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Starr erwiderte Caleb seinen Blick. »Ich fürchte, das ist nicht möglich.«

»Du hast schon immer getan, was du wolltest«, stellte Samuel fest.

Er trat zur Seite und bedeutete Caleb mit einer Geste, dass er passieren konnte.

»Deine Frau wird nicht erfreut sein«, kommentierte Samuel.

Frau?, dachte Caitlin, und ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Warum war sie plötzlich so wahnsinnig eifersüchtig? Wie konnte es bloß sein, dass sie in so kurzer Zeit so starke Gefühle für Caleb entwickelt hatte? Welches Recht hatte sie, so besitzergreifend zu sein?

Sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Es machte ihr tatsächlich etwas aus. Zwar ergab das nicht den geringsten Sinn, aber es machte ihr sogar sehr viel aus. Warum hat er mir nicht erzählt …

»Nenn sie nicht so«, entgegnete Caleb. Seine Wangen waren ebenfalls feuerrot. »Du weißt, dass …«

»Du weißt was?!«, schrie eine weibliche Stimme.

Alle drehten sich um, als eine Frau den Gang entlang auf sie zukam. Sie war ebenfalls von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet und hatte lange, wallende rote Haare, die sich über ihre Schultern ergossen, und riesige, funkelnde grüne Augen. Sie war groß, alterslos und auffallend schön.

In ihrer Gegenwart fühlte Caitlin sich klein und unbedeutend, als wäre sie gerade geschrumpft. Das war eine Frau. Oder war sie … ein Vampir? Was auch immer sie sein mochte, sie war eine Kreatur, mit der Caitlin sich niemals würde messen können. Sie war ernüchtert und sofort bereit, ihr Caleb kampflos zu überlassen.

»Du weißt was!?«, wiederholte die Frau und starrte Caleb wütend an, wobei sie dicht an ihn herantrat. Sie warf Caitlin einen kurzen Blick zu und verzog die Lippen zu einem höhnischen Grinsen. Noch nie hatte jemand Caitlin derart hasserfüllt angesehen.

»Sera«, sagte Caleb sanft, »wir sind seit siebenhundert Jahren nicht mehr verheiratet.«

»Vielleicht deiner Ansicht nach«, fauchte sie.

Langsam umkreiste sie die beiden. Dabei musterte sie Caitlin von Kopf bis Fuß, als wäre sie ein ekliges Insekt.

»Wie kannst du es wagen, sie hierherzubringen!«, knurrte sie. »Also wirklich, das hättest du eigentlich besser wissen müssen.«

»Sie ist es. Die, auf die wir gewartet haben. Die Auserwählte«, erklärte Caleb entschieden.

Anders als die anderen wirkte diese Frau nicht überrascht. Stattdessen lachte sie nur spöttisch.

»Das ist ja lächerlich«, entgegnete sie. »Du hast Krieg über uns gebracht, und das für einen Menschen. Bloß weil du ein bisschen verliebt bist«, fügte sie mit wachsender Verärgerung hinzu. Mit jedem Satz schien sie mehr Unterstützung von der Menge hinter sich zu bekommen, deren Zorn langsam wuchs. Allmählich wurden die Vampire zu einem wütenden Mob.

»Eigentlich«, fuhr Sera fort, »haben wir das Recht, sie zu zerfleischen.«

Die Zuschauer hinter ihr begannen zustimmend zu murmeln. Wut blitzte in Calebs Gesicht auf.

»Dann müsstest du zuerst mich erledigen«, erwiderte er und hielt ihrem Blick stand.

Caitlin wurde es warm ums Herz. Schon wieder setzte er für sie sein Leben aufs Spiel. Vielleicht bedeutete sie ihm doch etwas.

Samuel trat zwischen die beiden und streckte die Hände aus. Die Menge beruhigte sich wieder.

»Caleb hat um eine Audienz vor dem Rat gebeten«, erklärte er. »Das ist das Mindeste, was wir ihm schuldig sind. Lasst ihn seinen Fall darlegen. Lasst den Rat entscheiden.«

»Warum sollten wir?«, fauchte Sera.

»Weil ich es gesagt habe«, antwortete Samuel mit eiserner Entschlossenheit. »Und hier erteile immer noch ich die Befehle, Sera, nicht du.« Samuel warf ihr einen langen, strengen Blick zu. Schließlich zog sie sich zurück.

Samuel trat zur Seite und zeigte auf die Steintreppe.

Caleb nahm wieder Caitlins Hand und führte sie die breiten Steinstufen hinunter, die irgendwo in der Dunkelheit verschwanden.

Hinter ihnen erscholl höhnisches Gelächter.

