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Philip tigert auf und ab und denkt nach.

Brian starrt an die Wand und murmelt: »Es hat irgendetwas mit ihren Gehirnen zu tun.«

»Was?« Philip sieht seinen Bruder fragend an. »Was war das, Bri?«

Brian sieht ihn an. »Diese Wesen … diese Krankheit. Die muss doch mit dem Gehirn zu tun haben, oder nicht? Anders kann es nicht sein.« Er hält inne und starrt nachdenklich auf seinen Teller. »Ich finde, dass wir immer noch nicht sicher wissen, ob sie wirklich tot sind.«

Nick schaut Brian fragend. »Meinst du, nachdem wir sie aus dem Verkehr gezogen haben? Nachdem wir … Nachdem wir sie zerstört haben?«

»Nein, ich meine davor«, antwortet Brian. »Ich meine den Zustand, in dem sie sich befinden.«

Philip bleibt stehen. »Mann … Am Montag habe ich einen gesehen, der von einem Zwanzigtonner überfahren und zerquetscht wurde. Zehn Minuten später schleppt sich das Monster über die Straße und zieht seine Eingeweide hinter sich her. Es war überall in den Nachrichten. Sie sind tot, Kumpel. Die sind garantiert tot.«

»Ich meine ja nur. Das zentrale Nervensystem, Mann – das ist hochkompliziert. Mit dem ganzen Mist, den wir in die Umwelt pumpen, wer weiß, ob es da nicht neue, noch unbekannte Mutationen gibt.«

»He, wenn du so einen Zombie zum Arzt bringen und ihn genauer untersuchen lassen willst, werde ich dich garantiert nicht aufhalten.«

Brian seufzt. »Ich will damit doch nur sagen, dass wir nicht genug über sie wissen. Eigentlich wissen wir gar nichts.«

»Wir wissen alles, was wir wissen müssen«, erklärt Philip und sieht seinen Bruder auffordernd an. »Wir wissen zum Beispiel, dass es jeden Tag mehr von denen gibt und dass sie nichts anderes wollen, als uns zum Mittagessen zu verspeisen. Und genau deshalb verschanzen wir uns hier für ein Weilchen und warten ab, wie sich die Sache entwickelt.«

Brian seufzt erneut, diesmal lauter. Die anderen mischen sich nicht mehr ein.

In die nun herrschende Stille dringen jene Geräusche, die sie schon die ganze Nacht über gehört haben: das dumpfe Aufprallen von empfindungslosen Körpern, wenn sie gegen die behelfsmäßigen Barrikaden knallen.

Trotz Philips Bemühungen, den Zaun so rasch und leise wie möglich aufzustellen, wurden die Zombies dennoch auf sie aufmerksam. Vermutlich lag es an der erhöhten Aktivität.

»Was meinst du: Wie lange können wir hier noch bleiben?«, fragt Brian leise.

Philip setzt sich endlich an den Tisch, legt die Nagelmaschine ab und nimmt einen Schluck Bourbon. Er weist mit dem Kopf zum Familienzimmer, wo die skurril klingenden Stimmen des Kinderprogramms zu hören sind. »Sie braucht eine Pause«, sagt er. »Sie ist erschöpft.«

»Sie liebt diesen Spielplatz im Garten«, erklärt Brian und lächelt.

Philip nickt. »Hier kann sie zumindest ein einigermaßen normales Leben führen.«

Alle Augen richten sich auf ihn, während jeder für sich nachdenkt.

»Stoßen wir auf die reichen Protzer dieser Welt an«, unterbricht Philip die Stille und hebt sein Glas.

Die anderen stimmen ein, auch wenn sie sich nicht ganz sicher sind, was er damit meint … oder wie lange das alles noch gutgehen wird.

Vier

Am Tag darauf spielt Penny in der herbstlichen Sonne unter Brians Aufsicht im Garten. Sie spielt den ganzen Vormittag über, während die anderen eine Art Inventur machen und ihre zusammengetragenen Sachen ordnen. Nachmittags kümmern sich Philip und Nick um die Lichtschächte zum Keller, die sie mit Holz zunageln. Danach versuchen sie vergeblich, die Nagelmaschine auf Batteriebetrieb umzubauen, währen Bobby, Brian und Penny im Familienzimmer miteinander Karten spielen.

Die unmittelbare Nähe der Untoten ist ihnen stets bewusst. Wie ein Haifisch unter der Wasseroberfläche begleitet sie jede ihrer Entscheidungen, jede ihrer Handlungen. Für den Moment geht es jedoch lediglich um den einen oder anderen Streuner, der sich verlaufen hat und gegen die Barrikade stößt, ehe er wieder in eine andere Richtung taumelt. Der Großteil der Aktivitäten entlang der Green Briar Lane ist dank des zwei Meter hohen Zauns bisher unbemerkt geblieben.

