es mir überlassen, für sie zu denken? - mir, der schwerer arbeitet als irgendeiner von ihnen, der nicht mehr ißt als irgendeiner von ihnen, der auch nur auf einer Lauhala-Matte auf einmal schlafen kann wie irgendeiner von ihnen?«

»Ich bin jetzt nicht mehr in der Wolke, Kanaka Oolea«, meinte Kumuhana, und seine Miene hellte sich auf. »Ich sehe jetzt klarer. Mein ganzes Leben lang haben die Aliis, unter denen ich geboren wurde, für mich gedacht. Immer, wenn ich hungrig war, kam ich um Essen zu ihnen, so, wie ich jetzt in deine Küche komme. Viele Menschen essen in deiner Küche, und wir nehmen es als selbstverständlich hin, daß du an den Festtagen für uns alle fetten Stiere schlachtest. Deshalb komme auch ich, ein alter Mann, dessen Arbeitskraft keinen roten Heller die Woche mehr wert ist, heute zu dir und bitte dich um zwölf Dollar, um einen Esel und einen gebrauchten Sattel mit Zaumzeug zu kaufen. Deshalb haben dich auch unter diesen Johannisbrotbäumen vor einer halben Stunde zweimal zehn Toren um einen Dollar oder zwei, vier, fünf, zehn oder zwölf gebeten. Wir sind die Sorglosen der sorgenfreien Tage, die nicht zur rechten Zeit Yams pflanzen würden, wenn unser Alii uns nicht dazu zwänge, die nicht einen Tag selbst denken und die wissen, daß unser Alii, wenn wir im Alter zu nichts mehr nütze sind, sich etwas einfallen lassen wird, damit wir Kow-Kow in unseren Magen kriegen und ein Grasdach über unserem Kopf haben.«

Hardman Pool neigte zustimmend den Kopf und drängte: »Aber Kahekilis sterbliche Überreste. Der Häuptling Konukalani hatte gerade Malia an den Haaren fortgezerrt, und du und Anapuni bliebt, ohne etwas dagegen zu unternehmen, im Kreis der Trinkenden sitzen. Was war es denn, was Malia in Anapunis Ohr raunte, als sie sich über ihn beugte, so daß ihr Haar sein Gesicht verhüllte?«