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Die erste Explosion sprengt die Hintertüren in die Luft, als ob sie auf Sprengkörpern montiert gewesen wären.

Sie reißen ein halbes Dutzend Zombies mit sich. Die von Raketen angetriebenen Granaten sausen durch die Menge wie glühend heiße Schürhaken durch Butter. Nach zehn Metern gehen sie in die Luft.

Die Explosion zerfetzt mindestens hundert, wenn nicht mehr Untote in der Nähe des Lieferwagens. Der Knall ähnelt dem eines Düsenjägers, der gerade die Schallmauer durchbricht. Der Boden bebt, die Schallwelle erhebt sich in den Himmel und hallt über den Baumwipfeln wider.

Die anschließende Rauchgasexplosion breitet sich aus und schnellt in den Himmel empor. Eine Flamme so groß wie ein Basketballfeld verwandelt die Nacht in Tag. Zombies, die das Pech haben, in ihrem Pfad zu stehen, verglühen oder gehen in Flammen auf. Das Inferno macht eine Fläche von fünfzig Quadratmetern im Umkreis des Lieferwagens platt.

Gabe springt als Erster aus dem Wagen, Schal um Mund und Nase gebunden, um die beißenden Dämpfe toten Fleisches nicht einzuatmen, das in dem napalmartigen Feuerwirbel zu Asche verbrennt. Kurz hinter ihm kommt Lilly, die den Mund mit einer Hand bedeckt und mit der anderen drei Kugeln in ein paar Zombies versenkt, die ihnen im Weg stehen.

Sie schaffen es bis in die Fahrerkabine, reißen die Tür auf und klettern hinein, müssen Broyles deformierten, blutigen Leichnam beiseiteschieben. In Sekundenschnelle finden die Hinterreifen Halt, und der Lieferwagen schnellt davon.

Sie mähen Reihen von Zombies um, verwandeln die aufrechten Kadaver in verfaulendes Gelee, das auf der Straße kleben bleibt. Sie brechen durch eine Schwade nach der anderen, bis sie zu einer Haarnadelkurve kommen. Dort führt Gabe den letzten Teil ihres Fluchtplans aus.

Er reißt an dem Lenkrad, und der Wagen kommt von der Straße ab und schießt die bewaldete Anhöhe hinauf.

Der raue Untergrund zieht Reifen und Stoßdämpfer in Mitleidenschaft, aber Gabe nimmt den Fuß nicht vom Gas, so dass sich die Hinterreifen durch den weichen Schlamm graben. Sie schleudern wie wild, und die Leute im Laderaum haben mehr als nur ein bisschen Mühe, sich festzuhalten.

Als sie auf den Kamm des Hügels kommen, steigt Gabe auf die Bremsen, und der Wagen hält schlitternd an.

Es dauert eine Minute, den Mörser auszurichten, nichts weiter als eine Metalltrommel, die Martinez hastig an einem Gestell befestigt. Die Öffnung deutet in einem Winkel von fünfundvierzig Grad in den Himmel. Als sie feuerbereit sind, klettern, stolpern und rutschen bereits mindestens zweihundert Zombies die Anhöhe zu ihnen herauf, angezogen von dem Lärm und den Scheinwerfern.

Martinez bereitet alles vor und zündet den Mörser.

Das Projektil schießt aus der Trommel gen Himmel, fliegt in hohem Bogen über das Tal, hinterlässt einen grell leuchtenden Kondensstreifen. Der Mörser landet mitten in der Menge Untoter. Die kleine Pilzwolke einer Flamme in einem halben Kilometer Entfernung erhellt die Nacht, ehe keine zwei Sekunden später ein gewaltiger Knall an ihre Ohren dringt. Erst dann erscheint ein Blitz, der die Wolken über ihnen in heißes Orange taucht.

Brennende Teile fliegen in Richtung Himmel, eine Mischung aus Erde, Trümmer und totem Gewebe. Die Detonationswelle rollt mindestens hundert Meter in alle Himmelsrichtungen und verkohlt Hunderte von Zombies, die ihr im Weg stehen. Nicht einmal eine riesige Verbrennungsanlage könnte die Toten schneller und effizienter in Asche verwandeln.

Die restlichen Beißer wenden sich von dem Hügel ab auf das feurige Spektakel zu, taumeln unbeholfen in Richtung des Lichts.

Fort von Woodbury.

Sie holpern mit kaputter Hinterachse, zerborstenen Fenstern und ohne Hintertüren in die Stadt zurück, halten unentwegt von der Ladefläche aus Ausschau nach der gewaltigen Herde, nach Anzeichen, dass man ihnen folgt, aber außer dem einen oder anderen scheinbar verlorenen Zombie in den Obstplantagen ist nichts von ihnen zu sehen. In der Ferne, am westlichen Horizont, glüht es noch orange von den Nachfolgen des Schwarms.

