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Da tauchte in all dem Veranstaltungsrummel Sonny Grandison auf, geboren auf Hawaii und hier eine führende Persönlichkeit, der trotz seiner jugendlichen einundvierzig Jahre das ihm angebotene Amt des Gouverneurs ausgeschlagen hatte. Auch hatte er vor einem Vierteljahrhundert Ida Barton in der Brandung von Waikiki untergetaucht, und noch früher, als er die Ferien auf der großen Lakanaii-Ranch seines Vaters verbrachte, hatte er sie und mehrere andere Knirpse im zarten Alter zwischen fünf und sieben Jahren auf haarsträubende Weise in seine Jungenbande »Die Kannibalen-Kopfjäger« oder »Die Schrecken von Lakanaii« eingeführt. Und davor wiederum hatten sein Großpapa Grandison und ihr Großpapa Wilton gemeinsame geschäftliche und politische Interessen verfolgt.

Erzogen in Harvard, war er eine Zeitlang ein um die Welt ziehender Forscher und Gesellschaftsliebling gewesen. Nach seiner Dienstzeit auf den Philippinen hatte er als Insektenkundler verschiedene Expeditionen durch Malaysia, Südamerika und Afrika begleitet. Mit einundvierzig war er immer noch Bevollmächtigter des Smithsonian Institute, während seine Freunde behaupteten, er verstünde mehr von Zuckerrohrschädlingen als die besten Insektenkundler die er und die mit ihm befreundeten Zuckerrohrpflanzer in der Versuchsstation beschäftigten. Ein wichtiger Mann in seiner Heimat, war er Hawaiis bekanntester Repräsentant im Ausland. Es war ein Gemeinplatz unter vielgereisten Hawaiianern, daß, wo auch immer auf der Welt sie ihre Heimat erwähnten, die erste Frage unweigerlich lautete: »Und kennen sie Sonny Grandison?«

Kurzum, er war der Sohn eines reichen Vaters, der es zu etwas gebracht hatte. Die ererbte Million hatte er auf zehn Millionen vermehrt, während er gleichzeitig die wohltätigen Spenden und Stiftungen beibehalten hatte und sie sogar durch seine eigenen noch in den Schatten stellte.

Aber das war noch nicht alles. Seit zehn Jahren Witwer ohne Nachkommenschaft, war er die beste und begehrteste Partie auf ganz Hawaii. Er war groß, schlank und elegant, mit brünettem Haar und kraftvollen Gesichtszügen, hatte die durchtrainierte Figur eines Sprinters ohne jeden Ansatz von Bauch. Kerngesund und stets bester Laune, stach er in jeder Runde hervor, und seine langsam ergrauenden Schläfen (im Kontrast zu seiner jugendlich straffen Haut und den strahlenden, lebhaften Augen) ließen ihn sogar noch distinguierter erscheinen. Trotz der gesellschaftlichen Verpflichtungen, die seine Zeit in Anspruch nahmen, und trotz seiner vielen Ausschußsitzungen, Vorstandstreffen und politischen Konferenzen fand er noch Zeit, die Polomannschaft von Lakanaii zu mehr als nur einem gelegentlichen Sieg zu führen, und auf seiner Heimatinsel wetteiferte er mit den Baldwins von Maui in der Zucht und Einfuhr von Polopferden.

Wenn bei einem Mann und einer Frau von auffallender Stärke und Lebenskraft ein zweiter und ebenso auffallend starker und vitaler Mann auf den Plan tritt, dann droht die Gefahr einer auffallend starken und vitalen Dreieckstragödie.

Und in der Terminologie des gewöhnlichen Volkes würde man eine solche Dreieckstragödie wohl als »erstklassig« und »unmöglich« beschreiben. Da von ihm der Wunsch und der Wagemut ausging, war es vielleicht Sonny Grandison, der sich zuerst der Situation bewußt wurde, wenn er sich auch sehr beeilen mußte, um der gefühlsmäßigen Einsicht einer Frau wie Ida Barton zuvorzukommen. Jedenfalls und unstrittig war der letzte von den dreien, der etwas merkte, Lee Barton, der dann auch prompt weglachte, was unmöglich wegzulachen war.

Als er zum erstenmal etwas wahrnahm - das sah er schnell ein -, war es bereits so spät, daß die Hälfte seiner Gastgeber und Gastgeberinnen schon Bescheid wußten. Wenn er sich zurückerinnerte, dann fiel ihm auf, daß seit einiger Zeit bei jedem gesellschaftlichen Ereignis, zu dem er und seine Frau eingeladen waren, Sonny Grandison ebenfalls unter den Gästen war. Wo immer sich die beiden aufgehalten hatten, waren sie zu dritt gewesen. Ob man nach Kahuku oder Haleiwa, nach Ahuimanu oder zu den Korallengärten von Kaneohe aufbrach, ob man auf dem Koko Head Picknick machte und schwamm, irgendwie wollte es der Zufall stets, daß Ida in Sonnys Wagen mitfuhr oder daß beide von jemand anderem mitgenommen wurden. Ob bei Tanzveranstaltungen, Luaus, Abendessen oder Ausflügen, immer war es dasselbe, alle drei waren dabei.

