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Eilonwy brach in schrilles Gezeter aus, und Doli setzte zu einer empörten Entgegnung an. Taran schnitt ihm das Wort ab. Der erste Zorn war verraucht, nun wurde er ruhiger. „Das ist keine Sache des Mutes“, sagte er. „Ellidyr mag mich verhöhnen, soviel er wilclass="underline" Ich lasse mich nicht zu unüberlegten Schritten hinreißen. Aber bedenkt doch, daß König Arawn nach dem Kessel fahndet, genau wie wir. Wenn wir nach Caer Cadarn ziehen, wird Arawn uns zuvorkommen und den Kessel an sich bringen.“ „Woher willst du das wissen?“ warf Doli ein. „Wer sagt dir denn, daß er weiß, wo der Kessel zu suchen ist? Ich für mein Teil bin davon überzeugt, daß es klüger ist, wenn wir nach Caer Cadarn ziehen statt in die Marschen von Morva.“

„Und außerdem sind das alles bloß Sprüche, die ihr da macht“, fügte Eilonwy rasch hinzu. „Habt ihr vergessen, daß hier nur einer das Recht hat, Befehle zu geben und eine Entscheidung zu fällen?“

Taran lief rot an und neigte den Kopf. „Verzeih mir, Adaon, ich bin vorlaut gewesen. Alles soll so geschehen, wie du es für richtig hältst.“

Adaon hatte die ganze Zeit über schweigend beim Feuer gesessen und ihnen zugehört. Nun schüttelte er den Kopf und sagte: „Bestimmte Gründe verbieten es mir, die Entscheidung selbst zu treffen. Triff du sie an meiner Stelle. Taran von Caer Dallben!“ „Ich?“ fragte Taran betroffen und trat einen Schritt zurück.

„Ja – du“, sagte Adaon, während er seine grauen Augen wieder dem Feuer zuwandte. „Der Tag ist nicht fern, an dem du dies alles verstehen wirst. Wähle den Weg aus. den du für richtig hältst – ich werde mich fügen.“

Taran sammelte sich einen Augenblick. Kummer und Sorge erfüllten ihn. Es war keine Furcht, die sein Herz bewegte, eher die unaussprechliche Wehmut, die einem beim Anblick von welkem Laub befällt, das der Wind vor sich hertreibt. Adaon schenkte ihm keine Beachtung, er wandte die Augen nicht von den züngelnden Flammen.

„So werde ich nach den Marschen von Mona reiten“. sagte Taran.

„Gut“, meinte Adaon. „Wie du entschieden hast, ist es mir recht.“

Eine Zeitlang blieb alles still im Raum. Selbst Ellidyr schwieg. Er biß sich auf die Lippen und fingerte am Griff seines Schwertes herum.

„Nun“, sagte Doli schließlich. „Ich schätze, daß ich euch nicht allein lassen sollte, auch wenn es vermutlich falsch ist.“

„Falsch?“ ließ sich Fflewddur vernehmen. „Das schert mich wenig, ich reite mit euch!“

„Und ich gleichfalls!“ erklärte Eilonwy. „Jemand muß schließlich dabeisein, der einen kühlen Kopf behält. Kalte Füße bekommen wir in den Marschen sowieso.“ Der Tiermensch war aufgesprungen und fuchtelte mit den Armen herum wie nicht recht gescheit. Auch Gurgi wird helfen“, schrie er, „der brave, furchtlose, treue Gurgi – mit Suchen und Spähen und Hinter die Büsche Sehen!“

„Na schön“, meinte Doli mit einem Achselzucken. „Dann mag also Gwystyl gehen und uns den Puder bringen, von dem er gesprochen hat.“

Während Gwystyl eifrig in seiner Vorratskammer rumorte, holte der Zwerg tief Atem und machte sich unsichtbar. Als er nach geraumer Weile wieder zum Vor schein kam, war er blau im Gesicht, und die Ohren zitterten ihm. „Fünf Häscher Arawns lagern auf der Anhöhe über uns“, berichtete er. „Sie haben sich’s für die Nacht bequem gemacht. Wenn dein Puder was nütze ist, Gwystyl, könnten wir ihnen vielleicht entkommen.“

Die Gefährten puderten ihre Schuhsohlen und die Hufe der Pferde mit einem schwarzen Pulver, das Gwystyl aus einem modrigen Sack verteilte. Er atmete hörbar auf, als sie die Rösser losbanden und ins Freie hinausführten. „Glück auf dem Weg!“ rief er ihnen hinterdrein. „Aller Voraussicht nach wird es euch an den Kragen gehen. Aber so ist das nun einmaclass="underline" Wem nicht zu raten ist, ist nicht zu helfen. Lebt wohl, alle miteinander! Ich hoffe trotzdem, daß wir uns einmal wiedersehen – wenn es nur nicht zu bald sein muß!“ Damit schloß er das Tor hinter ihnen. Taran nahm Melvnlas fest am Zügel und folgte Adaon in die Nacht hinaus.

