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Während er mit der Heugabel im Kopf aus dem Truck stürzt, fällt Scott rückwärts, mit dem Po zuerst, auf einen Haufen alter Wäsche.

Sowohl Megan als auch Scott können nicht mehr an sich halten. Der Anblick des Untoten, wie er mit der Heugabel noch immer im Schädel über die Straße poltert, ist zu viel. Sie kriechen auf allen vieren zur Tür und starren auf die menschlichen Überreste hinter ihnen. Die Heugabel ragt wie ein Meilenstein in die Luft.

Scott schließt die Tür, und die beiden wiehern vor Lachen auf, das nur von ihren Hustenanfällen unterbrochen wird.

Noch immer kichernd und mit feuchten Augen dreht Megan sich langsam um. Durch das Fenster an der vorderen Wand kann sie Lillys und Joshs Hinterköpfe in der Fahrerkabine sehen. Sie machen den Eindruck, als ob sie in Gedanken versunken seien – haben überhaupt nicht mitgekriegt, was nur wenige Meter hinter ihnen gerade abgegangen ist. Dann deuten sie auf etwas vor sich in der Ferne, auf einen Hügel.

Megan kann es nicht fassen, dass niemand den Tumult im Camper-Aufsatz gehört hat. War es denn so laut da vorne? Oder hat ihr Kichern den Kampf übertönt? Megan will gerade an die Scheibe klopfen, als sie sieht, worauf Josh deutet.

Bob biegt von der Straße ab und fährt einen steilen Weg zu einem Gebäude hinauf, das vielleicht, vielleicht aber auch nicht verlassen ist.

Fünf

Die verlassene Tankstelle hockt schön auf dem Hügel und überblickt die Obstplantage, die sie umgibt. An drei Seiten durch einen hölzernen, mit Unkraut bewachsenem Zaun und in der Gegend herumstehenden Müllcontainern abgegrenzt, ist sie mit einem handbemalten Schild gekrönt, das über den beiden Zapfsäulen hängt: FORTNOY’S FUEL AND BAIT. Das einstöckige Gebäude besitzt ein Büro voller Fliegendreck, einen kleinen Laden und eine Werkstatt mit einem Wagenheber.

Als Bob in den mit Rissen übersäten Parkplatz einbiegt – die Scheinwerfer ausgeschaltet, so dass man nicht so auffällig ist –, hat sich die Dunkelheit der Nacht bereits über das Land gelegt. Die Reifen knirschen auf Glassplittern. Megan und Scott lugen aus der Hintertür, untersuchen die Schatten der verlassenen Tankstelle, während Bob einmal um sie herum fährt, um den Wagen dann hinter ihr abzustellen, außer Sicht irgendwelcher neugieriger Passanten.

Er parkt genau zwischen den Überbleibseln einer ausgeschlachteten Limousine und einem Berg alter Reifen. Kaum hat er den Motor ausgeschaltet, hört Megan das Quietschen der Beifahrertür und die schweren Schritte von Josh Lee Hamilton, der aussteigt und um den Truck herum zu ihr und Scott kommt.

»Bleibt noch etwas im Wagen«, sagt er mit sanfter Stimme und ohne Aufregung, nachdem er die Tür geöffnet hat und Megan und Scott wie zwei Eulen auf dem Boden hocken sieht. Josh bemerkt gar nicht das schwarze Blut, das überall an den Wänden klebt. Stattdessen überprüft er den Zylinder seiner .38er, deren Stahl blau im Mondlicht glänzt. »Ich schau mich mal nach Zombies um.«

»Ich will mich ja nicht beschweren, aber was zum Teufel …?«, meint Megan, die plötzlich gar nicht mehr high ist. Der Adrenalinschub hat sie schlagartig ausnüchtern lassen. »Habt ihr denn gar nichts von dem gehört, was hier hinten abgegangen ist?«

Josh schaut sie an. »Das Einzige, was ich gehört habe, ist dass ein paar Grasraucher sich die Kante gegeben haben – das stinkt hier wie ein Mardi-Gras-Fetenkeller.«

Megan erzählt ihm, was los gewesen ist.

Josh wirft Scott einen Blick zu. »Hm, bin überrascht, dass du dich überhaupt noch bewegen kannst … Mit dem Kopf in den Wolken.« Joshs Gesichtsausdruck wird weicher. Er seufzt und lächelt den Jungen an. »Ich gratuliere, Junior.«

Auch Scott beginnt zu lächeln und meint: »Mein erster Kill, Boss.«

»Und wenn du Pech hast, wird es auch nicht dein letzter gewesen sein«, erwidert Josh und schließt seine Waffe.

»Eins will ich noch wissen«, unterbricht Megan. »Was wollen wir hier? Ich habe gedacht, dass der Tank voll ist.«

»Da draußen ist es zu gefährlich, um durch die Nacht zu fahren. Wir verschanzen uns hier bis zum Morgengrauen. Aber jetzt bleibt ihr erst mal im Wagen, bis ich Entwarnung gebe.«

Dann verschwindet er.

