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Das kleine Monster schlägt auf dem Boden auf und rollt fünf Meter über das zertretene Gras.

Jetzt stürmen Nick und Brian aus dem Haus. Brian schnappt sich sofort das Verlängerungskabel, während Nick mit erhobener Axt über den Rasen rennt. Philip packt Bobby und versucht, ihn zu beruhigen, denn er verblutet noch schneller, wenn er sich bewegt. So viel ist klar. Aus der aufgerissenen Wunde sprühen Blutfontänen im Rhythmus von Bobbys Herzschlag empor. Philip presst seine Hand auf das Bein seines Freundes, um den Blutfluss zu stoppen, doch vergeblich. Aus den Augenwinkeln sieht er, was sich währenddessen zwischen den anderen abspielt. Das untote Wesen kriecht über den Rasen erneut auf Bobby und Philip zu. Nick zögert keinen Augenblick, ehe er mit voller Wucht und weit aufgerissenen Augen ausholt und wütend zuschlägt. Die Axt zischt durch die Luft, und die verrostete Schneide trifft auf den Hinterkopf des Zombie-Kindes. Sie versenkt sich tief in seinem Schädel. Das Monster sackt in sich zusammen. Plötzlich schreit Philip Nick etwas zu. Etwas von einem Gürtel, einem GÜRTEL. Hastig kniet Nick sich hin und tastet nach seiner Schnalle. Philip ist kein ausgebildeter Sanitäter, aber er weiß, dass man das Bluten zumindest mindern, wenn nicht sogar ganz zum Aufhören bringen kann, indem man das betroffene Körperglied abbindet. Er legt Nicks Gürtel um das Bein des zitternden Bobby, der versucht, etwas zu sagen. Es scheint ihm eiskalt zu sein. Seine Lippen zittern, ohne dass ihnen ein Laut entweicht.

In der Zwischenzeit steckt Brian dreißig Meter entfernt den Stecker wieder in die Steckdose. Das ist die einzige Art und Weise, wie er sich gerade nützlich machen kann. Die Nagelpistole liegt auf dem Rasen, gerade mal fünf Meter von Philip entfernt. Dieser ruft Nick zu: »JETZT HOL ENDLICH DEN VERBANDSKASTEN – UND ALKOHOL UND WAS AUCH IMMER!«

Nick macht sich auf den Weg, die Axt in der Hand, als Brian sich nähert. Er starrt auf das tote Wesen mit dem eingeschlagenen Schädel. Angewidert macht er einen großen Bogen darum herum und schnappt sich dann die Nagelmaschine – man weiß ja nie. Gewissenhaft sucht er die Anhöhe hinter dem Zaun mit den Augen ab. Philip hält den schluchzenden und kurzatmig keuchenden Bobby wie ein Baby in den Armen. Er tut sein Bestes, um den Freund zu beruhigen und flüstert ihm zu, dass alles wieder gut wird … Doch als sich Brian den beiden vorsichtig nähert, ist klar, dass dem nicht so sein wird.

Kurz darauf kehrt Nick mit einem Haufen steriler Bandagen, die er im Haus gefunden hat, zu den Freunden zurück. Aus einer Hintertasche ragt eine Plastikflasche mit reinem Alkohol heraus, aus der anderen Klebeband. Etwas hat sich inzwischen geändert. Aus dem Notfall ist etwas sehr Ernstes und Düstereres geworden: Jetzt ist es eine Totenwache.

»Wir müssen ihn reinbringen.« Philip, der mittlerweile völlig mit Blut besudelt ist, versucht erst gar nicht, den dicken Mann hochzuhieven. Bobby Marsh ist so gut wie tot. Dessen sind sie sich alle bewusst.

Auch Bobby weiß es. Er verfällt in einen Schockzustand und starrt regungslos in den grauen Himmel. Einen Moment lang versucht er, etwas zu sagen.

Brian steht nicht weit von dem Spektakel entfernt, die Nagelmaschine noch immer in der Hand, und starrt Bobby entsetzt an. Nick lässt die Bandagen auf das Gras fallen und stöhnt. Er sieht so aus, als ob er gleich zu weinen anfangen würde, fällt stattdessen aber auf die Knie neben Bobby und senkt den Kopf.

»I-I-Ich … n-n-n …«, stammelt Bobby in dem verzweifelten Versuch, Philip etwas mitzuteilen.

»Still …« Philip legt ihm die Hand auf die Schulter. Um etwas, irgendetwas zu tun, nimmt er die Bandagen und beginnt, die Wunde zu versorgen.

»N-n-n-NEIN!«

Philip hält inne, schluckt und starrt in die wässrigen Augen des Sterbenden. »Es wird schon«, beteuert er, aber seine Stimme hat sich verändert.

