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Aimoku und Humuhumu befahlen mir, mich dort, wo das große Doppelkanu zu Wasser gelassen wurde, auf den Sand zu setzen. Und als es schwamm, waren die Häuptlinge, die schwere Arbeit nicht gewohnt waren, durstig; und man befahl mir, auf die Palmen neben dem Kanuschuppen zu klettern und Trinkkokosnüsse herunterzuwerfen. Sie tranken und erfrischten sich, doch mich ließen sie nicht trinken.

Dann trugen sie Kahekili in einem neuen, eingeölten und polierten Haole-Sarg von seinem Haus zum Kanu. Der Sarg war von einem Schiffszimmermann angefertigt worden, der meinte, er müsse ein Boot bauen, das nicht lecken dürfte. Er war vollkommen dicht, und auf der Oberseite, dort, wo sich Kahekilis Gesicht befand, war nichts als dünnes Glas. Die Häuptlinge hatten das Außenbrett, das die Glasscheibe abdecken sollte, nicht aufgeschraubt. Vielleicht kannten sie sich mit Haole-Särgen nicht aus, für mich jedenfalls sollte sich ihre Unkenntnis als Glücksfall erweisen, wie du gleich sehen wirst.

>Da ist ja nur ein Moepuuc, sagte der Priester Eoppo, als er mich im Kanu auf dem Sarg sitzen sah. Die Häuptlinge paddelten schon durch das Riff hinaus.

>Der andere ist fortgelaufen und hat sich verstecktc, erwiderte Aimoku. >Dieser hier ist der einzige, den wir erwischen konnten.<

Und da wußte ich Bescheid. Alles wurde mir klar. Ich sollte geopfert werden. Und Anapuni war als zweites Opfer vorgesehen gewesen. Das war es, was Malia ihm bei dem Trinkgelage zugeflüstert hatte. Und sie war fortgeschleppt worden, ehe sie es mir verraten konnte. Und schwarz wie sein Herz war, hatte er mir nichts davon gesagt.

>Es müssen zwei sein<, sagte Eoppo. >So will es das Gesetz.< Aimoku hörte auf zu paddeln und blickte zum Ufer zurück, als wolle er umkehren und ein zweites Opfer holen. Aber mehrere Häuptlinge waren dagegen und meinten, daß alles gemeine Volk in die Berge geflohen oder unter Tabuschutz in den Häusern geblieben sei und daß es Tage dauern könne, ehe sie einen aufgriffen. Schließlich gab Eoppo nach, wenn er auch hin und wieder vor sich hinbrummte, daß das Gesetz zwei Moepuus fordere.

Wir paddelten weiter, am Diamond Head vorbei und bis zur Höhe des Koko Head, bis wir uns mitten im Molokai-Kanal befanden. Dort herrschte ziemlicher Seegang, obwohl der Passat nur leicht blies. Die Häuptlinge ließen die Paddel ruhen, mit Ausnahme der Rudergänger, die den Bug des Kanus am Wind und an der Dünung hielten. Und bevor sie weiterpaddelten, öffneten sie noch einige Kokosnüsse und tranken.

>Daß ich Moepuu bin, macht mir nicht so viel aus<, sagte ich zu Humuhumu; >doch bevor man mich opfert, würde ich gern etwas trinken.< Ich bekam nichts zu trinken. Aber ich hatte die Wahrheit gesagt. Mir war noch zu elend von dem vielen Whisky und Rum, als daß ich Angst vor dem Sterben gehabt hätte. Dann stank wenigstens mein Mund nicht mehr, und mein Kopf tat mir nicht mehr weh, und mein Inneres würde sich nicht mehr so trocken wie heißer Sand anfühlen. Am meisten aber litt ich vielleicht unter der Vorstellung der Zunge des Harpuniers, wie ich sie zuletzt voll Sand auf dem Sand liegen gesehen hatte. Ach, Kanaka Oolea, welche Tiere sind doch die jungen Männer, wenn es ans Trinken geht! Erst wenn sie so alt geworden sind wie du und ich, zügeln sie ihren unbändigen Durst und trinken mäßig wie wir beide.«

»Weil wir müssen«, stimmte Hardman Pool ihm zu. »Alte Mägen sind verbraucht und empfindlich, und wir halten maß, weil wir uns nicht trauen, mehr zu trinken. Wir sind weise, aber die Weisheit ist bitter.«

»Der Priester Eoppo sang ein langes Mele über Kahekilis Mutter und die Mutter seiner Mutter und all ihre Mütter, bis zurück zu den Anfängen«, fuhr Kumuhana fort. »Und es schien, als müßte ich an meiner sandheißen Ausgedörrtheit sterben, ehe er zu einem Ende kam. Und er rief alle Götter der unteren Welt, der mittleren und der oberen Welt an, daß sie für den toten Alii, der ihnen jetzt übergeben würde, sorgen, ihn freundlich aufnehmen und die Verwünschungen - es waren schreckliche Flüche - ausführen sollten, mit denen er alle belegte, die sich jetzt oder in Zukunft an den sterblichen Überresten Kahekilis vergriffen und seine Knochen zur vergnüglichen Jagd auf Schädlinge mißbrauchten.