Nachdem Lee Barton sich dessen bewußt geworden war, konnte er nicht umhin, die Freude zu registrieren, die Ida jedesmal zeigte, wenn sie sich in Sonny Grandisons Gesellschaft befand, und auch ihre Bereitwilligkeit, mit ihm im selben Wagen zu fahren, mit ihm zu tanzen oder im Gleichtakt Tänze auszulassen, entging ihm nicht länger. Den besten Beweis aber lieferte Sonny Grandison selbst. Obgleich er ein einundvierzigjähriger, starker und erfahrener Mann war, konnte sein Gesicht doch seine Gefühle ebensowenig verbergen, wie ein ganz gewöhnlicher Bursche von zweiundzwanzig mit seiner Liebe hinter dem Berg halten kann. Trotz der Selbstbeherrschung und Zurückhaltung seiner vierzig Jahre gelang es ihm nicht, mit seinem Gesicht seine Seele so gut zu kaschieren, daß der gleichaltrige Lee Barton nicht mit Leichtigkeit in dieser Seele hätte lesen können. Und oft, wenn Ida sich mit anderen Frauen unterhielt und das Gespräch auf Sonny kam, hörte Lee Barton, wie sie ihrer Sympathie für Sonny Ausdruck verlieh oder ihrer fast zu wortreichen Wertschätzung seines Polospiels, seiner Arbeit überall auf der Welt und seiner großartigen Leistungen im allgemeinen.

Über Sonnys Gedanken und Gefühle war sich Lee nicht im Zweifel. Die waren für jedermann offenkundig. Wie aber stand es um Ida, mit der er seit einem Dutzend Jahren eine wunderbare Liebesehe führte? Er wußte, daß Frauen, seit jeher das rätselhafte Geschlecht, jederzeit zu unvermuteter Heimlichkeit fähig waren. Bedeutete ihre offene Kameradschaftlichkeit gegenüber Sonny nur die Fortsetzung und das Wiederaufleben ihrer Kindheitsbeziehungen? Oder verbarg sich dahinter, auf die subtilere und geheimnisvollere weibliche Art, eine Herzensregung und Erwiderung von Gefühlen, die sogar jene übertrafen, die auf Sonnys Gesicht zu lesen waren?

Lee Barton war verstört. Die zwölf Ehejahre, in denen er das Zusammenleben mit seiner Frau vollkommen und aufs höchste genossen hatte, hatten ihm bewiesen, daß sie, was ihn anging, die einzige auf der Welt war und daß die Frau noch nicht geboren, geschweige denn in Erscheinung getreten war, die ihr auch nur für einen Moment in seinem Herzen, seiner Seele und seinem Gehirn den Rang ablaufen konnte. Es gab keine Frau, die ihn von ihr hätte fortlocken oder sie in den vielfältigen Beglückungen, die er ihr verdankte, hätte übertreffen können.

Sollte das dann, so fragte er sich mit der gefürchteten Ungewißheit aller liebenden Ehemänner, ihre erste »Affäre« sein? Er quälte sich selbst mit dieser immer wiederkehrenden Frage, und zum Erstaunen der aus klugen Burschen mittleren Alters bestehenden geläuterten Pokerrunde von Kahala wie auch als Entschädigung für die eifrigen Nachforschungen der gastgebenden und eingeladenen Damen fing er an, King William Whisky anstelle von Orangensaft zu trinken, das Limit beim Pokern hochzudrücken, des Nachts mit seinem eigenen Wagen ziemlich rücksichtslos über die Straßen nach Pali und zum Diamond Head zu jagen und sich vor dem Mittag- oder Abendessen mehr von den Old Fashioned Cocktails und Scotch Highballs zu genehmigen, als ein Mann normalerweise trinken sollte.

In all den Jahren ihrer Ehe hatte sie ihm sein Kartenspiel stets nachgesehen. Diese Nachsicht war ihm zur Gewohnheit geworden. Aber nun, da dieser Zweifel aufgetaucht war, schien es ihm, als ob sie ihn zu seinen Pokerpartien noch ermuntern würde. Ein anderer entscheidender Punkt, der seiner Aufmerksamkeit nicht entgehen konnte, war, daß Sonny Grandison bei den Poker- und Bridgerunden schmerzlich vermißt wurde. Er schien zu beschäftigt zu sein. Nun, wo war wohl Sonny, während er, Lee Barton, spielte? Bestimmt nicht immer in Komitees und Aufsichtsratssitzungen. Lee Barton überzeugte sich davon. Er erfuhr ohne Mühe, daß Sonny bei solchen Gelegenheiten öfter als sonst dort zu finden war, wo man auch Ida antreffen konnte - bei Tanzveranstaltungen, Abendeinladungen oder Schwimmparties im Mondschein. Und eben an dem Nachmittag, als er Arbeitsüberlastung vorgeschützt hatte, um nicht mit Lee, Longhorne Jones und Jack Holstein einen Bridgewettkampf im Pacific Club austragen zu müssen, hatte er in Dora Niles’ Haus mit drei Damen, von denen eine Ida war, Bridge gespielt.