»N-nein … Wird es nicht«, stammelt Bobby. Irgendwo über ihnen krächzt eine Krähe. Bobby weiß, was als Nächstes geschehen wird. Sie sahen einen Mann in einem Graben in Covington, der innerhalb von zehn Minuten zu einem Monster wurde. »S-sag das nicht mehr, Philly.«

»Bobby …«

»Es ist vorbei«, flüstert Bobby heiser, ehe sich seine Augen einen Moment lang verdrehen. Dann entdeckt er die Nagelpistole in Brians Hand und streckt seine dicken, fleischigen Finger nach der Laufmündung aus.

Vor Entsetzen lässt Brian die Pistole fallen.

»Verdammt noch mal, wir müssen ihn ins Haus schaffen!« Hoffnungslosigkeit schwingt jetzt deutlich in Philips Stimme mit, als Bobby Marsh nach der Nagelmaschine fasst und versucht, sie sich an die Stirn zu setzen.

»Um Gottes willen!«, stammelt Nick.

»Nimm ihm das Ding weg!«, ruft Philip und fuchtelt in Brians Richtung.

Tränen laufen über Bobbys feiste Wangen und vermischen sich mit dem Blut. »B-bitte, Philly«, stammelt er. »M-mach … Mach es einfach.«

Philip steht auf. »Nick! Komm mit!« Er dreht sich um und geht zum Haus.

Nick steht auf und folgt ihm. Die beiden Männer bleiben nach fünf Schritten stehen – weit genug von Bobby entfernt, um nicht belauscht werden zu können. Sie reden mit gedämpften Stimmen, den Rücken Bobby zugekehrt.

»Wir müssen es abtrennen«, bestimmt Philip.

»Was?«

»Wir müssen sein Bein amputieren.«

»Was?«

»Ehe sich die Krankheit weiter ausbreitet.«

»Aber wie …«

»Wir haben keine Ahnung, wie schnell das geht, aber wir müssen es probieren, Mann. Das sind wir ihm schuldig!«

»Aber …«

»Du holst die Säge aus dem Schuppen. Ach, und dann brauchen wir noch …«

Hinter ihnen ertönt eine Stimme und unterbricht Philip mitten im Satz: »Leute?«

Brian. Seiner drängenden Stimme nach zu urteilen hat er keine guten Nachrichten.

Die beiden drehen sich um.

Bobby Marsh liegt wie regungslos da und rührt keinen Muskel.

Brian steigen die Tränen in die Augen, als er sich neben den dicken Mann kniet. »Es ist zu spät.«

Philip und Nick eilen zu Bobby, der mit geschlossenen Augen vor ihnen auf dem Rasen liegt. Seine schwabbelige Brust bewegt sich nicht mehr, der Mund steht leicht offen.

»O nein … Gütiger Himmel, nein!«, stöhnt Nick und starrt auf seinen verstorbenen Kumpel.

Eine halbe Ewigkeit lang sagt Philip kein Wort. Alle schweigen betroffen.

Der Leichnam liegt auf dem nassen Gras. Die Minuten vergehen … Bis sich auf einmal etwas bewegt – in seinen Gliedmaßen, den Sehnen seiner Beine und in den dicken Fingerspitzen.

Zuerst hat es den Anschein, als ob es sich um das typische Zucken sterbender Nerven handeln würde, das Leichenbestatter manchmal noch feststellen – die letzten Regungen des zentralen Nervensystems. Während Nick und Brian Bobby anstarren, ihre Augen aufreißen und sie langsam zurückweichen, kommt Philip näher. Er kniet sich neben seinen alten Freund. Plötzlich nimmt sein Gesicht einen kalten, klaren Ausdruck an.

Da öffnen sich Bobby Marshs Augen.

Die Pupillen sind jetzt gelblich wie Eiter.

Philip reißt die Nagelmaschine hoch, legt sie wenige Millimeter über der linken Augenbraue an die Stirn des Freundes und drückt ab.

FFFFFFUUUUUMP!

Stunden später sind sie alle wieder im Haus. Draußen ist es dunkel geworden. Nick ist in der Küche und begießt seinen toten Freund mit Whiskey … Brian ist von der Bildfläche verschwunden … Bobbys kalter Leichnam liegt neben den anderen Zombies im Hinterhof, eingewickelt in eine Plane … Philip steht am Wohnzimmerfenster und starrt durch die Lamellen auf das größer werdende Gemenge dunkler Gestalten draußen auf der Straße. Sie schlurfen wie Schlafwandler durch die Gegend und tummeln sich immer häufiger vor der Barrikade. Es werden mehr. Jetzt sind es schon an die dreißig, vielleicht sogar bereits vierzig.