Es ist sicher so, sagte Mamika, zwischen Ibolya, Móric und Miklós gibt es irgendein Geheimnis, das ich nicht kenne, und manchmal war ich darüber beunruhigt, vor allem deshalb, weil alles unverändert weiterging, Miklós hat gearbeitet, hat sein Geld versoffen, und wenn ich sage, dass er gearbeitet hat, heisst das, ja, er hat gearbeitet, aber nie lange an einem Ort, sie haben ihn überall rausgeschmissen, nach ein paar Wochen, allerhöchstens nach drei, vier Monaten. Auf der Geflügelfarm in Csóka hat er an einem Tag fast doppelt so viel gearbeitet wie alle anderen, versteht ihr, meine Mädchen, und Mamika wischt sich ihre Hände an der Schürze ab. Sein Chef hat ihn zu sich zitiert, Miklós, brennst du durch? du weisst, wie viel das Soll beträgt, warum arbeitest du wie ein Verrückter? Ich bin verrückt, hat mein Sohn geantwortet, ich arbeite, soviel ich kann. Gut, dann kannst du gehen. Eine von vielen Geschichten, und Miklós war vielleicht Mitte zwanzig, da wollte ihn niemand mehr anstellen, hier in der Gegend, und da fing euer Vater an, tageweise, stundenweise zu arbeiten, er hat in den Geschäften ausgeholfen, wenn jemand krank war, und die Leute holten ihn zu sich, weil der Miklós bekannt dafür war, dass er die besten Würste macht und am schnellsten arbeitet, innerhalb kürzester Zeit hatte er eine grosse Kundschaft, es gab niemanden, der Miklós nicht kannte, man war eben auch neugierig auf einen, der sich mit allen anlegte, also mit allen Offiziellen. Eine Zeit lang ging das gut, Miklós hat eine Menge Geld verdient, damit hat er sich ein Motorrad gekauft, nicht irgendeines, sondern eines aus dem Westen, aus Deutschland, und niemand wusste, wir er das geschafft hatte in so kurzer Zeit, und wieder war Miklós eine Ausnahmeerscheinung, und Mamika nimmt die Brille von der Nase, putzt sie mit der Schürze, und Nomi sagt, das Motorrad, ja! wir haben ein Foto in unserem Album, da sitzt Vater auf einem Motorrad, mit einem schicken Anzug, er hat die Arme verschränkt, hält eine Zigarette zwischen den Fingern und lacht, er lacht so, als wäre er glücklich. Ja, sagt Mamika, das Motorrad war sein grosses Glück.
Dann hat er Arbeitsverbot gekriegt, man drohte den Leuten, die Miklós zu sich holen würden, mit hohen Geldstrafen, es hiess, Miklós sei ein Konterrevolutionär, irgendein Dahergelaufener behauptete, Miklós verteile in den Häusern Flugblätter, stifte die Leute an, den Sozialismus zu sabotieren. Solche Dinge, sagte Mamika, könnt ihr euch das vorstellen? und Nomi und ich, wir sind sprachlos, wir können nicht einmal "nein" sagen.
Ihr kriegt mich nicht tot, das war die Antwort eures Vaters, und er hat angefangen, den Schwarzmarkt zu beliefern, was weiss ich, wie er zu den Waren kam, die er da angeboten hat, und wieder hat es gut funktioniert, man wusste, der Miklós bringt gute Ware, für viele war er ein Held, der Motor kommt, hiess es, euer Vater auf dem Motorrad.
Fast hätte ich jetzt Ibolya vergessen, mit Ibi, wie sie sie alle nannten, ging es nicht besser, im Park hat euer Vater übernachtet, auf der Bank, am Flussufer, bei einem Freund, überall, aber fast nie zu Hause. Manchmal kam er zu mir, da war es meistens schon früher Morgen, mein Junge, habe ich zu ihm gesagt, was ist los, nichts, hat er geantwortet, und einmal, es war Februar und es lag mindestens ein halber Meter Schnee, da setzte er sich zum Ofen, rieb sich die Hände, die Ibi kriegt ein Kind, sagte er und schaute mich nicht einmal an. Du wirst Vater, habe ich gesagt, nach einer Schreckensminute, weil mir der Miklós so gefühllos vorkam, warum habt ihr es so schwer, du und Ibolya? Sie lebt in ihrem Kopf, hat Miklós gesagt, und ich bat ihn, mehr zu erzählen, aber er schwieg.
Er hat nichts mehr erzählt?
Gar nichts, und Mamika erhitzt das Fett in der Pfanne, dünstet die Zwiebeln mit ein bisschen Salz, wir müssen die Suppe aufsetzen, sonst gibt's nichts, wenn eure Eltern zurückkommen, Nomi, die Mamika die Schüssel mit dem geputzten Gemüse hinhält, die Bohnen, Karotten, Petersilienwurzeln, und ich hole kaltes Wasser, reiche Mamika die Kanne, das zischende Geräusch, als Mamika das gedünstete Gemüse aufgiesst, so, und jetzt muss ich mich einen Moment lang hinsetzen, Mamika, die sagt, sie habe sich beim Erzählen so verloren in diese Ereignisse, die weit zurückliegen, und jetzt seien sie wieder da, als gehörten sie in die heutige Suppe, und Mamika lacht, reibt sich ihre graublauen Augen.
Janka wurde am ersten Oktobertag geboren, es war ein ungewöhnlich warmer Tag, und an diesem Tag hat Onkel Móric eurem Vater einen Stuhl über dem Kopf zerschlagen, weil er bei einem Freund sass, betrunken, ungewaschen, er hat ihn gepackt, am Kragen, an den Haaren, an den Ohren, er hat auf ihn eingeredet, ihn geküsst, ihn angefleht, aber euer Vater war schon lange bewusstlos. Ibolya lag auf der Entbindungsstation und Miklós bei den Männern, er hatte eine schwere Kopfverletzung, ich habe ihm die Krone aufgesetzt, sagte Móric, und wisst ihr, was ich getan habe? ich habe ihm eine gelangt, es ist genug, so habe ich geflucht, du benimmst dich wie ein schlechter Herrgott, ab jetzt lässt du den Miklós in Ruhe. Der Móric hat dann lange nicht mehr mit mir gesprochen, und ich war überzeugt, dass der Móric und der Miklós sich nie mehr aussöhnen würden, was dann auch lange genug gedauert hat.
Eurem Vater habe ich ins Gewissen geredet, er könne Ibi nicht so sitzen lassen mit dem Kind, er solle es nochmals mit ihr versuchen, und er hat mich angeschaut mit dem verbundenen Kopf, für Sie werde ich das tun, hat er gesagt; und er hat aufgehört zu trinken, er wurde nicht mehr gesehen, draussen, nachts, und ich habe den Herrgott gefragt, wie lange das dauern wird, nicht lange, ich wusste es, ein paar Monate hat es gedauert, dann hat der Miklós die Ibolya endgültig verlassen, die Scheidung eingereicht.