Weißt du, Kanaka Oolea, der Priester redete in einer ganz anderen Sprache, und ich weiß, daß es die Priestersprache, die alte Sprache war. Maui nannte er nicht Maui, sondern Maui-Tiki-Tiki und Maui-Po-Tiki. Und die Göttin Hina, Mauis göttliche Mutter, nannte er Ina. Und Mauis Göttervater nannte er manchmal Akalana und manchmal Kanaloa. Merkwürdig, daß einer, der dem Tod geweiht und sehr durstig ist, solche Dinge in Erinnerung behält. Und ich erinnere mich, daß der Priester Hawaii als Vai und Lanai als Ngangai bezeichnete.«

»Das waren die Maori-Namen«, erklärte Hardman Pool, »und die samoanischen und tonganischen Namen, die die Priester vor langer Zeit von ihren ersten Reisen aus dem Süden mitbrachten, als sie Hawaii entdeckten und sich hier niederließen.«

»Groß ist deine Weisheit, o Kanaka Oolea«, gestand ihm der Alte feierlich zu. »Ku, der unser Himmelsgewölbe trägt, nannte der Priester Tu und auch Ru, und La, unseren Sonnengott, nannte er Ra - «

»Und Ra war der Sonnengott der Ägypter vor langer, langer Zeit«, unterbrach ihn Pool mit einem Fünkchen zusätzlichen Interesses. »Wahrlich, ihr Polynesier seid weit herumgekommen in Zeit und Raum, seit es euch gibt. Es ist ein weiter Weg vom alten Ägypten jener Zeit, als Atlantis noch nicht untergegangen war, bis zum jungen Hawaii im nördlichen Pazifik. - Aber erzähl weiter, Kumuhana. Erinnerst du dich sonst noch an andere Einzelheiten dessen, was der Priester Eoppo sang?«

»Ganz zum Schluß«, berichtete Kumuhana weiter, »sang er etwas, das ich wortwörtlich behalten habe, obwohl ich halbtot war und bald unter dem Messer des Priesters sterben sollte. Hör zu! Es klang so.«

Und mit zittriger Fistelstimme, die den Ton nicht zu halten versuchte, sang der alte Mann.

»Ein Totenlied der Maori, ganz unverkennbar«, rief Pool aus, »von einem Hawaiianer mit tätowierter Zunge gesungen! Wiederhole es noch einmal, und ich werde es dir ins Englische übersetzen.«

Und als der andere es wiederholt hatte, sprach er es langsam auf Englisch nach:

»Doch der Tod ist nichts Neues.

Der Tod ist und war von je, seit der alte Maui starb.

Da lachte Pata-Tai laut auf Und weckte den Koboldgott,

Der ihn in zwei Stücke riß und einsperrte,

So daß die Abenddämmerung heraufkam.«

»Und schließlich«, fuhr Kumuhana fort, »wurde ich doch nicht geopfert. Eoppo, das tödliche Messer in der Hand und bereit, den Streich zu führen, stach nicht zu. Und ich? Was fühlte und dachte ich? Oft, Kanaka Oolea, habe ich seither bei dem Gedanken daran gelacht. Ich fühlte großen Durst. Ich wollte nicht sterben. Ich wollte Wasser trinken. Ich wußte, daß ich sterben würde, und ich mußte immer wieder an die tausend Wasserfälle denken, die ungenutzt die Palis [Klippen] an der Luvseite der Koolau-Berge herabstürzen. Ich dachte nicht an Anapuni. Ich war zu durstig. Ich dachte nicht an Malia. Ich war zu durstig. Aber immer wieder hatte ich die mit trockenem

Sand bedeckte Zunge des Harpuniers vor Augen, so wie ich sie zuletzt im Sande liegen gesehen hatte. Meine Zunge fühlte sich ebenso an. Und auf dem Boden des Kanus rollten viele Trinkkokosnüsse umher. Doch ich wagte nicht zu trinken, denn sie waren Häuptlinge, und ich war ein gemeiner Mann.

>Nein<, sagte Eoppo, und befahl den Häuptlingen, den Sarg über Bord zu werfen. >Es sind nicht zwei Moepuus, deshalb soll es keinen geben.<

>Opfere den einen!< riefen die Häuptlinge.