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„Natürlich war sie keine Herausforderung. Sie war meine Freundin!“ Thrall wurde noch wütender, als sie Taretha Foxton in diesen merkwürdigen Streit hineinzog, den sie offenbar unbedingt mit ihm fuhren wollte. Taretha war ein Menschenmädchen gewesen, das sich mit ihm angefreundet hatte, als sie noch Kinder gewesen waren; als Erwachsene hatte sie ihm geholfen, seinem Leben als Gladiator, Sklave des Menschenlords Aedelas Schwarzmoor, zu entfliehen. Dafür hatte sie mit ihrem Leben bezahlt. „Wenige auf dieser Welt haben für mich so viel geopfert und sie war ein Mensch!“

„Vielleicht ist das dein Problem, Go’el, und das Problem, das andere mit dir haben. Die wichtigsten Frauen in deinem Leben sind Menschen.“

Seine Augen verengten sich. „Hüte deine Zunge.“

„Ah, und wieder zeigst du mir, dass ich recht habe: Du willst keinen Widerspruch hören. Du würdest mich eher verstummen lassen, als mir zuzuhören!“

Das entsprach der Wahrheit und sie schmerzte. Mit Mühe atmete Thrall tief ein und versuchte, seine Wut zu zügeln. „Dann sag mir: Was meinst du?“

„Ich bin erst seit kurzer Zeit in Azeroth, doch ich habe bereits Gerüchte gehört. Sie erschüttern mich und sicherlich auch dich. Dem Klatsch zufolge bist du mit Jaina zusammen – oder mit Taretha, je nachdem, wo man hinhört.“ Ihre Stimme war voller Wut und Empörung. Ob auf ihn oder die Gerüchte, wusste Thrall nicht und es war ihm auch egal.

„Du bewegst dich auf gefährlichem Terrain, Aggra“, knurrte er. „Taretha Foxton und Jaina Prachtmeer sind und waren beide starke, tapfere, intelligente Frauen, die ihr Leben riskierten – und in Tarethas Fall auch verloren -, um mir zu helfen. Ich stehe hier nicht herum und höre deine engstirnigen Anschuldigungen gegen sie an, nur weil sie keine Orcs sind!“ Er war jetzt vorgetreten, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. Sie wich nicht zurück, hob kaum eine Augenbraue.

„Du hörst mir nicht richtig zu, Go’el. Ich habe nur Gerüchte wiedergegeben. Ich sagte nicht, dass ich sie glaube. Noch habe ich irgendetwas gegen eine der Frauen gesagt, außer dass sie nicht wissen, wie man einen Orc kritisiert. Wenn überhaupt, dann haben sie mir gezeigt, dass Menschen durchaus Respekt verdienen können. Aber sie sind keine Orcs, Thrall, und du bist kein Mensch und du weißt nicht, wie man damit umgeht, wenn man von einer Frau deiner eigenen Art herausgefordert wird. Oder von irgendjemandem.“

„Ich kann nicht glauben, dass ich mir das anhören muss!“

„Das kann ich auch nicht, weil du mir bis zu diesem Moment überhaupt nicht zugehört hast!“

Ihre beiden Stimmen erhoben sich und Thrall war sich bewusst, dass die kleinen Hütten kein Hindernis für andere darstellten, ihren Streit mit anzuhören. Doch Aggra drängte weiter.

„Du hast dich unter dem Mantel des Kriegshäuptlings versteckt. Deshalb findest du es jetzt auch so schwer, dich davon zu befreien.“ Sie presste ihr Gesicht noch näher an seines und zischte: „Du trägst den Namen eines Sklaven, weil du ein Sklave der Horde bist. Ein Sklave dessen, was du für Pflicht hältst. Und du nutzt diese Pflicht als Schild – eine Barriere zwischen dir und den dunklen Orten, zwischen dir und der Schuld, Angst und den Selbstzweifeln. Und davor, dir wahrhaft selbst zu gehören – oder irgendjemandem sonst. Du planst immer voraus, du nimmst dir nie die Zeit, zu überlegen, was du erreicht hast. Das wundervolle Geschenk, das dein Leben ist. Du planst für morgen, was aber ist mit dem Jetzt? Dieser Moment... die kleinen Dinge?“ Ihre Stimme wurde weicher – ihre Augen nun freundlich statt wütend – und mit überraschender Sanftheit ergriff sie seine Hand. „Was ist mit dieser starken Hand in deiner?“

Irritiert riss Thrall seine Hand weg. Er hatte genug davon. Zuerst vom Irdenen Ring, jetzt von Aggra, die eigentlich zu ihm stehen und ihn unterstützen sollte. Er wandte ihr den Rücken zu und ging zum Eingang.