Der Dorn im Fleisch

Nach kurzer Unterredung zwischen Adaon und dem Barden einigten sich die Gefährten darauf, zunächst in westlicher Richtung zu reiten. Bei Tagesanbruch wollten sie ein paar Stunden rasten, um sich sodann nach Süden zu wenden. Wieder saß Eilonwy hinter Taran auf Melynlas, während Gurgi mit Adaon auf Lluagor ritt. Fflewddur führte die Gruppe an, da er vorgab, er könnte den Weg nach den Marschen von Morva notfalls im Schlaf finden. Nachdem allerdings zwei Harfensaiten gesprungen waren, bequemte er sich dazu, die Führung an Adaon abzutreten. Doli ritt als letzter in der Reihe; er war fest entschlossen, sich nie mehr unsichtbar zu machen – komme, was wolle. Der Sohn des Pen-Llarcau saß wie versteinert auf seinem Pferd. Er war zornig, weil sich der Schweinejunge nun doch für die Marschen entschieden hatte.

„Der allein“, sagte Taran leise zu Eilonwy, „hätte es nie geschafft mit dem Schwarzen Kessel. Kindisch von ihm, sich aus lauter Ruhmsucht auf eine solch aussichtslose Geschichte einzulassen! Findest du nicht auch?“ „Ich finde vor allem“, entgegnete Eilonwy, „daß du nicht viel besser bist. Gib doch zu, daß du bloß wegen Ellidyr diesen albernen Zug unternimmst! Ich bleibe dabei, daß es tausendmal klüger gewesen wäre, Gwydion aufzusuchen, statt sich kopfüber in dieses Abenteuer zu stürzen.“

Taran erwiderte nichts darauf. Eilonwys Worte schmerzten ihn um so mehr, als auch ihm an der Richtigkeit sei nes Verhaltens allmählich Zweifel kamen. Jetzt, da die Würfel gefallen waren, wurde ihm schwer ums Herz, besonders bei dem Gedanken an Adaon. Was mochte Taliesins Sohn wohl bewogen haben, ihm, Taran, der so viel jünger war, die Entscheidung in dieser schwierigen Sache anheimzustellen? Wie zufällig lenkte er Melynlas an die Seite Adaons und sagte mit leiser Stimme: „Ich frage mich, ob wir nicht lieber umkehren sollten. Falls du mir etwas verheimlicht hast, Sohn des Taliesin, das zu wissen für meine Entscheidung wichtig gewesen wäre, dann sag es mir bitte jetzt!“

Adaon ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Er saß aufrecht im Sattel, mit einem Ausdruck von stolzer Gelassenheit um die Augen, die Stirn voller Sternenglanz. Nach langem Schweigen erklärte er:

„Jeder Mensch muß das Schicksal tragen, das ihm beschieden ist – gleichgültig, ob er es kennt oder nicht.“ „Ich habe den Eindruck, daß du um viele Dinge weißt, über die du mit niemandem sprechen kannst“, antwortete der Junge. „Wenn ich an deinen Traum denke – damals, in jener Nacht vor dem Aufbruch in Caer Dallben: Du hast Morgant gesehen und Ellidyr; und mir hast du vorausgesagt, daß ich trauern würde. Von dir selbst aber hast du nicht geträumt?“

Adaon lächelte. „Wenn das alles ist, was dich bekümmert – dem läßt sich abhelfen! Ich sah mich auf einer Lichtung ruhen, an einem stürmischen Tag im Spätherbst; und doch war es warm ringsum, denn die Sonne schien, Vögel sangen, und Blumen sprossen aus nacktem Gestein hervor.“

„Ein freundlicher Traum“, sagte Eilonwy. „Aber schwer zu deuten.“

Der Junge nickte. „Ich hatte befürchtet, du habest Böses geträumt und nicht davon sprechen wollen. Wie gut, daß ich mich getäuscht habe!“

Adaon sagte nichts darauf, und Taran hing wieder seinen Gedanken nach. Melynlas fand den Weg trotz der Dunkelheit allein. Sicheren Trittes vermied er herabgefallene Äste und lose Steine, ohne daß Taran ihm die geringste Hilfe zu geben brauchte. Dem Jungen wurden die Lider schwer, er beugte sich auf die Mähne des Hengstes nieder und murmelte: „Geh nur zu, mein Freund – geh nur zu …“

Bei Tagesanbruch gab Adaon ihnen das Zeichen zur Rast. Während der Nacht war es Taran so vorgekommen, als wären sie ständig bergab geritten. Zwar befanden sie sich noch immer im Wald von Idris, doch das Gelände war eben geworden. Die meisten Bäume trugen noch ihre Blätter, die Landschaft hier wirkte im ganzen weniger starr und unheimlich als in der Nähe des Dunklen Tores.