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»Um Gottes willen!«, stöhnt Brian und hält Penny die Hand vor Augen. »Runter mit dir – RUNTER MIT DIR!«

In der Ferne sehen sie, wie sich Philip Blake von dem Mob entfernt, in der einen Hand ein brennendes Feuerzeug und in der anderen den blutigen Stahlstab. Er scheint von einer Urkraft besessen zu sein, in der sich seine gesamte angestaute Wut sammelt.

Er hält inne und zündet eine Diesellache an, die sich unter dem Bus gebildet hat. Dann dreht er sich um und nimmt Reißaus – wie ein Soldat, der vor einer Granate flüchtet.

Hinter ihm breiten sich die Flammen lauffeuerartig aus. Das blaue Lodern erreicht schon bald die stählerne Karosse des Busses. Philip legt circa fünfzig Meter auf dem durchnässten Teer zurück und zerfetzt dabei die Schädel eines halben Dutzend Beißer, während das Feuer den Bus angreift.

Ein tiefer, dumpfer Schlag übertönt plötzlich sowohl Regen als auch das Stöhnen der Untoten. Inmitten der Feuersbrunst und des Nebels verliert Philip seinen Bruder aus den Augen.

»PHILIP! HIER!«

Brians Rufe helfen Philip, der Richtung zu folgen, aus der die Stimme kommt, als plötzlich eine weitere Explosion den Boden erschüttert und den dunklen, grauen Nachmittag in ein grelles, heißes Licht taucht.

Keiner von ihnen versteht so ganz, was passiert. Sie sind alle zu sehr damit beschäftigt, sich in den Eingang zu ducken und ihre Gesichter vor fliegenden Schrapnellgeschossen zu schützen. Einzelteile des Busses schießen in Form von scharfen Metallsplittern und zerborstenen Glasscherben am Türeingang vorbei. Brian kann in der Spiegelung eines noch halb vorhandenen Schaufensters die Explosion sehen: Einen halben Häuserblock entfernt fliegt der zwanzig Tonnen schwere Bus in die Luft, und ein Rauchpilz aus grellem, alles vernichtendem Feuer, das die Fahrerkabine zerreißt, steigt in die Luft. Danach rollt eine flüssig heiße Stoßwelle mit dem violetten Glanz einer Supernova durch die Masse von Zombies. Unzählige Untote werden von ihr mitgerissen, eingeäschert in ihrem Hochofen. Einige werden von unzähligen Schrapnellen in tausend Stücke zerfetzt. Ihre Überreste steigen wie ein Schwarm Vögel in den sturmumtosten Himmel auf.

Eine brennende Stoßstange landet keine fünf Meter von ihnen entfernt auf dem Boden.

Alle schrecken zusammen und reißen die Augen auf. »Verdammt! VERDAMMT!«, schreit Nick und schützt den Kopf mit beiden Händen. Brian hält Penny fest an sich gedrückt. Es hat ihm die Sprache verschlagen, und er ist starr vor Entsetzen.

Philip wischt sich das Gesicht mit dem Handrücken ab und schaut benommen wie ein Schlafwandler, der gerade zu sich kommt, um sich. »Alles klar.« Er wirft einen Blick über die Schulter und wendet sich an Nick. »Und wo ist jetzt dieser Friseur?«

Sechzehn

Einen halben Häuserblock weiter südlich – in der Dunkelheit eines fauligen, luftarmen Raums mit Fliesen an den Wänden, inmitten herumfliegender Reste von True-Detective-Magazinen, Kämmen, Staubmäusen aus menschlichem Haar und Tuben mit Haargel – trocknen sie sich die Gesichter an Handtüchern und Friseurkitteln und entdecken weitere Zutaten für ihre Molotowcocktails Marke Eigenbau.

Sie leeren Flaschen mit Haarwasser und füllen sie mit Alkohol, um sie danach mit Baumwollwatte zuzustopfen. Ein alter, von diversen Einsätzen in Mitleidenschaft gezogener Louisville-Baseballschläger steht neben der Kasse. Er hat wohl dazu gedient, unbequeme Kunden oder Raudis abzuschrecken, die sich auf unredliche Weise bereichern wollten. Philip schnappt ihn sich und reicht ihn Nick mit den Worten, weise damit umzugehen.

