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Philip Blake findet im Laufe der Woche nur wenig Schlaf. Er versucht, zumindest ein paar Stunden pro Nacht zu erhaschen, aber er ist so nervös, dass er sich von einer Seite auf die andere wälzt, bis er aufsteht, um etwas – irgendetwas – zu tun. Die meisten Nächte geht er zur Scheune, um seine unbändige Wut an Sonny und Cher auszuleben. Sie sind die Auslöser, warum sich Penny verwandelt hat, und es ist Philips Aufgabe sicherzustellen, dass sie so sehr leiden, wie noch nie ein Mann oder eine Frau vor ihnen gelitten hat. Die Aufgabe, sie nicht sterben zu lassen, macht ihm zu schaffen. Ab und zu muss Philip ihnen Wasser geben, damit sie am Leben bleiben. Er muss auch aufpassen, dass sie sich nicht selbst umbringen, um ihren Qualen zu entkommen. Wie jeder gute Kerkermeister hält er sie gefesselt und außer Reichweite jeglicher scharfer Gegenstände.

In dieser Nacht aber – Philip glaubt, dass Freitag ist – wartet er, bis Brian und Nick eingeschlafen sind, ehe er aus seinem Schlafzimmer schlüpft, seine Jeansjacke überwirft und die Stiefel anzieht, um sich aus der Hintertür über den mondbeschienenen Hinterhof zu der verwitterten Scheune zu schleichen. Wie immer kündigt er sich laut an.

»Daddy ist wieder da«, flüstert er gespielt freundlich. Sein Atem ist in der kalten Nachtluft zu sehen, als er das Vorhängeschloss abnimmt und die Tore öffnet.

Er schaltet die batteriebetriebene Lampe an.

Sonny und Cher sitzen zusammengesackt in der Ecke, in die er sie gepfercht hat – zwei mitgenommene Geschöpfe, gefesselt wie zwei Schweine, Seite an Seite. Sie sitzen in einer Lache aus Blut und Fäkalien. Sonny ist kaum bei Bewusstsein. Sein Kopf hängt herab, seine Junkie-Augenlider rot umrandet, auch Cher ist wie bewusstlos. Sie liegt neben ihm, ihre Lederhose hängt ihr um die Fesseln.

Sie hören die Geräusche von Philips Folterwerkzeugen – eine Nadelzange, Stacheldraht, Kanthölzer mit rostigen Nägeln und diverse ungehobelte Hölzer und stumpfe Metallgegenstände, die Philip zusammengesammelt hat.

»Aufwachen, meine Liebe!« Philip dreht die Frau auf den Rücken. Die Fesseln schnüren sich in ihre Handgelenke, aber der Strick um ihren Nacken lässt nicht zu, dass sie allzu sehr protestiert. Er verpasst ihr einen Schlag, und ihre Augen öffnen sich für einen Moment. Er verpasst ihr eine weitere Ohrfeige. Jetzt kommt sie zu sich. Ihre Schreie werden durch das Klebeband über ihren Mund hörbar gedämpft.

Irgendwann schafft sie es, ihren blutigen Schlüpfer wieder hochzuziehen, um sich zu bedecken.

»Ich möchte euch noch einmal auf etwas hinweisen«, sagt Philip und reißt ihr den Schlüpfer wieder bis zu den Knien herunter. Er steht über ihr und drückt ihre Beine mit seinen Stiefeln auseinander, um den Weg frei zu machen. Sie windet sich unter ihm, als ob sie aus ihrer eigenen Haut fliehen will. »Ihr seid diejenigen, die mir meine Tochter genommen haben. Also gehen wir auch zusammen in die Hölle.«

Philip öffnet den Gürtel, lässt die Hose fallen und will sich gerade in eindeutiger Weise um Cher kümmern, als er draußen Schritte hört, die auf dem Kies knirschen. Schritte, die sich der Stelle nähern, wo Penny ist!

Philip verlässt die Scheune und sieht, wie die Gestalt im Schatten der Bäume verschwindet. Sie hat eine gedrungene Statur und wirkt wie ein Mann um die dreißig. Er trägt Jeans und einen Pullover und schultert eine große rostige Schaufel.

»Nick!«

Philips Ruf wird nicht erwidert. Nick ist zwischen den Bäumen verschwunden.

Philip zieht die Neun-Millimeter aus dem Gürtel und rennt zur Obstplantage. Auf dem Weg dorthin schiebt er ein neues Magazin hinein, ehe ihn die Dunkelheit erfasst und er die Taschenlampe anmachen muss.

In zehn Metern Entfernung sieht er, dass Nick Parsons seine Taschenlampe auf das bleigraue Gesicht der Penny-Kreatur richtet.

