Vom Unterbewußten ist gelegentlich in der Erzählung »Als Alice zur Beichte ging« die Rede. Diese Geschichte der in den Bann des religiösen Erweckungspredigers Abel Ah Yo gezogenen fünfzigjährigen Alice Akana, Besitzerin eines HulaHauses, erinnert noch am ehesten an den alten Jack London, auch wenn der humoristisch-distanzierte Ton nicht allzuoft in seinem Werk zu finden ist. Abel, der sich eigentlich als Judas sieht, aber seine öffentlichen Erweckungsaktionen in Honolulu auf eine Umdeutung der biblischen Gestalt gründet, die er zum Diener Gottes macht, kann Alice zwar auf den Weg der geistigen Erneuerung leiten, aber sie bringt es lange Zeit nicht fertig, öffentlich über ihre Vergangenheit - und das ist die Vergangenheit der feinen Gesellschaft Honolulus - zu reden. Als es dem wortgewaltigen Abel dann doch mit einigen Tricks gelingt, nutzen die bereits angelaufenen Beschwichtigungsversuche alter Bekannter nichts mehr: Dafür kommen jene aus der Oberschicht, die etwas zu verbergen haben, zum ersten Mal in die Veranstaltungen Abels, für den Gott ein Abbild aller Rassen der Welt ist und dessen Lehren den Anstrich des Demokratischen haben. Es liegt nahe, in dem rhetorisch versierten Abel, der die Doppelzüngigen und Heuchler zum Erzittern bringt, jenen seine intellektuellen Gegner niederredenden London zu sehen, dem seine ehemaligen Parteifreunde eben den Vorwurf machten, er habe sie, Judas gleich, verraten. Freilich lehrt Abel-Judas so manchen das Fürchten, ohne allerdings verhindern zu können, daß man ein Komitee gründet: um den nächsten, der vielleicht peinliche Geheimnisse ausplaudert, organisiert zu kaufen.
Andererseits entwirft London in den beiden Rahmenerzählungen »Auf der Makaloa-Matte« und »Die sterblichen Überreste Kahekilis« ein durchaus positives Bild der hawaiianischen Führungsschicht. »Auf der Makaloa-Matte« ist die Geschichte der gut sechzigjährigen Bella Castner, die während eines Besuches bei ihrer Schwester Martha Scandwell von einem tiefgreifenden Jugenderlebnis erzählt, als sie, mit neunzehn Jahren dem puritanischasketischen Arbeitstier George Castner vermählt, dem Prinzen Lilolilo begegnete und das von Liebe und Wärme geprägte Leben Hawaiis kennenlernte. In gewisser Weise - allerdings eher oberflächlich psychoanalytisch orientiert - bringt die bereits sehr alte Bella erzählend ins Bewußtsein zurück, was sie zuvor offensichtlich nie jemandem verraten hatte, und London kontrastiert auf eindringliche Weise zwei unterschiedliche Lebensweisen: die des sparsamen, nur auf Gewinn und Mehrung des Besitzes gerichtete, letztlich unsoziale Art, mit der George Castner seine Zukunft plant, und die Weltoffenheit, die Freude am anderen, die das alte Hawaii auszeichnete: Kontraste, die sich in unterschiedlichen Farben und in der atmosphärischen Zeichnung der Natur, des Hauses, der Menschen spiegeln. Im Grunde handelt es sich um die Vision eines Lebens, wie es London auf seiner Ranch führen wollte, mit Dutzenden von täglichen Besuchern, mit wilden Saufgelagen, kindlichen Späßen und Scherzen (von der Verschwendung Londons profitierten freilich häufig genug Schmarotzer).