Martinez bemerkt nicht, wie Gabe hinter seinem Rücken dem Governor eine Knarre in die Pfote drückt. »Wir beide haben noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen, Martinez«, haucht der Governor gleich darauf Martinez wölfisch ins Ohr und hält ihm den Lauf der Waffe in den Nacken, als der Lieferwagen um eine Ecke holpert.

Martinez stöhnt gequält auf. »Nun, dann. Rede nicht lange, sondern bring es hinter dich.«

»Du hast aber ein Kurzzeitgedächtnis, Junge«, meint der Governor. »Mit der Scheiße, die außerhalb dieser Mauern abläuft, werde ich dich doch nicht einfach den Wölfen zum Fraße vorwerfen, Martinez … Zumindest noch nicht … Für den Augenblick sind wir noch aufeinander angewiesen.«

Martinez antwortet nicht, sondern blickt auf den Wellblechboden des Laderaums und wartet darauf, dass sein Leben ein Ende nimmt.

Sie fahren von Westen nach Woodbury hinein, und Gabe hält vor dem Stadion in einem speziell für Sonderfahrzeuge ausgewiesenen Parkplatz. Der Lärm der Zuschauer hallt von den Tribünen bis an ihre Ohren, aber die Pfiffe und Buhrufe lassen schließen, dass die Kämpfe mittlerweile ins Chaos abgesunken sind. Die Show hat jetzt bereits mehr als eine Stunde ohne ihren charismatischen Ankermann auskommen müssen, aber anscheinend hat niemand den gesunden Menschenverstand an den Tag gelegt, um es entweder zu merken oder nach Hause zu gehen.

Gabe und Lilly steigen aus der Fahrerkabine aus und gehen um den Wagen zum Laderaum. Von Kopf bis Fuß mit Überresten von Zombies bedeckt, das Gesicht voller Blutspritzer, verspürt Lilly ein Gefühl des Unbehagens – irgendetwas stimmt nicht. Sie legt die Hand um den Griff ihrer Ruger, die immer noch in ihrem Gürtel steckt. Sie kann kaum noch richtig denken, scheint von einem Tagtraum in den anderen zu torkeln und ist vor Schock noch immer groggy und außer Atem.

Als sie um die Ecke biegt, sieht sie, wie Martinez ohne Waffe dasteht. Seine Unterarme sind dunkel vor Ruß von dem Mörser, und sein markantes Gesicht ist mit schwarzem Zombie-Blut verschmiert. Hinter ihm steht der Governor und hält ihm den Lauf einer .45er in den Nacken.

Lilly zückt automatisch ihre Ruger, doch ehe sie die Waffe richtig hochheben und zielen kann, faucht der Governor sie an: »Noch eine Bewegung, und dein Freund hier hat die längste Zeit gelebt. Gabe, nimm dem Äffchen das Wäffchen ab.«

Gabe schnappt sich die Ruger, und Lilly starrt den Governor entsetzt an. Plötzlich ertönt eine Stimme aus der Finsternis weit über ihnen.

»Hey!«

Der Governor duckt sich. »Martinez, sag deinem Kumpel da oben, dass hier alles im Lot ist.«

Auf dem Dach des Stadions, in einer Ecke am höchsten Punkt, ist ein Maschinengewehr aufgebaut. Ein langer, mit Kühllöchern versehener Lauf ist auf den Parkplatz gerichtet. Ein junger Mann, ein groß gewachsener Schwarzer aus Atlanta namens Hines, zielt von oben auf sie, hat keine Ahnung von den geheimen Putschplänen gehabt.

»Was zum Teufel geht da vor?«, ruft er. »Ihr seht ja aus, als ob ihr im Krieg wärt!«

»Alles senkrecht, Hines!«, ruft Martinez zurück. »Sind nur auf ein paar Beißer gestoßen!«

Der Governor hält seine .45er außer Sicht, aber weiter auf Martinez gerichtet. »Hey, Kleiner!« Er deutet mit einem Nicken in Richtung Wald. »Tu mir doch den Gefallen und kümmere dich um die letzten paar Streuner, die noch zwischen den Bäumen herumlungern! Wenn du damit fertig bist, warten hier im Lieferwagen noch zwei Leichen auf dich, die einen Kopfschuss brauchen, ehe du sie in die Leichenhalle verfrachten kannst.«

Der Lauf hebt sich, schwenkt, und alle drehen sich schlagartig um, als ein paar Silhouetten unbeholfen von der Baumgrenze ins Freie torkeln – die letzten Zombies, die sich in die Richtung von Woodbury verirrt haben.

Hines drückt ab, und die Mündung des Maschinengewehrs scheint in Flammen aufzugehen. Millisekunden später dringt der Lärm der Schüsse an ihre Ohren. Der Governor benutzt die Ablenkung und drängt Martinez zum Stadion, während die anderen vor Schreck zusammenzucken.