Aggras Worte folgten ihm. „Du weißt nicht, wer du ohne die Horde bist, Go’el“, sagte sie. Wie immer gebrauchte sie den Namen, den ihm seine Eltern gegeben hatten – ein Name, den er selbst nie verwendete. Gegeben von einer Familie, die er nie gekannt hatte. Plötzlich, obwohl sie ihn schon tausend Mal benutzt hatte, machte ihn das wütend.

„Ich bin nicht Go’el!“, knurrte er. „Wie oft muss ich dich noch bitten, mich nicht so zu nennen?“

Sie wich nicht zurück. „Siehst du!“, sagte sie und ihre Stimme klang traurig. „Wenn du nicht weißt, wer du bist, wie kannst du dann wissen, was du tun sollst?“

Er antwortete nicht.

2

„Dieses Treffen“, sagte Alexstrasza, die Lebensbinderin, der große rote Drachenaspekt, „wird wahrscheinlich nicht angenehm werden.“

Korialstrasz lachte. „Meine Geliebte pflegt die Gabe der Untertreibung.“

Beide rote Drachen, der rote Aspekt und Korialstrasz – ihr einzig übrig gebliebener Gefährte –, hatten sich für Elfenkörper statt für ihre Drachengestalt entschieden, während sie sich im Rubinsanktum unterhielten. Jeder Drachenschwarm hatte einen solchen Rückzugsort, einen Ort jenseits von Zeit und Raum, der eine ganz eigene magische Dimension darstellte. Das Erscheinungsbild eines Sanktums bestimmte der jeweilige Drachenschwarm. Das Rubinsanktum hatte einst wie das Land der Hochelfen ausgesehen, bevor die Geißel eingedrungen war. Die Blätter der Bäume hatten eine warme purpurne Färbung, die Hügel waren sanft und fließend. Der einzige Zugang zu diesem besonderen Ort führte durch ein Portal, das nach dem letzten Angriff des schwarzen Drachenschwarms und eines einzelnen Feindes, der sich selbst als Mitglied des Zwielichtdrachenschwarms bezeichnet hatte, nun viel aufmerksamer bewacht wurde. Das Sanktum war schwer beschädigt worden, doch es erholte sich allmählich.

Obwohl allein, waren sie dennoch von ihren Kindern umgeben. Hunderte Eier lagen um sie herum: sowohl die Kinder von ihr und ihrem Gefährten als auch die Kinder der anderen. Nicht alle roten Drachen wählten das Rubinsanktum, um dort ihre Eier abzulegen. Die ganze Welt war ihr Zuhause, eigentlich das Heim aller Schwärme. Doch hier war das Herz, das Heiligtum, ein sicherer Ort, der ihnen allein gehörte.

„Die meisten blauen Drachen sind bestürzt, dass Malygos umgebracht wurde, und ich kann ihnen daraus keinen Vorwurf machen“, fuhr Alexstrasza fort.

Malygos, der Drachenaspekt der Magie und der Patriarch des blauen Schwarms, hatte ein tragisches Leben geführt. Jahrtausende war er verrückt gewesen, in den Wahnsinn getrieben von Todesschwinge. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er sich schließlich von diesem entsetzlichen Zustand erholt, zur großen Freude seines eigenen Schwarms und aller anderen Drachen außer den Schwarzen. Die Erleichterung und Freude über seine Wiederherstellung sollte jedoch nur eine äußerst kurze Zeit währen. Denn die anderen Schwärme fanden heraus, dass er schon bald begonnen hatte, die Rolle der Magie in Azeroth zu untersuchen – dabei war er zu einer schrecklichen Schlussfolgerung gelangt: Malygos hatte gemeint, dass die arkane Magie in der Welt Amok lief – und dass die sterblichen Völker dafür verantwortlich waren.

Und so hatte er einen Krieg begonnen.

Malygos hatte die magischen Kräfte, die unter Azeroth strömten, zu seinem eigenen Sitz der Macht umgeleitet, dem Nexus. Die Konsequenzen waren schrecklich gewesen, gefährlich und tödlich. Die Kruste der Welt war geborsten und die daraus resultierenden instabilen Spalten hatten die Struktur der magischen Dimensionen, bekannt als Wirbelnder Nether, zerrissen. Malygos’ fehlgeleiteter Versuch, den Missbrauch der arkanen Magie zu „korrigieren“, musste gestoppt werden, ganz egal, was es kostete.

Im bitteren Nexuskrieg hatte Drache gegen Drache gekämpft. Und es war die Lebensbinderin selbst gewesen, die zu der qualvollen Entscheidung gekommen war, dass Malygos – der sich gerade erst von seinem Jahrtausende andauernden Wahnsinn erholt hatte – vernichtet werden musste.