An diesem Abend nach dem Essen – die Fenster sind bereits verdunkelt – glauben sie sich in Sicherheit, und eine gewisse Normalität kehrt ein. Sie haben sich an das Haus gewöhnt, und sie nehmen das vereinzelte dumpfe Aufprallen in der Dunkelheit kaum noch wahr. Brian hat den verschwundenen zwölfjährigen Jungen so gut wie vergessen, und nachdem Penny ins Bett gegangen ist, schmiedet die Gruppe Pläne für die nächste Zukunft.

Sie diskutieren über einen weiteren Verbleib in dem Kolonialhaus, bis die Vorräte aufgebraucht sind. Das kann noch Wochen dauern. Nick überlegt, ob sie nicht eine Art Späher aussenden sollten, um herauszufinden, wie sich die Lage auf den Straßen nach Atlanta entwickelt. Doch Philip besteht darauf, dass niemand das Haus und seine Umgebung verlässt.

»Lass das die machen, die noch da draußen sind«, rät er.

Nick verfolgt noch immer die Nachrichten im Radio, Fernsehen und Internet. So wie die Körperfunktionen eines Todkranken nach und nach aussetzen, so setzt auch bei den Medien ein Organ nach dem anderen aus. Mittlerweile senden die meisten Radiostationen entweder Wiederholungen oder unnütze Informationen für den Notfall. Im Fernsehen – zumindest auf jenen Sendern, die über Kabel zu empfangen sind und noch ausgestrahlt werden – sieht man lediglich entweder vierundzwanzig Stunden dauernde Zivilschutzsendungen oder denkbar unpassende Wiederholungen von Dauerwerbesendungen, die sonst nur spät nachts beziehungsweise in den frühen Morgenstunden gezeigt werden.

Am dritten Tag stellt Nick fest, dass das Radio so gut wie nichts mehr sendet, die Kabelsender nur noch Rauschen bringen und das WLAN völlig ausgefallen ist. Einwahlverbindungen funktionieren auch nicht mehr, und Nicks regelmäßige Anrufe bei den Notrufnummern – die bisher stets irgendeine Ansage abspielten –, liefern ihm jetzt nur noch die Information, dass die gewählte Nummer derzeit nicht verfügbar ist.

Am späten Vormittag verdüstert eine dicke Wolkendecke den Himmel.

Nachmittags legt sich ein trüber, eiskalter Nebel über die Siedlung. Alle flüchten ins Haus und versuchen nicht daran zu denken, dass nur ein schmaler Grat zwischen Sicherheit und Gefangensein liegt. Außer Nick will niemand mehr über Atlanta reden. Die Stadt scheint jetzt noch weiter weg zu sein – es ist, als ob sie sich immer weiter von ihnen entfernen würde, je mehr sie über die dreißig Kilometer zwischen den Wiltshire Estates und der Metropole sprechen.

Nachdem sich die anderen schlafen gelegt haben, hält Philip seine einsame Nachtwache im Wohnzimmer neben einer schlummernden Penny.

Der Nebel ist dichter geworden und hat sich zudem zu einem gewaltigen Sturm mit Blitz und Donner entwickelt.

Philip zieht die Latten des Rollos ein wenig auseinander und wagt einen Blick in die Finsternis hinaus. Durch die Lücke sieht er über die Barrikade hinweg die kurvige Straße und die riesigen Schatten der Eichen, deren Äste vom Wind gebeutelt werden.

Ein Blitz erhellt die Nacht.

Kaum zweihundert Meter entfernt bemerkt er ein Dutzend oder mehr menschliche Gestalten, die ziellos durch den peitschenden Regen wanken. Dann ist es wieder dunkel.

Es war zu kurz hell, um sicher zu sein. Aber Philip glaubt, dass die Kreaturen, die in ihrer bleiern langsamen Art an Schlaganfallpatienten erinnern, sich auf das Haus zubewegen. Können sie etwa Frischfleisch riechen? Oder hat sie der Lärm der letzten Tage neugierig gemacht? Oder irren sie nur ziellos wie Goldfische in einer Glaskugel umher?

Zum ersten Mal, seitdem sie in Wiltshire Estates angekommen sind, grübelt Philip Blake darüber nach, ob ihre Tage in diesem mit dickem Teppichboden ausgelegten Schloss mit seinen übergroßen Sofas nicht vielleicht doch gezählt sind.

Der Morgen des vierten Tages ist kalt und bewölkt. Der zinngraue Himmel hängt tief über dem nassen Rasen und den verlassenen Häusern. Obwohl niemand es explizit ausspricht, stellt der Tag doch eine Art Wegmarke dar: Es ist die zweite Woche seit Beginn der Katastrophe.