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Kurz darauf gesellt Lilly sich zu Bob und Josh vor der Tankstelle – in der eisigen, kristallklaren Luft vor Sonnenaufgang –, während Scott und Megan hinter ihnen vorm Büro in Decken gewickelt kauern. »Um Gottes willen«, entfährt es Lilly.

Keinen Kilometer entfernt steigt eine riesige Wolke Rauch über die Baumwipfel und verdunkelt den Sternenhimmel. Der dahinterliegende Horizont scheint schwach pink, und es scheint, als ob der schwarze Ozean von Kiefern in Flammen steht. Aber Lilly weiß, dass es nicht die Bäume sind, die brennen.

»Was haben sie nur angestellt?«

»Das sieht nicht gut aus«, murmelt Bob mit der Schrotflinte in den eisigen Händen.

»Geht in Deckung«, sagt Josh und entsichert seine .38er.

Die Motorengeräusche sind jetzt vielleicht nur noch wenige Hundert Meter entfernt. Die Autos erklimmen die kurvenreiche Straße – aber die Bäume um die Tankstelle verwehren noch immer den Blick auf das herannahende Unheil. Man kann lediglich das Licht von Scheinwerfern sehen. Reifen drehen auf dem Schotter durch, die Lichtkegel erhellen den Himmel und die Baumwipfel, ehe sie wieder auf die Straße treffen.

Eines der Lichter scheint kurz auf das Fortnoy’s-Schild, und Josh murmelt: »Was zum Teufel ist nur los mit ihnen?«

Lilly starrt auf das erste Auto, das in Sicht kommt – eine relativ neue Limousine. Sie schlingert auf dem Schotterweg und hält dann schlitternd an. »Was soll denn das?«

»Die halten nicht an! DIE HALTEN NICHT AN!!«, schreit Bob und versucht, dem grellen Halogenscheinwerfer auszuweichen.

Das Auto biegt in die Auffahrt ein und scheint die Kontrolle auf den fünfzig Metern Schotter zu verlieren, die sich vor dem Parkplatz von Fortnoy’s Tankstelle erstrecken. Es wirft eine gewaltige Staubwolke im indigofarbenen, eisigen Morgengrauen auf.

»PASST AUF!«

Josh schnappt sich Lilly und zieht sie aus dem Weg, während Bob zum Büro rennt und das Liebespärchen in der Türschwelle so laut er nur kann anbrüllt:

»AUS DEM WEG!!!«

Megan reißt ihren total verpeilten Freund von der Tür weg und über den mit Rissen übersäten Teer bei den Zapfsäulen. Die Limousine – als sie näher kommt, sieht man, dass es sich um einen heruntergekommenen Cadillac handelt – rast mit quietschenden Reifen schlitternd auf die Tankstelle zu. Bob wirft sich auf Megan, und Scott schreit auf.

Noch ein Wagen – ein ramponierter SUV mit einem kaputten Dachgepäckträger – kommt kreischend um die Ecke und folgt der Limousine. Bob schnappt sich Megan und drängt sie sanft zu dem Unkraut hinter den Werkstatttüren. Scott geht hinter dem Müllcontainer in Deckung. Josh und Lilly suchen hinter einem Autowrack unter dem Tankstellenschild Zuflucht.

Die Limousine kracht gegen eine der Zapfsäulen und fährt weiter. Der Motor heult auf. Der SUV dahinter kommt ins Schleudern. Lilly schaut entsetzt zu, als der große Wagen mit voller Wucht in das Büro kracht.

Das grässliche Geräusch von zerberstendem Glas und nachgebendem Metall lässt sie zusammenzucken. Trümmer und Schutt, Glas und Metallteile fliegen durch die Luft.

Aber die verdammte Karre hält immer noch nicht an. Die Reifen drehen durch, kämpfen auf dem Boden um Halt, und der Wagen zerstört beinahe die halbe Tankstelle mit der Kraft einer Abrissbirne. Lilly hält sich vor Entsetzen die Hand vor den Mund. Die vordere Hälfte von Fortnoy’s bricht in sich zusammen, als die Limousine im Laden endlich zum Stehen kommt.

Der SUV kracht gegen eine Diesel-Zapfsäule. Die brennbaren Dämpfe entzünden sich. Flammen schießen empor, stecken weitere in der Luft hängende Schwaden an. Die Fenster des SUV schimmern in dumpfem Gelb – etwas brennt im Inneren des Autos. Lilly dankt dem Herrgott, dass sich kein Treibstoff mehr in den unterirdischen Tanks befindet, sonst gäbe es sie und ihre Freunde jetzt schon nicht mehr.

Schräg unter dem Tankstellendach kommt der SUV zum Stehen. Die aufgeblendeten Scheinwerfer erhellen das Gebäude wie die Bühne eines Theaters.