Sie durchforsten den Laden nach sonstigen Dingen, die ihnen nützlich sein könnten. Ein alter Verkaufsautomat beherbergt einige Schokoriegel, Kuchen mit Cremefüllung und eine uralte Dauerwurst. Während sie die ergatterten Sachen in ihre Taschen stopfen, mahnt Philip, hier keine Wurzeln zu schlagen. Er hört Geräusche von draußen – mehr Tote, die näher kommen, wahrscheinlich von der Explosion angezogen. Der Regen hat nachgelassen, sodass jeder Laut besser zu hören ist. Sie müssen sich beeilen, wenn sie vor Sonnenuntergang aus der Stadt sein wollen. »Los, macht schon«, drängt Philip. »Wir müssen hier raus und zur nächsten Sicherheitszone. Nick, du zuerst.«

Widerwillig führt Nick sie aus dem Friseurladen in den Nieselregen. Erneut drücken sie sich an Schaufensterfronten vorbei. Philip bildet die Nachhut, den Stahlstab gezückt. Er hat ein Auge auf Penny gerichtet, die sich wie ein Äffchen an Brians Rücken festklammert.

Sie haben den halben Weg hinter sich, als plötzlich ein Zombie hinter einem Autowrack erscheint und bedrohlich auf Brian und Penny zuwankt. Philip holt aus und trifft ihn mit dem Hakenende am Hinterkopf – genau über dem sechsten Halswirbel. Er schlägt so hart zu, dass er das Rückgrat durchtrennt. Der Kopf sackt nach vorn und baumelt an Luft- und Speiseröhre auf der Brust. Dann sinkt die Kreatur auf den nassen Pflastersteinen zusammen.

Noch mehr Beißer tauchen aus Gassen und dunklen Türeingängen auf.

Nick sieht das nächste Symbol an der Ecke einer Kreuzung.

Der rote Stern steht über der Glastür eines Geschäfts, dessen Front mit eisernen Gitterstäben gesichert ist. Außer einigen abgerissenen Drähten, kaputten Neonröhren und einem Haufen Klebeband sind die Schaufenster leer. Die Tür ist zwar geschlossen, aber nicht verriegelt – genau wie sie Nick vor drei Tagen zurückgelassen hat.

Er reißt sie auf und winkt die anderen hinein. Sie hasten ins Innere des Geschäfts.

Alle sind derart darauf erpicht, rasch in Sicherheit zu geraten, dass niemand auf das Schild über der Tür achtet, auf dem mit schwarzen kalten Neonröhren geschrieben steht: TOM THUMB’S TINY TOY SHOPPE.

Der kleine Laden, höchstens fünfzig Quadratmeter groß, ist mit bunten Dingen aller Art übersät. Der schmutzige Inhalt umgestürzter Regale – Puppen, Autos und Spielzeugzüge – liegt über den Boden verstreut. Ein Tornado der Verwüstung ist offenbar durch das Geschäft getost. Wo mal Mobiles hingen, baumeln jetzt nur noch vereinzelte Fäden. In den Ecken liegen die Reste von LEGO-Flugzeugen und Bausätzen. Die flauschigen Innereien von Stofftieren werden wie herabgefallenes Laub von dem Wind aufgewirbelt, mit dem die Neuankömmlinge hereinstürmen und die Tür ins Schloss werfen.

Einen Augenblick lang stehen sie triefend nass da und holen Luft. Sie starren auf die Verwüstung, die vor ihnen liegt. Niemand bewegt sich. Etwas fasziniert sie an der ganzen Unordnung und hält sie im Eingang wie gebannt fest. »Niemand rührt sich von der Stelle«, verkündet Philip schließlich, kramt ein Taschentuch hervor und wischt sich den Nacken ab. Er steigt über einen kaputten Stoffbären und dringt dann weiter in den Laden vor. Dort ist eine Tür. Vielleicht führt sie zu einem Lager, vielleicht aber auch nach draußen. Brian läst Penny sanft von seinem Rücken auf den Boden gleiten und untersucht sie nach Verletzungen.

Sie sieht traurig auf die Trümmer enthaupteter Barbiepuppen und zerfetzter Stofftiere.

»Als ich das erste Mal hier war«, erklärt Nick, der seinen Blick durch den Laden schweifen lässt, »dachte ich mir, dass wir hier vielleicht etwas finden – Gadgets, Walkie-Talkies, Taschenlampen … irgendetwas.« Er geht zur Ladentheke und ein paar Stufen zur Kasse hoch. »Mann, so ein Laden und in dieser Gegend … Es würde mich nicht wundern, wenn wir hier sogar eine Knarre finden.«

»Was ist da?«, fragt Philip und deutet mit dem Daumen auf einen Flur im hinteren Teil des Geschäfts, der mit einem Vorhang abgetrennt ist. Der schwarze Stoff hängt bis zum Boden herab. »Hast du dir das angeschaut?«