Megan schließt die Tür. Scott wirft ihr in der Dunkelheit einen fragenden Blick zu. Er schaut etwas verwirrt drein. Megan lächelt ihn an. »Dude, ich muss schon sagen, du stellst dich gar nicht so ungeschickt an, wenn du eine Heugabel in der Hand hast. Das war ein richtig geiles Schauspiel.«

Scott grinst. Sein Gesichtsausdruck verändert sich, als ob er Megan das erste Mal richtig wahrnimmt – trotz der Dunkelheit –, und er fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Dann streicht er sich ein paar blonde Haarsträhnen aus dem Gesicht und stammelt: »Ach, das war doch nichts.«

»Yeah, klar.« Eine ganze Weile schon kann Megan kaum fassen, wie sehr Scott sie an Kurt Cobain erinnert. Die Ähnlichkeit scheint auf sie einen primitiven Zauber auszuwirken. Sein Gesicht schimmert in der Dunkelheit, sein Geruch – Patschuliöl, Rauch, Gras und Kaugummi – steigt ihr in die Nase und schwirrt ihr im Kopf herum. Quasi Nirvana on the rocks oder so.

Sie schnappt sich ihn, drückt ihre Lippen auf seine, und er fährt ihr mit den Fingern durch die Haare, küsst sie leidenschaftlich. Bald schon erkunden sich ihre Zungen gegenseitig, die Hüften gegeneinandergepresst.

»Fick mich«, flüstert sie.

»Hier?«, stammelt er. »Jetzt?«

»Vielleicht doch nicht«, gibt sie zu bedenken und schaut sich atemlos um. Ihr Herz pocht wie wild. »Lass uns warten, bis er fertig ist und wir einen guten Platz finden.«

»Cool«, erwidert Scott und fummelt unter ihrem zerfetzten Grateful-Dead-T-Shirt weiter. Sie steckt ihre Zunge erneut in seinen Mund. Megan braucht ihn, jetzt, sofort!

Doch plötzlich zieht sie sich zurück. Die beiden starren sich in der Dunkelheit an, keuchen wie wilde Tiere, die einander erlegen würden, wenn sie nicht gerade von derselben Spezies wären.

Kaum hat Josh Entwarnung gegeben, finden Megan und Scott ein Plätzchen, an dem sie ihre Lust ausleben können.

Die beiden machen keinem etwas vor, trotz sämtlicher Bemühungen ihrerseits, sich so unauffällig wie möglich zu benehmen. Megan tut so, als sei sie völlig erschöpft, und Scott schlägt vor, dass er ihr einen Schlafplatz auf dem Boden des Lagers hinter dem Laden einrichtet. Der vollgestopfte Lagerraum – keine zwanzig Quadratmeter mit schimmligen Kacheln und unverkleideten Rohren, die mehr schlecht als recht über Putz befestigt wurden – stinkt nach toten Fischen und Käseköder. Josh rät ihnen, vorsichtig zu sein, lässt die Augen rollen und verschwindet genervt. Vielleicht ist er ja auch nur ein bisschen neidisch.

Kaum hat er das Lager verlassen, fangen die beiden schon an. Bob und Lilly packen den Rucksack mit Vorräten und Proviant für die Nacht aus. »Was zum Teufel geht denn da vor sich?«, will Lilly wissen, als Josh im Büro erscheint.

Der große Mann schüttelt den Kopf. Der Lärm der beiden erfüllt die ganze Tankstelle. Alle paar Sekunden hört man ein Keuchen oder Stöhnen, das mit dem rhythmischen Hin und Her zunimmt. »Junge Liebe«, stöhnt er, immer noch oder schon wieder leicht genervt.

»Willst du mich auf den Arm nehmen?« Lilly steht vor Kälte zitternd in dem kleinen, dunklen Raum, während Bob Stookey nervös Wasserflaschen und Decken aus einer Kiste nimmt und so tut, als ob er von dem Ganzen nichts mitkriegen würde. Lilly umarmt sich selbst, ob wegen der Kälte oder weil sie das Schauspiel kaum fassen kann … »Das ist es also, was wir uns mit den beiden eingehandelt haben. Wird das jetzt die ganze Zeit so gehen, was meint ihr?«

Es gibt keinen Strom, die Tanks sind leer, und die Luft ist so kalt, dass man glauben könnte, man befinde sich in einem riesigen Kühlschrank. Der Laden ist bereits ausgeräumt – selbst das verdreckte Kühlregal ist völlig leer, auch wenn es vorher nur voll mit Regenwürmern und kleinen Fischchen als Angelköder gewesen ist. Im Büro liegt ein Haufen staubiger Magazine. Außerdem steht ein alter Verkaufsautomat in einer Ecke, in dem noch vereinzelt alte Schokoladenriegel und Chips vor sich hin modern. Ansonsten liegt hier und da eine Rolle Toilettenpapier herum. Der Boden ist mit Plastikstühlen übersät, und auf dem alten, hölzernen Verkaufstresen steht eine Kasse, die aus dem vorletzten Jahrhundert stammen könnte. Die Lade ist offen und leer.