»NICK!«

Nick dreht sich um, die Schaufel bereits erhoben. Er lässt die Taschenlampe fallen. »Das ist schon zu weit gegangen, Philly. Viel zu weit.«

»Runter mit der Schaufel«, befiehlt Philip und tritt mit erhobener Pistole zu ihm. Der Schein der Taschenlampe erhellt die Blätter und taucht die Szene in ein unheimliches Licht – fast wie in einem grobkörnigen Schwarzweißfilm.

»Du kannst deiner Tochter so etwas nicht antun. Du weißt nicht, was du da verbrichst.«

»Runter mit der Schaufel!«

»Du hältst ihre Seele davon ab, ins Paradies zu kommen, Philly.«

»Halt’s Maul!«

Fünf Meter entfernt reißt das Penny-Geschöpf an seinen Fesseln. Der Strahl der Taschenlampe, die auf dem Boden liegt, erhellt ihre monströsen Gesichtszüge. In ihren Augen spiegelt sich das silbrige Licht wider.

»Philly, hör mir zu.« Nick senkt die Schaufel. In seiner Stimme schwingt tiefes Mitleid mit. »Du musst sie sterben lassen … Sie ist eines von Gottes Kindern. Bitte … Ich flehe dich an, als Christ … Bitte erlöse sie.«

Philip zielt mit dem Lauf der Pistole direkt auf Nicks Stirn. »Wenn sie stirbt … Dann bist du der Nächste.«

Einen Augenblick lang scheint es, als ob Nick Parsons verloren hätte.

Er lässt die Schaufel fallen, den Kopf hängen und macht sich dann wieder wortlos auf den Weg zur Villa.

Während dieser schrecklichen Auseinandersetzung hält das Penny-Wesen seinen gierig ausdruckslosen Blick auf den Mann gerichtet, der einmal sein Vater war.

Brian geht es immer besser. Sechs Tage nach den Schlägen fühlt er sich fit genug, um aufzustehen und durch das Haus zu hinken. Seine Hüfte tut bei jedem Schritt weh, und er leidet unter Schwindelanfällen, wenn er die Treppe hinauf- oder hinuntermuss. Aber im Großen und Ganzen kann er zufrieden sein. Seine Prellungen und Blutergüsse sind mehr oder weniger abgeklungen, und er verspürt die ersten Anzeichen von Appetit. Außerdem hat er sich mit Philip unterhalten.

»Ich vermisse sie so sehr«, beichtet Brian seinem Bruder eines Nachts in der Küche. Beide Männer leiden noch immer unter Schlaflosigkeit. »Ich würde sofort mit ihr tauschen, wenn sie nur wieder zu uns zurückkehren könnte.«

Philip blickt zu Boden. Er hat eine Reihe von kaum merklichen Eigenarten entwickelt, die nur zutage treten, wenn er unter Druck steht. Er schnüffelt, schürzt die Lippen und räuspert sich. »Ich weiß, Junge. Es war nicht dein Fehler … Das, was sich da draußen abgespielt hat. Ich hätte dir das nie antun dürfen.«

Brian steigen die Tränen in die Augen. »Ich hätte mich wohl nicht anders verhalten.«

»Vergessen wir es am besten.«

»Klar.« Brian wischt sich die Augen und schaut seinen Bruder an. »Und was ist mit den Leuten in der Scheune?«

Philip erwidert Brians Blick. »Was soll mit ihnen sein?«

»Die ganze Situation macht Nick nervös … Und dann diese Geräusche … Nachts, meine ich. Nick glaubt, dass du … äh … Ihnen die Fingernägel ausreißt.«

Ein kaltes Lächeln spielt um Philips Lippen. »Das ist doch krank.«

Brian verzieht keine Miene. »Philip. Ganz gleich, was du in der Scheune anstellst – es bringt Penny nicht zurück.«

Philip senkt den Kopf. »Das weiß ich … Glaubst du denn, dass ich mir dessen nicht bewusst bin?«

»Dann flehe ich dich an: Hör auf damit. Ganz gleich, was du dort anstellst – hör auf!« Brian starrt ihn an. »Das hat doch keinen Zweck.«

Philip hebt den Kopf und starrt seinen Bruder an. Seine Augen glühen vor Besessenheit. »Der Abschaum da draußen hat mir alles genommen, was mir jemals etwas bedeutet hat … Der Glatzkopf und seine Bande … Die beiden Junkies … Sie haben das Leben eines wunderschönen, unschuldigen, kleinen Mädchens zerstört. Aus Wahnsinn und Habgier. Es gibt nichts, das ich ihnen antun könnte, was auch nur annähernd eine gerechte Strafe wäre.«

Brian seufzt. Weitere Proteste würden auf taube Ohren stoßen, das weiß er. Also nimmt er seinen Kaffeebecher.