»Und tschüss!«

12. Kapitel

Ihre Schritte hallten auf den Steinstufen, und es ging immer weiter abwärts. Die Beleuchtung war schwach. Caitlin hakte sich bei Caleb unter und hoffte, dass er sie nicht abwimmeln würde. Doch er hielt sie fest und verstärkte seinen Griff sogar. Wieder fühlte sich alles irgendwie gut an. Sie konnte sogar in die Tiefen der Dunkelheit hinabsteigen, solange sie nur zusammen waren.

Viele Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Was war das für ein Rat? Warum hatte er darauf bestanden, sie mitzunehmen? Und warum wollte sie unbedingt an seiner Seite bleiben? Sie hätte doch dort oben einfach protestieren und ihm sagen können, dass sie lieber oben warten würde. Aber sie wollte nicht oben warten; sie wollte bei ihm sein. Sie konnte sich überhaupt nicht mehr vorstellen, woanders zu sein.

Nichts davon ergab einen Sinn. Statt Antworten zu bekommen, begegneten Caitlin auf Schritt und Tritt neuen Fragen. Wer waren all diese Leute dort oben? Waren sie wirklich Vampire? Und was machten sie hier, in The Cloisters?

Sie bogen um eine Ecke und betraten einen großen Raum, dessen Schönheit sie beeindruckte. Es war einfach unglaublich! Es kam ihr so vor, als würde sie tatsächlich in eine echte mittelalterliche Festungsanlage hinuntersteigen: hohe Decken und Räume, die aus mittelalterlichem Stein gehauen worden waren. Rechts standen mehrere Sarkophage auf dem Boden. Ihre Deckel waren mit Schnitzereien verziert. Manche waren geöffnet. Schliefen sie etwa darin?

Caitlin versuchte sich an die Legenden über Vampire zu erinnern, die sie mal gehört hatte. Sie schliefen in Särgen, waren nachts munter, verfügten über übermenschliche Kräfte sowie eine übermenschliche Geschwindigkeit. Sonnenlicht bereitete ihnen Schmerzen. Offensichtlich passte das alles. Auch sie selbst hatte in der Sonne Schmerzen gehabt, aber es war nicht unerträglich gewesen. Und sie war immun gegen Weihwasser. Darüber hinaus wimmelte es an diesem Ort von Kreuzen, The Cloisters war voll davon. Doch augenscheinlich machte das diesen Vampiren nichts aus. Im Gegenteil, das hier schien ihr Zuhause zu sein.

Gerne hätte sie Caleb all diese Fragen gestellt, aber sie wusste nicht, mit welcher sie anfangen sollte. Schließlich entschied sie sich für den letzten Punkt.

»Die Kreuze«, begann sie und nickte in Richtung eines Kreuzes, an dem sie gerade vorbeikamen. »Stören sie euch nicht?«

Er sah sie verständnislos an. Offensichtlich war er ganz in seine Gedanken versunken gewesen.

»Fügen Kreuze Vampiren nicht Schmerzen zu?«, fragte sie.

Jetzt begriff er.

»Nicht allen Vampiren«, antwortete er. »Unsere Rasse ist sehr vielfältig, ganz wie die menschliche Rasse. Es gibt viele Arten innerhalb unserer Rasse, und auch viele Territorien – oder Clans. Das Ganze ist ziemlich komplex. Auf gute Vampire haben Kreuze jedenfalls keinen Einfluss.«

»Gute Vampire?«

»Genau wie bei euch Menschen gibt es auch bei uns gute und böse Mächte. Wir sind nicht alle gleich.«

Dabei beließ er es. Wie üblich warfen seine Antworten nur noch mehr Fragen auf, doch sie schwieg. Schließlich wollte sie nicht zu neugierig erscheinen. Nicht jetzt.

Trotz der hohen Decken waren die Türen sehr klein. Die bogenförmigen Holztüren standen offen, und sie mussten den Kopf einziehen. Der nächste Raum war ebenfalls atemberaubend. Sie blickte zur Decke und sah überall buntes Glas. Rechts von ihr war eine Art Kanzel, und davor standen Dutzende kleiner Holzstühle. Es war schlicht, aber wunderschön. Es sah absolut so aus wie in einem mittelalterlichen Kloster.

Doch sie entdeckte weder ein Lebenszeichen, noch hörte sie eine Bewegung. Sie hörte gar nichts. Wo waren sie alle?

Sie erreichten den nächsten Raum, dessen Boden leicht abschüssig war, und sie schnappte nach Luft. Diese kleine Kammer war komplett mit Schätzen gefüllt. Da es ein Museum war, waren die Schätze alle in Glasvitrinen untergebracht. Direkt vor ihren Augen befanden sich unter hellen Halogenstrahlern unvergleichliche Schätze im Wert von Hunderten von Millionen Dollar. Goldene Kreuze. Große Silberpokale. Manuskripte aus dem Mittelalter …