Einen Augenblick liegt Stille über dem kaputten Gebäude, ehe das Knistern und Prasseln der Flammen die Luftherrschaft übernehmen.

Vorsichtig kriecht Josh hinter seinem Versteck hervor, in der Hand noch immer die .38er. Lilly folgt ihm und will gerade etwas wie Was zum Teufel war das denn?, flüstern, als sie sieht, dass die Scheinwerfer direkt ins Gebäude auf das Heck der Limousine leuchten.

Etwas bewegt sich im Inneren, auch wenn es durch die zerborstene Scheibe unmöglich genau zu erkennen ist. Lilly erspäht einen Rücken, Schultern, die sich langsam und ungelenk umdrehen, ehe ein blasses farbloses Gesicht sie anstarrt.

Plötzlich fällt bei Lilly der Groschen, und sie weiß, was passiert ist.

Josh ruft den anderen panisch zu: »Weg von der Tankstelle!«

Bob, Megan und Scott kauern noch immer im Unkraut hinter dem Müllcontainer. Jetzt erst stehen sie auf und wollen Josh antworten.

»PSSSSSSSSST!« Josh deutet auf das Gebäude, will sie auf die Gefahren aufmerksam machen, die darin auf sie lauern, und flüstert dann laut genug, damit sie es hören können: »Schnell, kommt her!!«

Bob versteht sofort, ergreift Megans Hand und schleicht um das Feuer zu ihnen, das noch immer um die Diesel-Zapfsäule prasselt. Scott ist ihnen dicht auf den Fersen.

Lilly steht neben Josh. »Was sollen wir jetzt bloß machen? Unsere gesamte Ausrüstung ist in der Tankstelle!«

Die vordere Seite des Gebäudes und alles, was sich drinnen befindet, kann man abschreiben. Die Funken fliegen noch, und aus den aufgerissenen Leitungen sprudelt das Wasser.

Im Schein der SUV-Lampen öffnet sich nun langsam eine der Hintertüren der Limousine, und ein verwestes Bein in einer zerfledderten Hose erscheint in einer ruckartigen, spastischen Bewegung.

»Die Tankstelle können wir vergessen, Kleine«, flüstert Josh leise. »Das ist ein Totalschaden … Vergiss es einfach.«

Bob und die anderen erreichen Josh und Lilly, und für einen kurzen Augenblick stehen sie einfach da, atmen gemeinsam durch. Bob hält noch immer die Schrotflinte in seinen verschwitzten Händen. Megan sieht krankt aus. »Was zum Teufel war denn das?«, murmelt sie immer wieder.

»Nehme an, dass sie fliehen wollten«, rät Josh. »Hatten wohl einen Passagier dabei, der gebissen worden war. Dann sind sie alle im Auto zu Zombies geworden.«

Im ruinierten Gebäude steigt ein Untoter aus der Limousine …

»Bob, hast du die Schlüssel eingesteckt?«

Bob wirft Josh einen Blick zu. »Die sind im Truck.«

»Im Zündschloss?«

»Im Handschuhfach.«

Josh dreht sich zu den anderen um »Ich will, dass ihr alle hier wartet und den Zombie im Blick behaltet. Könnte sein, dass da noch mehr von ihnen drin sind. Ich hole währenddessen den Truck.«

Josh will sich schon aufmachen, aber Lilly hält ihn zurück. »Warte! Warte!! Willst du mir etwa erzählen, dass wir unser gesamtes Hab und Gut, all unsere Vorräte da lassen?«

»Wir haben keine andere Wahl.«

Er schleicht sich links an den brennenden Zapfsäulen vorbei, während die anderen sprachlos dastehen. In zwanzig Metern Entfernung ertönt plötzlich ein hässliches Geräusch aus dem SUV. Dann öffnet sich langsam eine Tür, als erneut eine Dampfschwade Feuer fängt und die unheimliche Szene in grelles Licht taucht. Lilly zuckt zusammen, und Megan ringt nach Luft, als ein weiterer Zombie ins Freie steigt.

Bob fummelt mit seiner Schrotflinte herum und lädt sie mit zitternden Händen.

Die vier ziehen sich zur Straße zurück, und Scott murmelt hysterisch: »Shit, man, Shit … Shit … Shit … Shit … Shit … Shit … Shit …«

Die Kreatur, die aus dem SUV taumelt, ist bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, stolpert jedoch auf sie zu. Aus dem offenen Mund fließt schwarzer Speichel. Der Kragen und Teile der linken Schulter stehen noch in Flammen, und der Rauch kringelt sich über seinem Kopf wie ein Heiligenschein. Anscheinend ein Mann – die Hälfte seines Gesichts ist dem Feuer zum Opfer gefallen – der sich kaum aufrecht halten kann, als er in Richtung der nach Frischfleisch riechenden Menschen taumelt.