Die Binnenerzählung von »Die sterblichen Überreste Kahekilis« ist die Erinnerung des alten Kumuhana an ein Ereignis im Jahr 1829, kurz nach der Ankunft der Missionare: an den Tod des Häuptlings Kahekili, dessen Gebeine später angeblich ins Mausoleum in Honaunau auf Kona umgebettet wurden, der aber in Wirklichkeit während der rituellen Todeszeremonie draußen auf dem Meer in einem als Sarg gebauten Boot im Meer versank. Kumuhana weiß davon, weil er durch eine Reihe von Zufällen nicht wie vorgesehen während der Zeremonie geopfert wurde. Die Binnenerzählung, die auf diese Weise in mündlicher Überlieferung eine vorchristliche Vergangenheit mit Reminiszenzen an die größere Maori-Geschichte evoziert - eine durch gleichsam feudale Stammesstrukturen und Menschenopfer geprägte Vergangenheit - , wird mit dem Rahmen kontrastiert: London präsentiert den 1829 nach Hawaii gekommenen Hardman Pool, einen weißen Rancher, dem Kumuhana fünfzig Jahre später das Geheimnis der Gebeine verrät, als einen wahren Patriarchen, der nicht etwa nimmt, sondern seiner Großfamilie (er hat vierzehn Kinder) Leben und Liebe und noch dem geringsten Arbeitsuntüchtigen oder Alten das Lebensnotwendige freigebig spendet. Auch diese Figur des sich gelegentlich über die Notwendigkeit des benevolenten Führers in einer Welt manipulierbarer Massen auslassenden Hardman Pool scheint den Vorstellungen Londons von einer wahren gesellschaftlichen Ordnung zu entsprechen. London kontrastiert zwar die grausame Vergangenheit mit der durch den Einfluß der Weißen veränderten Zivilisation der Gegenwart - jedenfalls auf der Ranch Pools -, aber die resignative und auf die politischen Realitäten der Jahre des Ersten Weltkriegs nicht mehr eingehende regressiv-agrarische Vision, die auch dem ehrgeizigen Ranch-Projekt von Glen Ellen zugrunde lag, macht die Entfremdung von den Sozialisten verständlich.
Während die Begegnung zwischen Pool und Kumuhana, so die Fiktion, im Jahr 1880 stattfindet, also noch vor der Annexion Hawaiis durch die Vereinigten Staaten, spielt die Rahmenerzählung von »Gebeine« während des Ersten Weltkriegs. Auch hier ist das Thema die Frage nach der Geschichte Hawaiis und der Rolle, die sie für die Gegenwart spielen kann. Prinz Akuli, in Oxford erzogen, berichtet während einer reparaturbedingten Unterbrechung einer Autofahrt auf der Insel Lakanaii einem weitgehend im Hintergrund bleibenden Rahmenerzähler von einem entscheidenden Erlebnis seiner Jugend: als er in Begleitung des alten Ahuna die Knochenstätte der hawaiischen Großen vergangener Jahrhunderte sehen durfte. In dieser Geschichte wird die psycho-analytisch-mythologische Wende Londons besonders deutlich: Ahuna ist der einzige, der den Ort kennt, und er fungiert, nach einer langen Fahrt mit dem Boot übers Meer, entlang einer steil abfallenden Küste - das Boot wird von alten Männern gerudert, die bereits dem Tode nahe sind -als Initiationsführer. Nachdem der Alte und der Junge die Nacht in einer Felsnische verbracht haben, tauchen sie in einen See mit unterirdischem Zugang zu einer Höhle. Dort finden sie die Gebeine, von denen Akulis Mutter, besessen vom Knochensammlertick, einige haben will (sie bewahrt alte Gebeine überall im Haus in großen Gefäßen auf, während der Vater, ein moderner Skeptiker, weder an die alten Götter noch an den von den Missionaren verkündeten christlichen Gott glaubt). Akuli wird offensichtlich von dem weisen, geheime Kenntnisse besitzenden Ahuna in die wahre Bedeutung von Geschichte und Sein eingeführt - jedenfalls deuten Bilder wie Bootsfahrt, Höhle, Wasser, Eintauchen hin auf das mythische Thema der Neugeburt, das London leicht mokant verfremdet, weil im Rahmen der christlichen Religion proklamiert, bereits in »Als Alice zur Beichte ging« angeschlagen hatte. Akuli und Ahuna finden die Gebeine, und der Junge nimmt heimlich das zu einer Speerspitze geformte Schienbein eines Mannes mit, der mit der Frau des Königs geflohen war und von ihm dann im Kampf getötet wurde. Der später in Oxford erzogene und also die Moderne akzeptierende Prinz Akuli bewahrt jedoch das Vermächtnis der Gebeine: »Ihnen, diesen beiden armseligen Knochen, schulde ich unendlichen Dank. In der Zeit, als ich zum Mann heranreifte, war ich von ihnen wie besessen. Ich weiß, daß sie den gesamten Verlauf meines Lebens und meine Denkrichtung änderten. Sie verhalfen mir zu Bescheidenheit und Demut in der Welt, und das Vermögen meines Vaters vermochte es nie, mich davon abzubringen. Die nachdenkliche Betrachtung dieser beiden Knochen war stets eine große Hilfe für mich, und man könnte wohl sagen, daß ich meine Religion oder meine Lebensweise auf sie gegründet habe.«